Köln. Der 30. November, dieses Datum kennen sparsame Autofahrer wohl besser als ihren Hochzeitstag: Dann nämlich endet die Wechselfrist bei der Kfz-Versicherung. Abwanderungswillige sollten in diesem Jahr übrigens ganz genau hinsehen – wegen der Corona-Krise hat sich an der Preisfront der Versicherer einiges getan. Und: Immer beliebter werden sogenannte Telematik-Tarife. Hier messen Smartphone-Apps oder im Auto verbaute Sensoren das individuelle Fahrverhalten. Wie funktioniert das?

ADAC: Bis zu 30 Prozent Rabatt

„Telematik-Verträge belohnen Autofahrer für eine umsichtige Fahrweise“, sagt Christian Buric, Sprecher beim ADAC in München. „Dafür werden beispielsweise Brems-, Beschleunigungs- und Kurvenverhalten sowie Geschwindigkeit mit einer App gemessen und ausgewertet.“ Wer seinen Bleifuß im Griff hat, dem versprechen Versicherer wie der ADAC dicke Rabatte. Buric: „Sichere Fahrer können bis zu 30 Prozent ihrer Versicherungsprämie einsparen.“

App trackt der persönlichen Fahrstil

Ist das zu packen? Professor Horst Müller-Peters von der Fakultät für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften an der Technischen Hochschule Köln ist da eher zurückhaltend. „Um das volle Sparpotenzial von 30 Prozent auszuschöpfen, muss man sich am Steuer dann schon sehr zurückhalten“, sagt der Versicherungsexperte. „Realistischer im Alltagsbetrieb sind Rabatte von etwa 15 Prozent.“  

Fahranfänger können von Telematik profitieren

Eine Einschätzung, die sich in einem aktiv-Praxistest durchaus bestätigt. Nach vier Wochen Telematik-Tarif signalisiert die ADAC-App eine übers Jahr gesehene Beitragsersparnis von immerhin 10 Prozent. Sanftmütiges Kurvengleiten belohnt die App, eine etwas großzügigere Auslegung von Geschwindigkeitsbeschränkungen dagegen straft sie schnell mit empfindlichem Punktabzug. „Dennoch lohnt sich Telematik insbesondere bei hohen Einstufungen, etwa für Fahranfänger, die besonders viel für ihre Kfz-Versicherung zahlen müssen, da bei ihnen ein erhöhtes Unfallrisiko gilt“, so Müller-Peters.

„Datenschutz ist sauber gelöst“

Laut der Rating-Agentur Assekurata sind bundesweit derzeit etwa 400.000 Autofahrer mit Telematik-Tarifen auf der Straße. Das klingt wenig – schließlich kurven rund 48 Millionen Autos über deutsche Straßen. Doch die Telematik-Tendenz ist deutlich steigend: „Bis 2028 erscheint ein Bestand von marktweit über zwei Millionen Policen durchaus realistisch“, heißt es in einer Assekurata-Analyse. Insbesondere im Neugeschäft würden sich schon jetzt immer mehr preissensible Kunden für ein solches Angebot entscheiden.

Bleibt die Frage: Was ist eigentlich mit dem Datenschutz? Experte Professor Müller-Peters sieht die Sache hier durchaus sauber gelöst: „Personenbezogene Daten und Fahrdaten werden getrennt, von externen Rechenzentren wird den Versicherern lediglich eine Art Punktestand gemeldet.“

Wird die Versicherung zukünftig sogar zum Kontrolleur?

Zwar sei ein Telematik-Tarif sicher nichts, wenn man sich prinzipiell nicht über die Schulter schauen lassen wolle. Aber: „Wir sind doch sowieso vernetzt, in modernen Autos wird von verbauten Sensoren alles ständig vermessen, und unsere Handys messen gleich noch mal mit“, relativiert der Wissenschaftler.

Für relevanter hält Müller-Peters einen Rollenwandel der Versicherungen. „Durch Telematik werden sie vom reinen Schadensregulierer zum Schadenverhinderer, zu einer Art Coach.“ So sei durchaus denkbar, dass irgendwann in der Zukunft auch direkt auf das Fahrverhalten eingewirkt werden könne. Per Push-Nachricht auf dem Handy-Display zum Beispiel: „Nicht so rasen, sonst steigt der Beitrag.“