Unser Land wird heißer: Laut Zahlen des Umweltbundesamts wurden die zehn wärmsten Jahre der zivilisierten Geschichte alle seit 1994 registriert. Allein 2024 gab es gemittelt über die Fläche Deutschlands rund 12,5 amtlich „heiße Tage⁠“ – Tage, an denen Temperaturen von 30 Grad oder mehr gemessen wurden. Tendenz: steigend. Gut also, wenn man weiß, wie man bei solchen Temperaturen einen kühlen Kopf bewahren kann. Dabei kann innovative Technik helfen. aktiv stellt fünf raffinierte Produkte vor – die oft gar nicht mal teuer sind.

Klimaanlage zum Anziehen

Um uns abzukühlen, schwitzen wir. Der Schweiß verdunstet auf der Haut, dadurch kühlt der Körper ab. Dieses Prinzip der Verdunstungskühlung nutzt die Kühlweste des Ulmer Unternehmens Pervormance. Das speziell verarbeitete Vlies saugt sich mit Wasser voll, wenn man es einfach unter den Wasserhahn hält. Dank seiner Struktur kann das Vlies viele Wassermoleküle aufnehmen, die dann bei hohen Temperaturen über Verdunstung den Körper kühlen. Wichtig: Das Textil muss eng anliegen, um den Kühleffekt über die Haut an den Körper weiterzugeben. 

Untersuchungen zeigen, dass die Kühlleistung des Vlieses reicht, um die Körperkerntemperatur für viele Stunden auf einem angenehmen Niveau zu halten. Die Ulmer fertigen übrigens nicht nur Westen, sie haben auch Shirts und Bandagen unter dem Markennamen „E.Cooline“ im Angebot.  Dafür hat das Unternehmen 2024 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie „Klima“ gewonnen. 

Lesen Sie auf aktiv-online.de weiter, wie Textilien dem Körper helfen können mit warmen Temperaturen zurechtzukommen.

Rollladen runter – per Temperatursensor

Von jeher sind Rollläden eine effektive Methode, um die im Sommer eindringende Wärme abzuhalten. In hitzegeplagten südeuropäischen Ländern sind schon am frühen Morgen die Roll- und Fensterläden dicht. Wer hierzulande nicht schon vor der Arbeit alles schließen will, kann das auch Temperaturfühlern überlassen, Voraussetzung: die Rollläden sind mit einem elektrischen Gurtwickler oder Motor ausgestattet (diese Technik ist auch nachrüstbar). 

Ein an der Fensterscheibe befestigter Temperatur- oder Sonnensensor, wie er etwa von dem Rollladen-Spezialisten Schellenberg aus Siegen angeboten wird, gibt bei bestimmten Außentemperaturen oder Lichtwerten ein Signal an die Steuerung und die lässt die Rollläden herunterfahren. Die Systeme funktionieren auch über WLAN oder per Funk und sind mittlerweile auch mit dem Smartphone nutzbar. Mit Homematic IP, einer Marke des Smarthome-Unternehmens eQ-3 AG aus dem ostfriesischen Leer, etwa steuert man die smarten Rollläden über eine App. Ebenso gibt es Programme, die die Rollläden einfach zu bestimmten Zeiten herunter- und wieder hochfahren. Übrigens: Solche Systeme sind auch ein effektiver Einbruchschutz.

Hauchdünner Hitzeschutz fürs Fenster

Wem das zu teuer oder zu viel Umrüstungsaufwand ist, kann auch Sonnenschutzfolien nutzen. Die Folien, wie sie etwa von dem mittelständischen Unternehmen Bruxsafol aus Hammelburg in Unterfranken gefertigt werden, bestehen aus mehreren Schichten, die hauchdünn mit Metall bedampft sind. Dadurch werden die auftreffende Strahlung der Sonne und die Wärme reflektiert. Diesen Effekt nutzen alle Hersteller solcher Folien. Dazu gehören etwa auch das Technologieunternehmen 3M oder der Folienspezialist Haverkamp aus Münster. Er hat sogar eine smarte Folie entwickelt, die durch einfaches Anklicken die Lichtdurchlässigkeit wechselt. 

Die Stiftung Warentest hat für Dachgeschosswohnungen, in denen es durch die Sonneneinstrahlung oft sehr heiß werden kann, eine Modellrechnung aufgestellt. Demnach ließ sich die Anzahl der Stunden mit mehr als 26 Grad durch Hitzeschutzfolien um 70 Prozent verringern. Bei der Installation sollte man allerdings beachten, dass die Folien am besten Hitze abhalten, wenn sie auf der Außenfläche aufgebracht werden. Und: Stark reflektierende Folien halten zwar die Hitze bei intensiver Sonneneinstrahlung fern, sie lassen allerdings auch wenig Licht durch. Man muss da also akzeptieren, dass man auch tagsüber halb im Dunkeln sitzt.

