Der aktuelle Lockdown wirbelt bei vielen die Urlaubsplanung durcheinander, und so sind viele verunsichert, wohin und wie man reisen kann. Eine Frage, die sich nicht nur jetzt stellt, sondern auch wohl das ganze Jahr 2021 aktuell bleibt. aktiv hat mit Oliver Buttler, Experte für Reiserecht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, über die wichtigsten Fragen gesprochen.
Wie sieht die Situation aktuell aus?
Was ab wann und wo wieder möglich ist, kann man im Moment schwer abschätzen. Reisen im Inland werden bis in den Januar hinein kaum möglich sein, da man keine Unterkünfte findet. Ausnahme: Übernachtungen über die Weihnachtsfeiertage (vom 23. bis 27. Dezember). Hier ist es in einigen Bundesländern möglich, wegen Verwandtenbesuchen Hotelübernachtungen zu buchen. Dies kann sich aber jederzeit ändern.
Insofern sind die Regeln im jeweiligen Bundesland zu beachten. Das allgemeine Beherbergungsverbot besteht aktuell noch bis 10. Januar 2021, es ist aber nicht auszuschließen, dass es noch weiter verlängert wird. Die Skilifte werden in Deutschland geschlossen haben. In Österreich gilt bis 23. Dezember ein Beherbergungsverbot für Touristen. Vom 19.12. bis 10.01.2021 besteht außerdem für Deutsche eine zehntägige Quarantänepflicht.
In der Schweiz ist für deutsche Urlauber derzeit kein Skiurlaub möglich. Denn: Liegt der Index um 60 höher als in der Schweiz, werden andere Länder als Risikogebiete eingestuft und Einreisende müssen zehn Tage in Quarantäne.
Für welche Länder besteht aktuell eine Reisewarnung?
„Liegt eine Reisewarnung vor, hat man das Recht, die Reise zu stornieren.“
Oliver Buttler, Verbraucherzentrale Baden-Württemberg
Momentan besteht für fast alle europäischen Länder eine Reisewarnung. Einzelne Regionen sind davon aber ausgenommen und es kann jederzeit Änderungen geben. Daher sollte man sich kurzfristig über sein Zielland informieren. Unter auswaertiges-amt.de gibt es unter „Sicher reisen“ stets aktuelle Informationen zu einzelnen Ländern. Liegt eine offizielle Reisewarnung vor, hat man gegebenenfalls das Recht, eine bereits gebuchte Reise auch kurzfristig kostenfrei zu stornieren.
Eine Reisewarnung bedeutet kein Reiseverbot. Je nach Land kann es aber Beherbergungsverbote geben. Die Bundesregierung empfiehlt grundsätzlich, bis 10. Januar „von nicht zwingend notwendigen Reisen im Inland und auch ins Ausland abzusehen“.
Wichtig zu wissen ist: Wenn ich aus einem Risikogebiet nach Deutschland zurückkomme, muss ich zehn Tage in häuslicher Quarantäne bleiben. Ein Corona-Test wird erst ab dem fünften Tag akzeptiert. Fällt dieser negativ aus, kann die Quarantäne verkürzt werden. Der Test muss in Deutschland gemacht werden.
Tests, die im Urlaubsland vor der Rückreise gemacht werden, werden von den deutschen Gesundheitsbehörden nicht akzeptiert. Als einziges Bundesland ist Nordrhein-Westfalen von der Quarantänepflicht für Reiserückkehrer ausgenommen. Vor der Rückreise müssen sich Rückkehrer aus Risikogebieten außerdem auf der Internetseite einreiseanmeldung.de registrieren.
Mit welchen Einschränkungen muss ich am Urlaubsort rechnen?
Die Maßnahmen können sehr unterschiedlich und teilweise sehr restriktiv sein, auch weit restriktiver als in Deutschland. Daher gilt es, sich über das Reiseland gezielt zu informieren.
Ob Sehenswürdigkeiten und Restaurants geöffnet sind und welche Hygieneregeln dort gelten, kann von Land zu Land variieren. Prinzipiell muss man mit ähnlichen Bedingungen rechnen wie in Deutschland: Abstandsregeln, Maskenpflicht, Händedesinfektion, Temperaturmessungen, Ausgangssperren..
