Schäferhund „Camillo“ war eigentlich prima gelaunt: Freudig begrüßte er einen Rentner. Doch weil das viel zu stürmisch ausfiel, ging bei dem Mann eine Zahnbrücke zu Bruch. Ein Rechtsstreit folgte, vor dem Oberlandesgericht München kam es zum Vergleich: 3.250 Euro erhält der geschädigte Rentner von der Versicherung der Hundehalterin (1.6.2016, 3 U 370/16).

Ein typischer der vielen Fälle, in denen Hunde und ihre Halter vor Gericht landen. Bellen, beißen, schnappen – oder auch nur ein Häufchen machen, für das sich niemand verantwortlich fühlt: Situationen, in denen Vierbeiner für Ärger sorgen, gibt es immer wieder. Wer einen Hund hat, muss daher seine Pflichten kennen. Die erklärt hier Udo Kopernik, Sprecher des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH) in Dortmund, ergänzend haben wir einige interessante Urteile aus den letzten Jahren zusammengetragen.

„Halter sollten sich vor allem über die Hundeverordnung informieren, die an ihrem Wohnort gilt“, empfiehlt  Kopernik. Doch da wird’s für Herrchen und Frauchen der schätzungsweise knapp zehn Millionen Hunde in Deutschland schon kompliziert. Hundegesetze sind Ländersache, die Verordnungen unterscheiden sich je nach Bundesland. Sie regeln etwa, wo man seinen Vierbeiner von der Leine lassen darf und welches Tier in der Öffentlichkeit einen Maulkorb tragen muss.

Der Kotbeutel ist fast überall Pflicht

Die Gemeinden können die Vorschriften noch weiter eingrenzen. Was wo gilt, darüber geben zum Beispiel Landrats-, Ordnungs- oder Veterinärämter Auskunft.

Fast alle kommunalen Satzungen schreiben mittlerweile eine Beseitigungspflicht für Hundekot auf Straßen und in Grünanlagen vor. Wer dabei erwischt wird, wie er Waldis „Geschäft“ einfach liegen lässt, muss mit einem Bußgeld rechnen.

Ausreden helfen oft nicht: Berlin zum Beispiel hat inzwischen im Straßenreinigungsgesetz eine „Mitführpflicht für Kotbeutel“ festgeschrieben. Darüber hinaus dürfen Hunde in der Hauptstadt nicht auf Kinderspielplätze oder in Badeanstalten mitgenommen werden. An belebten Plätzen sowie in Grünanlagen herrscht in Berlin – wie in den meisten anderen Bundesländern auch – Leinenpflicht.

Besonders strenge Vorschriften gelten für sogenannte Listenhunde, im Volksmund „Kampfhunde“ genannt. Die Bundesländer führen eigene Verzeichnisse mit Hunderassen, die allein aufgrund rassespezifischer Merkmale oder Zucht gefährlich sein sollen.

„Listenhunde“ müssen einen Maulkorb tragen

Kauf, Zucht und Haltung dieser Tiere sind vielerorts verboten oder bedürfen der Erlaubnis der Behörden. Solche Hunde müssen in der Öffentlichkeit an einer reißfesten Leine gehen und einen Maulkorb tragen. Der Halter muss zudem geeignete Vorkehrungen wie die Umzäunung seines Geländes treffen, damit so ein Hund nicht ausbrechen kann.

Das Land Brandenburg beispielsweise hat fünf Rassen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden komplett verboten (American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier und Tosa Inu). Daneben gibt es weitere Rassen, etwa Dobermann, Argentinische Dogge oder Rottweiler, sowie Kreuzungen, bei denen der Halter die vermutete Gefährlichkeit des Hundes durch ein sogenanntes „Negativgutachten“ widerlegen kann.

