Auf die Steuererstattung warten: Hier ist normalerweise Geduld gefragt

Wer als Arbeitnehmer eine Steuererklärung abgibt, rechnet in der Regel mit einer Rückzahlung. Wie schnell das geht, ist unterschiedlich. „Je nach Finanzamt dauert die Bearbeitung oft bis zu drei Monate“, sagt Erich Nöll, Geschäftsführer beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine.

Die Sofortauszahlung geht deutlich schneller

Wer nicht so lange auf sein Geld warten will, kann seit einiger Zeit eine Sofortauszahlung der Steuererstattung bekommen. Das wird meist von Steuerportalen und -Apps angeboten. Üblicherweise stellen die Portale eine Auszahlung innerhalb von 24 Stunden in Aussicht.

Unternehmen, die mit der eigentlichen Steuererklärung nichts zu tun haben, versprechen ebenfalls diesen Service. 

So funktioniert die Sofortauszahlung

Zuerst berechnen die Anbieter die voraussichtliche Steuererstattung vollautomatisiert. Von diesem Betrag bekommt man meist 75 bis 80 Prozent sofort ausgezahlt. Ein Blick ins Kleingedruckte zeigt, dass die tatsächliche Auszahlung manchmal noch geringer ausfällt.

Ist die Steuererklärung da, wird endgültig abgerechnet. Die Portale überweisen dann nicht den gesamten Restbetrag, sondern ziehen vorher ihre Kosten ab.

Bei der Sofortauszahlung arbeiten Anbieter mit Banken zusammen

„Die Sofortauszahlung ist keine Vorauszahlung des Finanzamts, sondern es handelt sich letztlich um eine Art Überbrückungskredit“, erläutert Erich Nöll. Dazu arbeitet der jeweilige Anbieter mit einer Bank zusammen, die den Kredit vergibt.

Die meisten Portale werben damit, dass die Finanzämter im Durchschnitt über 1.000 Euro zurückzahlen. Das bedeutet nicht, dass jeder garantiert so viel Geld zurückerhält. „Je weniger Ausgaben man steuerlich geltend machen kann, desto geringer fällt auch die individuelle Steuererstattung aus“, sagt Erich Nöll. Wenn man relativ wenig verdient und/oder kaum „steuermindernde Tatsachen“ in der Steuererklärung angeben kann, geht’s erfahrungsgemäß meist um geringere Summen.

Damit stellt sich die Frage, wie dringend man das Geld wirklich braucht. Denn die Soforterstattung kann ziemlich teuer werden. Je nach Anbieter sollen es bis zu 20 Prozent sein.

Lesen Sie auf aktiv-online.de auch, welche Ausgaben Arbeitnehmer absetzen können. 

Steuerauszahlung: Anbieter schickt ein individuelles Angebot

Selbst wenn der Anbieter damit wirbt, dass die Sofortauszahlung für den Kunden vollkommen kostenfrei ist, wollen das Steuerportal und die Bank natürlich trotzdem etwas verdienen. Folglich sind die Kosten für den Kredit im Gesamtpreis für den Service enthalten. Wie hoch der am Ende ausfällt, erfährt man manchmal erst, wenn der Anbieter ein individuelles Angebot schickt. Wird das Ganze doch zu teuer, kann man das Angebot ablehnen und muss dann auch nichts zahlen.

Attraktiv ist die Sofortauszahlung vor allem, wenn man sehr knapp bei Kasse ist. Doch gerade in einer solchen Lage sollte man es sich gut überlegen, ob man sich die zusätzlichen Kosten für die schnelle Vorab-Auszahlung leisten kann und will. Letztlich geht es ja nur darum, dass man das Geld sofort auf dem Konto hat und nicht erst in ein paar Wochen, wenn die Steuererklärung vom Finanzamt bearbeitet wurde.

Die Alternative zur oft teuren Sofortauszahlung ist nämlich ganz einfach und außerdem völlig kostenlos: abwarten. „Die Steuererstattung des Finanzamts kommt ganz sicher und ohne jedes Risiko aufs Konto“, sagt Erich Nöll. Vielleicht gibt es bei finanziellen Engpässen ja andere Lösungen, um die Wartezeit zu überbrücken – beispielsweise einen Kredit bei der Bank. Oder man leiht sich das Geld privat und zahlt es später aus der Steuererstattung zurück.

Verbindliche Steuererstattung ergibt sich erst aus dem Steuerbescheid

Außerdem sollte man bedenken, dass die zuvor berechnete Steuererstattung immer nur vorläufig ist. Verbindlich ist nämlich nur das, was im Steuerbescheid steht. „Die Steuerprogramme sind heutzutage zwar ausgereift, aber trotzdem kann die Erstattung niedriger ausfallen als vorab berechnet, zum Beispiel weil das Finanzamt nicht alle Ausgaben anerkennt“, erläutert Erich Nöll.

Man sollte deshalb unbedingt ganz genau im Kleingedruckten nachlesen, was in solchen Fällen geschieht. Üblicherweise muss man die Differenz zurückzahlen. Ist die Soforterstattung bereits ausgegeben, muss man sehen, woher man das Geld dafür nimmt.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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