Osnabrück. Die Werbung klingt verlockend: Einfach ein Mini-Windrad auf dem Balkon oder im Garten installieren – und schon senkt jeder Lufthauch die Stromrechnung. Theoretisch klappt das auch. „In der Praxis produzieren solche Anlagen in Wohngebieten jedoch meist kaum Strom, weil der Wind nicht ausreicht“, sagt Uwe Hallenga vom Bundesverband Kleinwindanlagen.
Jeder Wind ist anders
Das gilt sogar für viele zugige Ecken, an denen es kräftig pfeift. „Wind ist nicht gleich Wind“, erklärt der Experte, der seit über 30 Jahren Standorte für Windkraftanlagen beurteilt. Die Rotoren brauchen nämlich einen konstanten Windstrom mit mindestens drei bis vier Metern pro Sekunde. Bei Verwirbelungen und ständig wechselnden Böen dagegen drehen sie sich zwar, erzeugen aber kaum Strom.
Erschwerend hinzu kommen – je nach Bauart der Anlage – auch praktische Probleme, beispielsweise Lärmentwicklung oder Schattenwurf auf Nachbars Grundstück. Fazit: „Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind Kleinwindanlagen in dicht bebauten Gebieten eher ein interessantes Hobby als eine lohnende Investition, die ernsthafte Erträge abwirft“, sagt Hallenga, der auf seiner Website kleinwindanlagen.de auch ein Forum für Interessierte anbietet. Wer keine nennenswerten Strommengen produzieren will, sondern einfach Spaß am Thema Windkraft hat, kann viel Freude an einer einfachen Minianlage haben, die es ab etwa 500 Euro gibt.
Auf dem Land
Völlig anders ist die Situation dagegen im ländlichen Raum mit lockerer Bebauung und großen Grundstücken. „Steht eine freie Fläche von mindestens 50 Metern rund um die geplante Anlage zur Verfügung, können Kleinwindanlagen in vielen Fällen die Stromrechnung sehr deutlich reduzieren“, so die Erfahrung von Uwe Hallenga. Voraussetzung ist naturgemäß auch hier, dass überhaupt genügend Wind weht. Dies ist aber an jedem Standort anders und muss individuell geprüft werden.
In eine solche „ernsthaft arbeitende“ Anlage muss man mindestens 5.000 Euro investieren. Ob sich das rechnet, steht und fällt damit, dass man den Windstrom auch größtenteils selbst verbraucht und damit die sonst fälligen Stromkosten von derzeit rund 29 Cent pro Kilowattstunde einspart. Eine Einspeisung ins Stromnetz lohnt sich nämlich nicht. Die Einspeisevergütung liegt nur bei etwa 8 Cent pro Kilowattstunde, für Solarstrom werden dagegen rund 12 Cent gezahlt.
Hoch hinaus
Wie viel Strom die Anlage tatsächlich produziert, hängt entscheidend von ihrer Bauhöhe ab. In der Regel wird der Rotor nämlich auf einem Mast montiert. „Dabei gilt: Je höher der Mast, desto besser der Ertrag“, so der Experte. Optimal also, wenn der Mast auf einem Hügel steht.
Welche Bauhöhe man tatsächlich wählt, hängt aber auch von der Rechtslage ab. In manchen Bundesländern braucht man in jedem Fall eine Baugenehmigung, in anderen sind Anlagen bis maximal zehn Meter Höhe genehmigungsfrei.
„Die Installation auf einem Hausdach ist dagegen nur selten zu empfehlen“, sagt Hallenga. Trotz der Höhe reicht nämlich auf vielen Dächern der Wind nicht aus. Außerdem kann es zu störenden Geräuschen innerhalb des Gebäude kommen und unter Umständen zu Problemen mit der Statik.
Strom ohne Netz
In manchen Fällen sieht die Rechnung jedoch völlig anders aus. „Immer wenn ich etwas mit Strom versorgen möchte, wo kein Stromanschluss vorhanden ist, sind Kleinwindanlagen interessant“, sagt der Experte. Im Gegensatz zu Solaranlagen arbeiten Windkraftanlagen nämlich auch nachts. Das ist beispielsweise wichtig für Boote, einsame Ferienhäuser, Pumpen von Tiertränken, die Beheizung von Gewächshäusern, aber auch für die Umwälzpumpe eines entfernten Gartenteichs.
Je nach Verbrauch und Windsituation genügen dann manchmal sogar preiswerte Minianlagen. Teilweise kann man auch Windkraft mit Fotovoltaik kombinieren. In der Regel muss man jedoch mehrere Tausend Euro investieren. Das erscheint auf den ersten Blick sehr teuer. Doch verglichen mit dem Anschluss an das weit entfernte Stromnetz ist eine Kleinwindanlage in solchen Fällen häufig die günstigere Alternative.