Mit Leinen- oder Maulkorbzwang können aber auch andere Hunde belegt werden, wenn sie einen Menschen oder ein Tier gebissen oder angesprungen haben, ohne provoziert worden zu sein. So hatte zum Beispiel in Rheinland-Pfalz ein Schäferhund-Mischling zwei Menschen gebissen. Er sollte daraufhin nur noch angeleint und mit Maulkorb Gassi gehen. Der Halter klagte vergeblich gegen die Gemeinde, das Verwaltungsgericht Trier urteilte: Der Maulkorb sei nötig, denn auch ein angeleinter Hund könne zubeißen (23.5.2013, 1 L 593/13.TR).

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Experte empfiehlt Hundehaftpflicht

Eine Beißattacke erhöht unter Umständen auch die Hundesteuer: Manche Kommunen verlangen dann höhere Abgaben. Das hat aber Grenzen, wie ein Fall aus Bayern zeigt: Die Gemeinde Bad Kohlgrub forderte 2.000 Euro Hundesteuer jährlich von der Besitzerin einer Rottweilerhündin. Dass „Mona“, in Bayern automatisch als Kampfhund eingestuft, laut amtlichem Wesenstest friedlich ist, zählte nicht. Erst das Bundesverwaltungsgericht entschied dann zugunsten von Monas Besitzerin: Eine derart hohe Hundesteuer habe „erdrosselnde Wirkung“ und würde die Haltung bestimmter Hunderassen für einen Normalverdiener praktisch unmöglich machen (15.10.2014, 9 C 8.13).

Wobei nicht nur Experten wissen: „Auch ein kleiner Dackel kann den Nachbarn in die Wade beißen – oder in einem unbeobachteten Moment auf die Straße laufen und dort einen teuren Unfall verursachen“, heißt es beim VDH. Der Verband rät daher zu einer speziellen Hundehaftpflicht. Solche Versicherungen gibt übrigens auch für andere Tierhalter  Eine Police bekommt man schon ab etwa 60 Euro im Jahr. In manchen Bundesländern (Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) ist eine solche Versicherung mittlerweile sogar Pflicht.

Herrchen müssen Hunde gut erziehen

Die meisten Zwischenfälle betreffen allerdings gar nicht das Beißen, sondern eher Belästigungen durch Bellen und Hinterherlaufen des Hundes. „Gerade Jogger, Radfahrer, Spaziergänger oder Eltern mit Baby im Kinderwagen fühlen sich oft bedrängt“, so der VDH. Tipp: Den Hund frühzeitig an die Leine nehmen, also vorausschauend handeln – und ihn gut erziehen!

Wichtiger als die Kommandos „Sitz, Platz und Fuß“ sei, dass Bello sofort komme, wenn Herrchen oder Frauchen rufe. „Jeder sollte sein Tier gut kennen und verstehen lernen, um abzuschätzen, wie es reagiert“, so Kopernik. Dazu gehöre auch, die Körpersprache zu deuten: „Man muss wissen, ob das Tier nur spielt oder vielleicht gleich zuschnappt.“

Wenn zwei Hunde aneinandergeraten, sind jedenfalls in der Regel beide schuld. Dieser Ansicht sind zumindest viele Gerichte; Hundehalter müssen sich die von ihrem eigenen Tier ausgehende Gefahr im Streitfall jeweils mindernd anrechnen lassen.

Das zeigt gut ein Fall aus Thüringen: Ein Hundehalter ging mit seinem Labrador an der Leine Gassi – plötzlich wurde sein Tier von einem Golden Retriever attackiert, der vom Nachbargrundstück ausgebüxt war. Beim Kampf der beiden Tiere wurde auch der Mann von dem fremden Hund gebissen. Das Landgericht Erfurt billigte dem Verletzten rund 3.600 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld zu, das Oberlandesgericht reduzierte den Betrag auf rund 2.700 Euro. Der Bundesgerichtshof verwies dann die Sache wieder ans Berufungsgericht zurück. Die Rolle des angegriffenen Labradors beschränke sich nicht nur darauf, „ein an der Leine geführter Hund zu sein“, sagten die Richter zwar. Der Kampf der Tiere sei eine „Interaktion“ der Hunde, „ihrer tierischen Natur entsprechend“.