Übrigens, für Mieter gilt: Innen angebrachte Sonnenschutzfolien sind in der Regel erlaubt, weil sie schnell, rückstandslos und ohne bauliche Veränderungen entfernt werden können. Bei außen angebrachten Folien ist es ratsam, vorab die Zustimmung des Vermieters einzuholen, insbesondere wenn die Folie eine besondere Abdichtung erfordert oder die Fassade optisch verändert. 

Bettdecke regelt Temperatur

Kriecht die Hitze erst mal ins Schlafzimmer, ist erholsamer Schlaf kaum möglich. Wer dann trotzdem nicht auf eine Decke verzichten will, weil er glaubt, sich doch zu verkühlen, findet Linderung mit Bettwaren, die mit der sogenannten Outlast-Technologie ausgerüstet sind. Sie wurde von der Nasa entwickelt und in Astronauten-Handschuhen eingesetzt, um diese vor den extremen Temperaturschwankungen im All zu bewahren. 

Mit der Weiterentwicklung durch das deutsche Unternehmen Outlast Technologies wurden auch andere Anwendungen möglich, wie etwa in Bettwaren. In die Outlast-Fasern sind winzige Kügelchen eingearbeitet. Die Fasern schaffen damit in der „Betthöhle“ – das ist der Raum, in der der Schlafende zwischen Decke und Matratze liegt – einen Temperaturausgleich. Die Kügelchen der Outlast-Technologie funktionieren dabei wie ein Eiswürfel im Wasserglas: Beim Schmelzen nimmt der Eiswürfel die Wärme des Wassers auf und kühlt damit die direkte Umgebung. So funktionieren auch die Kügelchen. Sie nehmen die überschüssige Wärme in der Betthöhle auf. Der Körper kann abkühlen. Sobald er abgekühlt ist, wird die Wärme wieder freigesetzt. Dies sorgt für angenehme Temperaturen und verhindert übermäßiges Schwitzen. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Kügelchen großflächig in Decke und Kissen eingearbeitet sind.

Übrigens: Bereits 2003 wurde diese Temperaturregulierung von der Space Foundation, einer internationalen gemeinnützigen Organisation zur Förderung von Weltraumaktivitäten, als „Certified Space Technology“ ausgezeichnet. Outlast Technologies ist das einzige Textilunternehmen weltweit, das dieses Gütesiegel im Zusammenhang mit proaktiven Wärmemanagement erhalten hat. 

Paneele aus Moos kühlen die Luft

Moose leisten Erstaunliches. Denn diese recht unscheinbaren Pflanzen haben eine riesige Oberfläche – bis zu 30-fach größer als eine glatte Blattoberfläche. Dadurch sind die feinen, dünnen Blättchen enorm aufnahmefähig. Und das müssen sie auch sein, denn Moose nehmen ihre Nährstoffe nicht über die Wurzeln auf, sondern über die Luft! Andererseits sind die Pflanzen eben wegen dieser großen Oberflächen nur wenig gegen Wasserverdunstung geschützt, sie geben also viel Feuchtigkeit an die Umgebungsluft ab. 

Und genau das können wir uns zunutze machen, indem wir ganze Wände aus Moospflanzen als ökologische Filteranlagen nutzen. Zuerst wird die warme und verschmutzte Luft durch integrierte Ventilatoren angesaugt. Die Luft strömt durch die Moosmatten und wird dabei gereinigt und durch die Verdunstung gekühlt. Diese Lösung der Dresdner Firma greencity solutions kann überall dort aufgestellt werden, wo die Luft einen Frische-Kick vertragen kann: in Innenstädten oder auch in Betriebsräumen. Eine Neun-Quadratmeter-Mooswand soll laut Hersteller den gleichen Effekt haben wie 81 Bäume, Ergebnis: eine um bis zu vier Grad sinkende Temperatur und eine Feinstaubreduktion um 82 Prozent. Dafür wurde das Unternehmen bereits mehrfach ausgezeichnet, für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2025 ist es erneut nominiert.

Anja van Marwick-Ebner
aktiv-Redakteurin

Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.

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Nadine Keuthen
aktiv-Redakteurin

Nadine Keuthen stürzt sich bei aktiv gerne auf Themen aus der Welt der Wissenschaft und Forschung. Die Begeisterung dafür haben ihr Masterstudium Technik- und Innovationskommunikation und ihre Zeit beim Kinderradio geweckt. Zuvor wurde sie an der Hochschule Macromedia als Journalistin ausgebildet und arbeitete im Lokalfunk und in der Sportberichterstattung. Sobald die Sonne scheint, ist Nadine mit dem Camper unterwegs und schnürt die Wanderschuhe. 

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