Es ist zwar super, einen guten Arbeitsplatz zu haben.  Aber was, wenn sich trotzdem mal negative Gedanken rund ums Arbeiten einstellen? Vielleicht Montagsgefühle. Oder man quält sich. aktiv konsultiert einen Psychologen: Professor Peter Fischer von der Universität Regensburg hat Tipps. 

aktiv: „Ich muss arbeiten“ – da klingt bei vielen schon ein negativer Beigeschmack oder ein gequältes Seufzen durch. Wäre es angenehmer, nicht arbeiten zu müssen?

Fischer: Nein, Untätigkeit tut Körper und Geist nicht gut. Zwar gibt es fast bei jedem im Job auch unangenehme Situationen. Doch oft kann man sie selbst ändern.

"Wenn man etwas nicht ändern kann, kann man es immer noch ,kognitiv umbewerten'". Peter Fischer, Psychologe

Aber viele Dinge hat man ja nicht selbst in der Hand. Seinen Chef etwa kann man sich nicht aussuchen …

Wenn man etwas nicht ändern kann, kann man es immer noch „kognitiv umbewerten“, wie wir Psychologen es ausdrücken. Wenn man zum Beispiel einen nervenden Chef hat oder unangenehme Aufgaben bekommt, kann man das auch als Herausforderung sehen oder als Prüfung. Dadurch wird es positiv …

Aber wieso, was habe ich davon?

Ein gutes Gefühl, wenn Sie es geschafft haben! Mit schwierigen Menschen und Situationen zurechtzukommen, statt aufzugeben, das kann auch die eigene Qualifikation entscheidend verbessern. Und es ist übrigens auch die wichtigste Eigenschaft, wenn man selbst Führungskraft ist oder werden will.

Wovon hängt es eigentlich ab, ob man sich gestresst fühlt?

Früher dachten die Forscher, es gebe objektive Stress-Auslöser, die für jeden schädlich sind. Heute weiß man: Es ist subjektiv. Manche brauchen einen eng durchgetakteten Tag mit Herausforderungen, andere empfinden das als Stress.

Und was, wenn die Belastung überwiegt?

Zuerst muss man sich bewusst machen, was genau den Stress auslöst. Dann kann man versuchen, diesen Auslöser zu ändern - oder umzubewerten: Mit dieser Methode wird auch in der Psychotherapie gearbeitet. Da kommen zum Beispiel Leute, die vor etwas Angst haben. Sie lernen, dass der Auslöser womöglich gar nicht so schlimm ist.

Und wenn das nicht hilft?

Bevor etwas Sie krank macht, was Sie nicht umbewerten oder ändern können, sollten Sie aus der Situation rausgehen. Gemäß einem alten schlauen Spruch: Love it, change it oder leave it - lerne es lieben, ändere es oder verlasse es. Man sollte überlegen: Mache ich das, was zu mir passt? Ich kannte mal jemanden, der Physiker werden wollte, aber dafür völlig untalentiert war. Jammern bringt nichts: Man muss sich darauf konzentrieren, was man verändern kann. Vielleicht kann man die Abteilung wechseln oder eben den Job. Ich selbst habe auch mal einen radikalen Kurswechsel gewagt.

Tatsächlich?

Als ich 15 war, habe ich eine Banklehre angefangen. Es war aber nicht mein Ding, und ich hatte einen fürchterlichen Chef. Nach der Ausbildung habe ich gekündigt und Psychologie studiert.

In dem Buch „Das Unbehagen im Frieden“ analysieren Sie negative Nebenwirkungen der Wohlstandsgesellschaft. Klagen wir auch deshalb übers Arbeiten-Müssen, weil es uns zu gut geht?

Es gibt jedenfalls den Grundmechanismus, dass man sich an einen Zustand gewöhnt. Am Anfang freut man sich, einen tollen Job zu haben. Nach einiger Zeit findet man ihn vielleicht nur noch normal, und irgendwann kann ein gewisser Überdruss einsetzen – weil man sich an das Positive gewöhnt hat. Man kann das aber wieder schätzen lernen.

Neulich habe ich am Feierabend stundenlang über Arbeitsdinge gegrübelt. Haben Sie einen Tipp?

Stellen Sie einen Timer auf zehn Minuten, schließen Sie die Augen, und versuchen Sie, in dieser Zeit an nichts zu denken. Natürlich kommen dann trotzdem die unerwünschten Gedanken. Man will automatisch ins Grübeln fallen, weil der Mensch einfach jedes Problem gleich versucht zu lösen. Aber nun schauen Sie sich die Gedanken einfach nur an – und lassen Sie dann vorüberziehen. Ohne sie weiter zu bearbeiten.

Und das funktioniert?

Das ist am Anfang schwer, aber mit der Zeit lernt man so, auch negative Gedanken auszuhalten – und irgendwann sind sie gar nicht mehr so belastend.

Was hilft noch gegen Stress?

Entspannungstechniken! Egal ob Meditation, progressive Muskelentspannung oder Atmungstechniken: Darum gibt es einen Riesen-Hype. Und es hilft wirklich. Denn wenn der Körper entspannt ist, zieht der Geist automatisch nach. 

Professor Peter Fischer ist Experte für Arbeitspsychologie an der Universität Regensburg.
Professor Peter Fischer Bild: Uni Regensburg

Vom Bank-Lehrling zum Psychologie-Professor

  • Mit 15 startete Peter Fischer eine Lehre zum Bankkaufmann, heute leitet er an der Universität Regensburg den Lehrstuhl für Sozial-, Organisations-, Arbeits- und Wirtschaftspsychologie.
  • Er berät auch Unternehmen vom Automobil-Zulieferer bis zum Krankenhaus. Dann geht es zum Beispiel darum, wie Teamprozesse besser laufen und die Gesundheit gefördert werden kann.
  • Als Forscher beschäftigt er sich etwa mit Motivation, Arbeitszufriedenheit und Personalentwicklung.

 

Statistik: Was uns aktuelle Zahlen über Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sagen

Dortmund. Wie gut tut uns eigentlich das Arbeiten, oder wie sehr belastet es uns? Das subjektive Empfinden ist die eine Seite. Auch objektive Zahlen und Fakten sagen etwas darüber aus. So hat etwa das Statistische Bundesamt ermittelt, dass neun von zehn Beschäftigten mit ihrer Arbeit mindestens zufrieden sind. Ein Drittel ist sogar sehr zufrieden.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) mit Hauptsitz in Dortmund bringt regelmäßig den Report „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ heraus. Zum aktuellen Bericht sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, in den vergangenen Jahrzehnten seien in den Betrieben „beeindruckende Erfolge“ bei der Verbesserung von Arbeitsbedingungen, Sicherheit und Gesundheit erzielt worden.

Das spiegelt sich zum Beispiel in der Zahl der Arbeitsunfälle: Sie ist auf dem niedrigsten Stand seit Bestehen der Bundesrepublik.