Bevor der Fall jedoch abschließend entschieden werden könne, müsse eine andere Frage geklärt werden: Nämlich ob die Halterin des Golden Retrievers fahrlässig gehandelt habe, etwa weil sie ihr Tier nicht ausreichend beaufsichtigt oder ihr Grundstück nicht sicher genug eingezäunt habe. Dann wäre sie zu Schadenersatz verpflichtet. (31.5.2016, VI ZR 465/15).

Auf liebestolle Rüden sollte man ganz besonders achtgeben. Hündinnen dürfen nicht ohne Einverständnis ihrer Besitzer gedeckt werden. Sonst gilt das als Sachbeschädigung. Die Besitzerin einer Rassehündin verlangte in so einem Fall vor dem Landgericht Coburg sogar Schmerzensgeld: Ein frei laufender Mischlingshund hatte die Hündin gedeckt. Man einigte sich schließlich auf eine Ausgleichszahlung von 500 Euro (1.7.2014, 11 O 185/13).

Wichtige Urteile zur Hundehaltung für Mieter und Vermieter

Auch Hunde in der Mietwohnung beschäftigen die Gerichte immer wieder. Vermieter dürfen die Hundehaltung zwar laut Bundesgerichtshof nicht pauschal im Kleingedruckten verbieten (20.3.2013, VIII ZR 168/12). Es kommt also auf den Einzelfall an. Verursacht ein Tier jedoch zu große Störungen, etwa durch Gebell oder Geruchsbelästigung, darf der Vermieter die Haltung untersagen. Als Mieter sollte man ein Tier jedenfalls nicht verheimlichen, sondern den Hausherrn höflich fragen, wenn man sich einen Hund anschaffen will.

Am Amtsgericht Köln lud man deswegen sogar Bulldogge „Clyde“ in den Zeugenstand. Ihr Besitzer hatte beteuert, das Tier lebe gar nicht bei ihm in der Mietwohnung – sondern bei seiner Mutter im selben Haus. Die Frau hatte einen älteren Mietvertrag, der Hundehaltung erlaubt. Doch vor Gericht zeigte sich schnell: Die Mutter, eine Seniorin, könnte mit der großen Bulldogge gar nicht fertigwerden (9.12.2008, 221C 273/08).

Leinenpflicht auf Gemeinschaftsflächen

Den Vierbeiner frei auf den gemeinschaftlichen Grünflächen laufen lassen, auch beim Kinderspielplatz, geht gar nicht. Deswegen sind Mieter einer Berliner Fünf-Zimmer-Wohnung mitsamt ihren Hunden fristlos rausgeflogen. Seltsam stur missachteten sie erst die Hausordnung, dann die Abmahnungen des Vermieters, dann die Kündigung. Gegen die zwangsweise Räumung ihrer Wohnung zogen sie vor Gericht.

Wie schon die ersten beiden Instanzen stellte nun auch der Bundesgerichtshof fest: „Das von den Beklagten nicht in Abrede gestellte Verhalten – freies Laufenlassen ihrer Hunde auf den Gemeinschaftsflächen des Anwesens entgegen der Hausordnung und ungeachtet mehrerer Abmahnungen – stellt eine erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten dar“ (2. 1. 20, VIII ZR 328/19).

Außerdem wissenswert: Fünf Hunde in einer 2,5-Zimmer-Wohnung sind definitiv zu viel. So etwas entspricht laut Amtsgericht München nicht mehr dem vertragsgemäßen Gebrauch (12.5.2014, 424 C 28654/13).

Aber auch ein erlaubter Vierbeiner kann für den Hundebesitzer am Ende teuer werden. So der Labrador eines Mieters, der das Parkett in der Wohnung zerkratzte: Das Landgericht Koblenz sprach dem Vermieter rund 5.000 Euro für die Instandsetzung des Bodenbelags zu. Der Schaden war vermeidbar, wie die Richter betonten: Schließlich hätte der Labrador „Hundesocken“ tragen können (6.5.2014, 6 S 45/14).