Man muss nicht nebenher jobben oder nachher das Geld zurückzahlen: Mit einem Stipendium lässt sich komfortabel studieren. Ein Privileg der Bildungselite? Falsch. Es werden nicht nur gute Noten oder ein Ehrenamt damit belohnt: Geburtsort, Herkunft oder Konfession können auch ausschlaggebend sein. Mehr als 2.300 Stiftungen verteilen rund 610 Millionen Euro Fördergelder. Jede Stiftung hat ihre eigenen Auswahlkriterien und -verfahren. Am besten kümmert man sich um ein Stipendium ein Jahr im Voraus. Die Chancen auf das geschenkte Geld stehen gar nicht so schlecht: Unter anderem weil sich nur ein Drittel der Studierenden überhaupt bewirbt.
Erst einmal bei der eigenen Hochschule erkundigen
Zunächst sollte man sich bei der eigenen Hochschule erkundigen, denn bundesweit 287 Hochschulen, also die allermeisten, vergeben das einkommensunabhängige Deutschlandstipendium. Das umfasst 300 Euro im Monat, in der Regel erst einmal für ein Jahr. Die Hälfte des Geldes kommt vom Staat, den Rest steuern Förderer bei – seien es etwa Unternehmen oder Privatpersonen. Bis zu 2 Prozent der Studierenden sollen davon profitieren.
Begabtenförderwerke bringen Geld und Kontakte
Große Stipendiengeber sind die 13 Begabtenförderwerke, die zu den Parteien, den Kirchen, Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden gehören. Die Mittel – 233 Millionen Euro im Jahr 2015 – kommen jedoch vom Bundesbildungsministerium. Ziel ist, 1 Prozent aller Studierenden zu fördern. Antragsteller sollen sich mit den jeweiligen Werten und Ansichten der Förderwerke identifizieren können.
Der monatliche Betrag aller Förderwerke beträgt bis zu 735 Euro und richtet sich nach dem Bafög-Anspruch. Kinder von Gutverdienern gehen dennoch nicht leer aus: Eine einkommensunabhängige Monatspauschale von 300 Euro deckt die Studienkosten aller Stipendiaten.
Zudem zahlen die Stiftungen oft Büchergeld und einen Zuschuss für Auslandsaufenthalte oder zur Krankenkasse. Stipendiaten mit Kind erhalten zusätzliche Mittel. Gold wert sind aber auch die Netzwerke, die man so in jungen Jahren knüpft: Die Geförderten treffen sich regelmäßig, besuchen Seminare und Sommerakademien und haben dabei Kontakt zu künftigen Arbeitgebern. Im Intranet greifen sie auf Praktika- und Stellenausschreibungen zu.
Stipendien nach Konfession
Die konfessionellen Begabtenförderwerke erwarten von den Bewerbern, dass sie sich engagieren und ihren Glauben ernst nehmen. Mitglied einer Glaubensgemeinde zu sein ist aber nicht zwingend notwendig. Das Cusanuswerk fördert katholische, das Evangelische Studienwerk Villigst evangelische Studierende. Das Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk richtet sich an Juden. Das jüngste, Avicenna, vergibt Stipendien an Muslime.
Politische Stiftungen
Für Wirtschaft und Politik sollte sich schon interessieren, wer sich bei den politischen Stiftungen bewirbt. Die Friedrich-Ebert-Stiftung steht der SPD nahe: Junge Frauen und Männer, die als Erste in ihrer Familie studieren, haben hier gute Chancen. Die Friedrich-Naumann-Stiftung will den liberalen Nachwuchs fördern. Die Konrad-Adenauer-Stiftung fühlt sich den christlich-demokratischen Werten verpflichtet, während die Hans-Seidel-Stiftung eine christlich-soziale Einstellung erwartet. Die Heinrich-Böll-Stiftung setzt sich für grüne Ideen ein. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung steht der Linken nah.
Wirtschaft fördert engagierte Studierende
Die Stiftung der deutschen Wirtschaft wurde auf Initiative der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände gegründet und will Studierende fördern, die selbst zupacken und Unternehmergeist zeigen. Als Engagement zählt unter anderem Mitarbeit in der Kirchengemeinde, in der Freiwilligen Feuerwehr, im Jugendklub oder Sportverein. Die Hans-Böckler-Stiftung ist die Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes und setzt sich für die Mitbestimmung ein.
Wo reine Lernleistungen zählen
Die Studienstiftung des deutschen Volkes ist das älteste und größte Begabtenförderwerk – politisch, konfessionell und weltanschaulich neutral. Dafür legt sie einen besonderen Wert auf Leistungen in Schule und Studium und fördert vor allem besonders begabte Studenten und Doktoranden.
Der Leistungsgedanke steht auch beim Aufstiegsstipendium von der Stiftung Begabtenförderung im Vordergrund. Es ist Berufstätigen vorbehalten, die ihr erstes Hochschulstudium anstreben. Voraussetzung ist, nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung mindestens zwei Jahre Vollzeit gearbeitet und sich durch Leistungen und Engagement hervorgetan zu haben. Unabhängig vom Einkommen beträgt die Förderung 735 Euro im Monat plus 80 Euro Büchergeld, wenn man Vollzeit studiert. Eine Betreuungspauschale (130 Euro pro Kind unter 10 Jahren) erleichtert Eltern das Lernen. Wer neben dem Beruf studiert, erhält 2.400 Euro im Jahr.
Spezielle Suchmaschinen
Zahlreiche private Stiftungen bieten ebenfalls Stipendien für Schüler und Studierende an. Die Suche ist aufwendig, aber dafür hat kaum jemand diese Möglichkeiten auf dem Schirm. Suchmaschinen wie MyStipendium.de und Stipendienlotse.de helfen beim Durchblick.
Private Stiftungen fördern von A wie Arbeiterkind bis wie Zeitungswissenschaftler
Die kleinen und großen Stiftungen haben bestimmte Zielgruppen im Blick. Zum Beispiel Arzt- oder Arbeiterkinder (arbeiterkind.de), katholische Mädchen, ausgezeichnete Sportler, Waisen oder … Nassauer. Ja, es lohnt sich tatsächlich, im Gebiet des ehemaligen Herzogtums Nassau geboren zu sein. Es winken bis zu 1.000 Euro pro Semester – dank des Nassauischen Zentralstudienfonds, gegründet im 19. Jahrhundert vom Herzog Wilhelm I. Gute Aussichten auf ortsgebundene Geldgeschenke haben aber auch Heilbronner, Nürnberger oder Buxtehuder.
Unter dem Dach des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft vergeben 15 kleinere Unternehmensstiftungen Stipendien an Studierende, vornehmlich in der Humanmedizin und in den Ingenieur- und Naturwissenschaften. Die Bosch- und die Start-Stiftung unterstützen junge Talente mit Migrationsgeschichte.
Und, wahrhaftig, das gibt es auch: ein schönes Finanzpolster für Ausgeschlafene: Jeweils ein „Anti-Stress-“ und ein „Prüfungsangst-Stipendium“ hatte 2016 die Initiative für transparente Studienförderung ausgeschrieben. Harte Fakten wie Noten oder eine möglichst kurze Studiendauer spielen keine Rolle. Hauptsache, man hat sich etwas Kreatives einfallen lassen, um Prüfungsängsten Herr zu werden oder den Hochschulalltag zu entschleunigen.