Strom und Wärme vom eigenen Dach: Millionen Menschen in Deutschland gewinnen Energie aus Sonne. Mehr als eine Million Quadratmeter Kollektoren packten sie sich allein im vergangenen Jahr aufs Dach und installierten 170.000 Solarstrom-Anlagen. Rechtlich gesehen geht das meist problemlos.
Laut Muster-Bauverordnung sind Solar-Anlagen auf Wohngebäuden verfahrensfrei. „Das heißt, man braucht dafür im Allgemeinen keine Genehmigung“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar) in Berlin.
Wer allerdings in einem denkmalgeschützen Haus, einem historischen Viertel oder Straßenzug wohnt, darf nicht unbedingt das Sonnenlicht anzapfen. „Hier wird Klimaschutz gegen Denkmalschutz abgewogen“, so der Solarverband. Oft geschieht das vor Gericht.
Keine reflektierenden Paneele in der Innenstadt
So verwehrte die Kleinstadt Bad Berka in Thüringen zum Beispiel dem Besitzer einer Eisdiele die Genehmigung einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Sie ist von der Straße aus zu sehen und widerspricht damit der Satzung zur Gestaltung des Ortes. Diese Auffassung teilte das Weimarer Verwaltungsgericht. Energiewende hin oder her, die Satzung ist gültig, so das Gericht. Keine reflektierenden Paneele sollen den historisch gewachsenen Stadtkern stören.
„Meist wissen Bewohner und Besitzer von Gebäuden unter Denkmalschutz, dass An- und Umbauten heikel sind und extra genehmigt werden müssen“, so BSW-Solar. Sicherheitshalber sollte man als Hausbesitzer vor der Installation einer Solaranlage immer die örtliche Baubehörde fragen, so rät Hauptgeschäftsführer Körnig.
Denkmalschutz kommt nicht immer vor Klimaschutz
Der Denkmalschutz wird von deutschen Gerichten nicht einheitlich gesehen. Während etwa der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ein Solardach auf dem Anbau einer denkmalgeschützten Kirche für unzulässig hielt (Bayerischer VGH, 14 ZB 09.1289, 12.10.2010), sahen Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg keinen Grund, eine Pfarrscheuer nicht mit Solartechnik zu bestücken. Der Durchschnittsbetrachter habe sich an die Glasflächen gewöhnt und nehme sie nicht mehr als Fremdkörper war. (VGH Baden-Württemberg, 1 S 1070/11, 1.9.2011)
Auch das Verwaltungsgericht Neustadt entschied im Fall einer Doppelhaushälfte in Speyer, dass Sonnenkollektoren zulässig sind. Nach Auffassung des Gerichts sind die Stilelemente des Beamtenhauses aus dem Jahr 1910 trotz Solardach gut zu erkennen. Der Denkmal-schutz muss daher hinter wirtschaftliche und ökologische Interessen zurücktreten. (VG Neustadt, 4K 1119/10. NW, 24.3.2011)
Kollektoren dürfen nicht überstehen
Übertreibt es ein Ökostromler mit der Zahl der Kollektoren, kann es das Erscheinungsbild des Hauses stören. Auf einem Haus in Speyer ragten die Paneele über den First hinaus. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erlaubte dem Besitzer zwar, die Solaranlage zu betreiben. Es verlangte aber, dass er die überstehenden Teile entfernt. (OVG Rheinland-Pfalz, 8A 11111/10. OVG, 11.2.2011)
Schwierigkeiten kann es auch in der Genehmigung von stark geneigten und aufgeständerten Solaranlagen geben, die einen steileren Winkel als das Dach haben. In einigen Bundesländern braucht man dafür eine Genehmigung, in anderen nicht. In Bayern sind laut BSW-Solar zum Beispiel nur Anlagen genehmigungsfrei, die nicht geneigt oder aufgeständert sind und solche, die nicht mehr als ein Drittel der Wand- oder Dachfläche bedecken, was der Mehrheit der installierten Solaranlagen entspricht.
Vorschriften im Baurecht beachten
Auch wenn keine Genehmigung nötig ist: Die Vorschriften im Baurecht muss jeder beachten, der eine Solaranlage montieren lässt. Körnig warnt: „Bemerkt die Behörde im Nachhinein einen Verstoß, kann sie schlimmstenfalls den Abriss der Anlage fordern.“
Wichtig sind Stand- und Tragsicherheit der Montagesysteme. Für Schrauben und Haken zur Befestigung der Kollektoren gelten bestimmte Normen. Körnig: „Am besten, man wendet sich an einen erfahrenen Installateur.“
Was tun, wenn der Nachbar klagt?
Und was, wenn dem Nachbarn das Solardach nicht passt? „Die Behörden können verpflichtet sein, die Eigentümer benachbarter Grundstücke von der Errichtung einer genehmigungspflichtigen Solar-Anlage zu unterrichten“, erläutert der Hauptgeschäftsführer von BSW-Solar.
Verweigert der Nachbar dann seine Unterschrift unter Lageplan und Bauzeichnungen, heißt das aber nicht, dass die Behörde die Baugenehmigung versagen darf. Es bedeutet lediglich, dass der Nachbar sich das Recht vorbehält, zu klagen.
Selbst wenn die Behörde zugunsten des Nachbarn entscheidet, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der Bauherr kann seinerseits vor dem Verwaltungsgericht klagen. Besser ist allemal: Man spricht sich rechtzeitig mit dem Nachbarn ab und zeigt ihm vorher die Pläne.