Bei Flügen gilt Maskenpflicht – schon im Terminal – und der Bordservice ist eingeschränkt. Es kann passieren, dass sich Abflugzeiten ändern, wenn die Airline nicht alle Plätze belegen darf. Je nach Flugstrecke ist eine Abweichung von bis zu vier Stunden zu akzeptieren. Hat der Flug eine Verspätung von mehr als vier Stunden, kann man den Reisepreis mindern.
Wo kann ich mich über aktuelle Reisebedingungen und Hygieneregeln in einzelnen Ländern informieren?
Auf reopen.europa.eu findet man Informationen zu europäischen Ländern: Mit welchen Verkehrsmitteln darf man ein- und ausreisen, durchreisen, im Land herumreisen? Gibt es Quarantänebestimmungen oder eine Attestpflicht? Auf auswaertiges-amt.de oder in der App „Sicher reisen“ gibt es detailliertere Infos zu einzelnen Ländern weltweit: Was ist wieder in Betrieb? Welche öffentlichen Verkehrsmittel fahren zwischen dem Reiseland und Deutschland? Welche Hygieneregeln gelten? Im Zweifelsfall kann man sich auch an die Botschaft des Reiselandes wenden. (Lesen Sie auch auf aktiv-online.de, wie Unternehmen in Deutschland ihre Mitarbeiter vor Corona-Ansteckung schützen.)
Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr im Flugzeug?
Die Luftzirkulationssysteme in Flugzeugen sorgen für einen ständigen Luftaustausch. Sie sind mit speziellen Filtern ausgestattet, wie sie auch in Krankenhäusern verwendet werden. Außerdem fließt die Luft von oben nach unten, also in Richtung Boden, anstatt herumzuwirbeln. Zwar ist der Mindestabstand im Flieger kaum einzuhalten, aber die Luftqualität ist vermutlich besser als in Bussen oder Bahnen. Desinfektionsmittel stehen an Bord zur Verfügung und an den Schaltern im Terminal sind Plexiglasscheiben angebracht. Reisende können also davon ausgehen, dass das Ansteckungsrisiko beim Fliegen nicht höher ist als anderswo. Wer Probleme damit hat, lange einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, sollte natürlich auf längere Flüge verzichten.
Welche Rechte habe ich, wenn mein Flug wegen Corona annulliert wird?
Grundsätzlich gilt: Sagt eine Fluglinie den Flug ab, hat man die Wahl zwischen der Erstattung des Flugpreises oder einem späteren Flug. Die Erstattung muss innerhalb von sieben Tagen erfolgen. Manche Airlines bieten Gutscheine an, die man aber nicht akzeptieren muss. Wenn der Anbieter die Erstattung ablehnt oder nicht reagiert, kann man sich an eine Schlichtungsstelle wenden. Je nach Airline ist die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personennahverkehr zuständig oder das Bundesamt für Justiz. Einen Musterbrief stellt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bereit: verbraucherzentrale-bawue.de.
Daneben können Urlauber, die ihr Geld nicht zurückbekommen, einfach ein Mahnverfahren gegen den Anbieter einleiten. Zahlt der Veranstalter dann nicht innerhalb von 14 Tagen, kann man als Reisender direkt einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Das geht auch online unter online-mahnantrag.de.
Übrigens: Die Frage, wann man Pauschalreisen, die man etwa für Ostern oder für den Sommer 2021 gebucht hat, kurzfristig stornieren kann, wird für viele Urlaubswillige jetzt wichtig werden. Viele Reiseveranstalter haben darauf reagiert und bieten unter anderem Regelungen an, bei denen man kurzfristig teilweise sogar kostenlos eine Reise stornieren kann. Die Details sollte man allerdings beim jeweiligen Reiseveranstalter konkret erfragen, da die Regelungen vom jeweiligen Anbieter abhängig sind.
Was mache ich, wenn ich kurz vor der Reise, zum Beispiel über die Corona-Warn-App, erfahre, dass eine Person aus meinem Umfeld infiziert ist?
