„Okay, Google, verrate mir doch mal“, „Alexa, tu dies“, „Hey Siri, erledige das“: Digitale Sprachassistenten gibt es heutzutage in den meisten deutschen Haushalten, vor allem im Smartphone. Anderen Nutzern reicht die Hilfe dort nicht mehr – sie kaufen sich smarte Lautsprecher, die auch aufs Wort hören, und mit denen sich die Komponenten ihres Smart Homes wie Heizung, Rollläden oder Elektrogeräte steuern lassen. Doch ist das wirklich der endgültige Durchbruch für die Technologie? Was können die Sprachassistenten? Wie sieht es mit der Sicherheit aus? Und will ich meinem neuen digitalen Butler wirklich alles anvertrauen? AKTIV hat mal nachgehorcht. 

Angesagt: Smarte Lautsprecher und Handy-Helferlein

Drei von vier Deutschen haben laut Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft schon Erfahrungen mit digitalen Sprachassistenten gesammelt oder können sich zumindest vorstellen, diese bald mal zu nutzen. Nur jeder Vierte (25 Prozent) schließt die Nutzung solcher Dienste kategorisch aus – noch zumindest. Und das, obwohl wir Deutschen doch als so technisch-skeptisch gelten, gerade, wenn private Daten genutzt werden. Okay, in der gleichen Umfrage äußerte auch jeder Dritte (33 Prozent) prompt, dass er Angst vor dem Missbrauch seiner Daten oder der Überwachung hat, wenn er eben solche Dienste nutzt. Interessant: Jüngere Nutzer stehen Sprachassistenten kritischer gegenüber als ältere. Nur 12 Prozent der Befragten im Alter zwischen 16 und 24 Jahren haben wirklich keinerlei Bedenken, in der Altersgruppe 45 bis 54 Jahre hingegen sind es 25 Prozent.

Doch dem Siegeszug scheint auch die Skepsis keinen Abbruch zu tun. Das zeigt zumindest auch die Trendstudie „Consumer Technology 2018“ vom Digitalverband Bitkom und dem Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte. „Wir erleben gerade den rasanten Aufstieg intelligenter Sprachassistenten”, sagt Christopher Meinecke, Leiter Digitale Transformation bei Bitkom. „In den nächsten Jahren werden wir immer mehr Geräte wie selbstverständlich mit unserer Stimme steuern. Hier entsteht gerade ein neuer Milliardenmarkt.“ Vor allem die Möglichkeit, die digitalen Sprachassistenten mit Smart-Home-Geräten zu verbinden, sei beliebt. So geben sieben von zehn Nutzern (70 Prozent) solcher Dienste in der Studie an, mit ihrem Smart Speaker andere Geräte im Haushalt zu steuern.

Bereit in vielen Lebenslagen

Noch spielen Sprachassistenten aber vor allem Musik ab, liefern Infos zum aktuellen Wetter und nehmen Nachrichten auf. Sie könnten aber gerade für ältere Menschen, die länger allein in ihren eigenen vier Wänden leben wollen, eine Hilfe sein. „Sie könnten die Assistenten nutzen, um Haushaltsgeräte zu steuern oder sich die Nachrichten ihrer Enkel vorlesen zu lassen“, sagt Meinecke. „Digitale Sprachassistenten machen die Bedienung von Geräten so komfortabel wie nie.“ Am weitesten verbreitet sind derzeit die Modelle von Amazon Echo, Google Home sowie der HomePod von Apple. Jeder achte Bundesbürger ab 18 Jahren hat einen Smart Speaker in seinem Haushalt. Und die Anwendungsmöglichkeiten von digitalen Sprachassistenten werden laut Meinecke laufend mehr und dürften zukünftig weit über einfache Sprachbefehle zur Organisation des Alltags hinausgehen. So werde man bald schon Versicherungsanfragen oder Services wie Adressänderungen per Sprache einleiten.

Neben den großen Smart-Speaker-Herstellern aus den USA wird auch die Deutsche Telekom einen Smart Speaker auf den Markt bringen: „Hallo Magenta“. Entwickelt wurde er in enger Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie. „Hallo Magenta“ wird aber nicht den kompletten Funktionsumfang der anderen Speaker haben, sondern der Assistent soll vor allem die telekomeigenen Dienste per Stimme steuerbar machen. Implementiert wird aber auch Amazons Alexa, sodass Nutzer zwischen beiden Assistenten hin- und herspringen können. Die Telekom-Lautsprecher sind gerade im Beta-Test, der Marktstart soll in Kürze erfolgen, einen genauen Termin gibt es aber noch nicht. 

Wenn Alexa für uns einkaufen geht

Denkbar und auch heute schon möglich sind aber noch ganz andere Nutzungsmöglichkeiten: So kann man mit den cleveren Assistenten auch im Netz shoppen gehen. Über Alexa und ein eingebundenes Prime-Konto kann man per Sprachassistent einkaufen – ein Wunsch geäußert, schon wird’s bestellt. Klingt einfach, aber auch ein bisschen gruselig. Denn was ist, wenn das Kind so aus Versehen etwas ordert? Andreas Nolde, Experte beim Fachmagazin „Chip“: „In der Regel muss der Kauf noch bestätigt werden, das kann man zumindest so einstellen und das sollte man auch tun.“ So lässt sich verhindern, dass wahllos Dinge bestellt werden, etwa von Kindern oder gar von Papageien. Entweder man schaltet die Bestellungen in einer Notification auf dem Smartphone frei oder – wenn man nur beim Sprechen bleiben will – man vergibt ein Passwort, das man aufsagen muss, bevor eine Bestellung wirklich ausgelöst wird.

