Berlin/Köln. Zahlreiche deutsche Kinder haben ein dickes Problem. Mehr als jedes siebte ist übergewichtig. Das zeigt die jüngste Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit in Deutschland aus dem Robert-Koch-Institut auf. Laut den Daten der Berliner Forscher sind gut 15 Prozent der Jungen und Mädchen zwischen 3 und 17 Jahren zu dick. Knapp 6 Prozent sind sogar fettleibig.

Dieser triste Befund hat sich seit zehn Jahren kaum verändert: „Es gibt also keinen Grund zur Entwarnung“, betont Thomas Fischbach, Präsident des Verbands der Kinder- und Jugendärzte in Köln. Den Medizinern bereitet besonders das Ernährungsverhalten von Jungen zwischen 11 und 17 Jahren Sorgen. Denn die essen, so die Studie, viel weniger Gemüse als vor zehn Jahren – und zu viel Fleisch, etwa beim Besuch von Fast-Food-Restaurants. Und trinken dazu gerne mal zuckerhaltige Erfrischungsgetränke.

Ärzte fordern sogar schon eine Zuckersteuer

Gerade die sind bei Jugendlichen sehr beliebt. Pubertierende Jungs kommen im Schnitt (!) auf mehr als einen halben Liter am Tag – Mädchen verhalten sich da immerhin etwas klüger.

Dazu muss man wissen: Die Drinks sind versteckte Dickmacher.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt als tägliche Menge höchstens 25 Gramm – und das für einen Erwachsenen! Heißt: Im Schnitt deckt die deutsche Jugend ihren Zuckerbedarf mit Getränken schon mehr als ausreichend ab, Schokolade und Co. müssten also völlig tabu sein … Aus Fischbachs Sicht ist das Problem mittlerweile so dramatisch, dass der Mediziner eine Extrasteuer auf zuckerhaltige Getränke fordert (in England und Frankreich etwa gibt es die schon).

Im Erwachsenenalter drohen Bluthochdruck oder Diabetes

Wer so viel Energie zu sich nimmt, müsste sich jedenfalls entsprechend viel bewegen. Doch da hapert es – besonders bei den Mädchen. Nur 22 Prozent kommen auf die von der WHO geforderte eine Stunde aktive Bewegung pro Tag, bei den Jungen sind es auch nur 29 Prozent.

Ungesunde Ernährung und zu wenig Bewegung: Diese Kombination findet sich besonders häufig in sozial schlechter gestellten Familien. „Der Bildungsstatus der Eltern wird so zu einem zentralen Risiko“, erläutert Fischbach. Das äußert sich im Erwachsenenalter darin, an Bluthochdruck, Diabetes oder Herzleiden zu erkranken. Höchste Zeit also, abzuspecken.

Immerhin: Kinder können oft aus dem Übergewicht herauswachsen

„Die ganze Familie muss mitziehen“, sagt Fischbachs Verbandskollege Professor Thomas Reinehr. Diäten seien für Kinder tabu, aber sie könnten aus dem Übergewicht sozusagen herauswachsen, so der Chefarzt an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik in Datteln. Und zwar mit gesunder Ernährung und Bewegung. Dabei helfen Wasser und Tees statt süßer Getränke. Limonaden und Säfte sollte man verdünnen. Und Süßigkeiten nur in Raten erlauben. Reinehrs Tipp: „Füllen Sie pro Woche einen Teller mit Gummibärchen, kleinen Schokotafeln und Salzstangen.“ Das Kind könne sich die Leckereien dann selbst einteilen.

Auch der Besuch der Pommes-Bude bleibt erlaubt – einmal die Woche. Aber nur in Verbindung mit Bewegung! Also: Runter vom Sofa, raus ins Freie – und kicken, klettern oder radeln.