Wenn die Corona-Warn-App einen zurückliegenden Kontakt mit einem Infizierten meldet, heißt das noch lange nicht, dass man selbst auch infiziert ist. Mit der Warnung wird man nur aufgefordert, sich mit den Gesundheitsbehörden in Verbindung zu setzen. Das ist aber keine Pflicht. Es steht also jedem frei, zu entscheiden, wie er auf die Meldung reagiert. Prinzipiell darf man trotzdem reisen. Wenn man allerdings eine direkte Kontaktperson zu einem Infizierten ist und vom Gesundheitsamt als Kontaktperson ersten Grades eingestuft wird, dann muss man eventuell in Quarantäne und darf nicht reisen.
Komme ich wieder nach Deutschland zurück, wenn mein Urlaubsort zum Covid-19-Risikogebiet erklärt oder sogar die Grenze geschlossen wird? Muss ich in Quarantäne bleiben?
Im Moment sind mehr oder weniger alle Länder Risikogebiet. Es kommt im Einzelfall auf die Airline an, ob sie einen mitnimmt, beziehungsweise auf behördliche Anweisungen am Urlaubsort. Die muss man natürlich befolgen.
Fällt der Rückflug aus, weil im Urlaubsland plötzlich (wieder) Corona ausbricht, kommt es darauf an: Macht man eine Pauschalreise oder hat man den Flug selbst gebucht? Bei Pauschalreisen ist der Veranstalter für den Rücktransport verantwortlich. Bei individuell gebuchten Flügen muss man sich selbst darum kümmern und auf andere Verkehrsmittel ausweichen. Also Fähre, Bahn, Bus oder Mietauto.
Rückholaktionen wegen Corona hat das Auswärtige Amt ausgeschlossen, denn das Risiko ist nunmehr seit Monaten bekannt. Nach Deutschland wieder einreisen darf man auf jeden Fall.
Was passiert, wenn in meiner Urlaubsunterkunft ein Corona-Fall auftritt?
Das kommt darauf an, ob man mit der Person Kontakt hatte. Falls nicht und solange man keine Symptome hat, besteht kein Grund zur Beunruhigung oder zur überstürzten Heimreise. Eventuell kommt die örtliche Gesundheitsbehörde auf alle Gäste zu und trifft Maßnahmen, Die muss man natürlich befolgen. Falls man das Gefühl hat, dass die Einschränkungen ungerechtfertigt oder unangemessen sind – zum Beispiel eine Quarantäne, die länger als zwei Wochen dauert – kann man sich an die deutsche Botschaft vor Ort wenden.
Was mache ich, wenn ich im Ausland an Corona erkranke? Übernimmt meine Krankenkasse die Kosten für die Behandlung oder den Rücktransport?
Das hängt davon ab, ob Sie sich innerhalb der EU oder in einem Land außerhalb der EU befinden. Sofern Ärzte oder Krankenhäuser des gesetzlichen Gesundheitssystems in EU-Ländern in Anspruch genommen werden, kommt für notwendige Leistungen die deutsche Krankenversicherung auf. Bei privaten Ärzten oder Privatkliniken muss man vor Ort selbst bezahlen und die Belege zu Hause einreichen. Die Kasse erstattet dann den üblichen Satz.
In Nicht-EU-Ländern ist dies schwieriger. Daher empfiehlt es sich auf jeden Fall, eine Auslandsreisekrankenversicherung abzuschließen und Details beim Versicherer nachzufragen. Sie übernimmt die Kosten einer medizinisch notwendigen Behandlung im Ausland, auch für eine Erkrankung an Covid-19. Es sei denn, Pandemien sind im Kleingedruckten in den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen!
Wie der Bund der Versicherten mitteilt, wird eine vorzeitige Heimreise nur dann von der Auslandsreisekrankenversicherung bezahlt, wenn der Rücktransport medizinisch notwendig ist. Zum Beispiel, weil im Reiseland die medizinische Versorgung nicht ausreichend ist. Bessere Tarife schließen auch einen medizinisch sinnvollen Rücktransport ein. Aber wenn die Behörden vor Ort eine Quarantäne und ein Reiseverbot verhängen, ist ein Rücktransport erst einmal nicht möglich. Wer nach Deutschland zurück möchte, weil während des Urlaubs eine zweite Welle stattfindet und das Auswärtige Amt wieder eine Reisewarnung ausgesprochen hat, aber nicht krank ist, kann diese Kosten nicht bei seiner Auslandsreisekrankenversicherung aufrufen.