Damit Produkte auch gefunden werden, müssen die Vorgaben übrigens sehr konkret sein. Einfach nur zu sagen: „Alexa, kauf Gummibärchen“, reicht nicht. „Hauptsächlich ist die Bestellfunktion für Dinge gedacht, die man eben immer wieder ordern muss, wie Patronen für den Drucker oder Ähnliches.“ Bewusst sein muss man sich, dass eine Shoppingsuche etwa mit Alexa eben die bei Amazon verfügbaren Produkte als Ergebnis zutage fördert – und die Angebote anderer Anbieter nicht beinhaltet. Es hängt auch sehr stark von dem Detailreichtum der sprachlichen Eingabe ab, wie gut die Ergebnisse sind. Und der Sprachassistent stürzt sich oft auf den ersten Eintrag und zeigt weniger andere Suchergebnisse an. Wer am PC shoppt, kann sich dagegen auch weitere Anbieter, die auf der Suchergebnis-Liste weiter unten auftauchen, anschauen und so Preise und Lieferumfänge besser vergleichen.

Noch mehr Macht an die Riesen der Branche

Eine Alexa, die nur auf Produkte bei Amazon zurückgreift und nicht das günstigste Angebot im Netz unabhängig vom Anbieter sucht, bedeutet auch: „Man gibt dem Onlineriesen enorm viel Macht“, sagt Nolde. Für den Lebensmitteleinkauf und Co. ist der Sprachassistent ohnehin noch nicht der passende Partner, das Geschäft mit den Frischebestellungen generell wurde lange gehypt, bleibt aber zumindest in Deutschland bislang noch eine Nische. Daher ist sich Nolde auch sicher: „Der digitale Sprachassistent wird in Zukunft definitiv nicht unseren wöchentlichen Großeinkauf im Supermarkt ersetzen.“ Theoretisch könnten die cleveren Assis sogar schon unseren Urlaub buchen. „Aber mal ehrlich, wer überlässt das schon komplett einer Maschine?“, so der „Chip“-Experte.

Die Mikrofone sind immer an

Nolde sieht den Sinn vor allem in der Steuerung von Apps, des Kalenders, zum Abrufen von Mails und einfacher Infos wie „Wann wird der Müll diese Woche bei uns geleert?“. Aber wie funktioniert das eigentlich? Damit die Assistenten auch ihre sogenannten „Buzzwords“ wie „Okay, Google“, „Alexa“ oder „Hey, Siri“ hören, müssen sie eben genau das – zuhören, und zwar ständig. Lauschen also die Konzerne die ganze Zeit mit? Nolde: „Eine Verbindung über das Internet soll erst dann hergestellt werden, wenn das Buzzword gesagt wurde. Vorher hört der Assistent zwar mit, überträgt aber keine Daten ins Netz. Das sagen uns zumindest die Hersteller, das nachzuweisen ist jedoch schwierig.“

Fakt ist: Das Mikro ist immer an. Wie oft und wann Daten übertragen werden, kann man als Laie nicht nachhalten. Daher rät der Experte auch von Sprachassistenten zum Beispiel im Schlafzimmer ab – das kann dann doch zu intim sein. „Garantien, dass zu Zeitpunkten, zu denen keiner mithören sollte, auch wirklich keiner mithört, kann einem bei digitalen Sprachassistenten eigentlich keiner geben.“

Datenweitergabe und das Hack-Risiko

Gesunde Skepsis sei daher angebracht. Auch in Sachen Datensicherheit. Natürlich werden die Daten genutzt, um personalisierte Werbung zu schalten, Profile zu erstellen – ja, sie werden auch an andere Unternehmen verkauft. Aber da geben wir auch ohne digitale Sprachassistenten schon enorm viel preis. Und wie sieht es mit Hackern aus? „Generell ist jedes Konto im Internet ein Risiko, es kann gehackt werden. Daher sollte man sich auch fragen, welche Konten man verknüpft und welche Funktionen man nutzt“, so Nolde. Will man zum Beispiel wirklich sein Türschloss mit einem Sprachassistenten steuern? „Da muss man selbst eine Entscheidung treffen: Ist es mir das Risiko wert?“

Zwischen Hype und Nische

Niemand muss schließlich digitale Sprachassistenten nutzen, sie lassen sich auch abschalten. „Dann muss man aber bisweilen mit Funktionseinbußen seiner Geräte rechnen und eben mit umständlicherer Eingabe leben“, so Nolde. Die Intelligenz der Systeme ist übrigens noch deutlich ausbaufähig, „mit der echten künstlichen Intelligenz wird es noch dauern“, so der „Chip“-Experte. Er ist etwas weniger euphorisch als die Branchenverbände. „Es ist derzeit gewiss ein Hype, aber der wird sich auch wieder beruhigen, das ist meine Einschätzung“, sagt er. „Ja, die digitalen Sprachassistenten werden häufiger genutzt – aber eben vor allem als Jukebox, als Abhilfe vom nervigen Tippen, als App-Steuerer und vielleicht noch im Smarthome-Bereich. Gerade beim Online-Shopping werden sie aber wohl auch in Zukunft in Deutschland eine Nische bleiben.“