Berlin. Ein eigenes Auto ist bekanntlich teuer und steht häufig den größten Teil des Tages ungenutzt in der Gegend herum. Wer den Wagen in dieser Zeit systematisch an andere vermietet, fährt angeblich günstiger oder sogar zum Nulltarif – das versprechen jedenfalls die privaten Carsharing-Portale in ihrer Werbung. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Der Aufwand
Die Portale wickeln die Vermietung nicht selbst ab, sondern dafür ist der Autobesitzer zuständig: Fotos vom Wagen machen, Mietanfragen bestätigen, Schlüsselübergabe regeln, kontrollieren, ob alles in Ordnung ist – das alles kostet Zeit. Je häufiger man vermietet, desto größer ist der Aufwand. Ob sich das wirklich lohnt, hängt davon ab, wie viel einem die eigene Freizeit wert ist.
Der Preis
Grundsätzlich verdient man natürlich nur dann wirklich Geld, wenn das Auto auch tatsächlich vermietet wird. Klar, dass potenzielle Mieter die Preise vergleichen. Nach Recherchen von Stiftung Warentest sind klassische Autovermietungen oder gewerbliches Carsharing oft auch nicht teurer oder teilweise sogar billiger als die Angebote von privat.
In der Praxis wird man also häufig nur dann einen Mieter finden, wenn man das Auto günstiger anbietet als kommerzielle Verleiher, bei denen der Mieter in der Regel einen tipptopp gepflegten, fast neuen Wagen und einen professionellen Service bekommt. Und natürlich muss man vom Mietpreis noch, je nach Anbieter, 20 bis 30 Prozent für das Portal abziehen.
Schäden am Auto
Blöd, wenn das Fahrzeug während der Vermietung geklaut oder beschädigt wird. Und selbst der allerordentlichste Mieter kann natürlich in einen Unfall verwickelt werden – von Vandalen, die das Auto in einem unmöglichen Zustand zurückbringen, mal ganz abgesehen.
Die Portale werben mit einem umfangreichen Versicherungspaket für den Autobesitzer. Doch der Schutz hat durchaus Lücken: „Im Schadensfall kann trotz zusätzlicher Voll- und Teilkaskoversicherung eine Selbstbeteiligung fällig werden“, erklärt ein ADAC-Sprecher. Wie hoch die ausfällt, steht im Kleingedruckten. Je nach Portal und Art des Schadens können das bis zu 3.000 Euro sein. Das Geld muss sich der Vermieter laut AGB der Portale übrigens gegebenenfalls selbst vom Mieter holen – und wenn der schlicht und ergreifend nicht zahlen kann oder will, hat man noch ein Problem.
Damit der Versicherungsschutz überhaupt greift, muss der Autobesitzer außerdem weitere Bedingungen erfüllen: So wird beispielsweise im Kleingedruckten verlangt, dass das Auto regelmäßig gemäß Herstellerempfehlungen gewartet wurde. Oder der Vermieter ist dafür verantwortlich, dass der Mieter, also ein völlig Fremder, bestimmte Versicherungsbedingungen wirklich einhält. Hält man sich nicht an diese Vorgaben, verliert man unter Umständen den zusätzlichen Versicherungsschutz. Dann muss der Autobesitzer sein Geld beim Mieter eintreiben oder bleibt im schlimmsten Fall auf den Kosten sitzen.
Im Streitfall kann der Autobesitzer nur hoffen, dass die Anbieter ihre Werbeversprechen einhalten und ihm wirklich weiterhelfen. Das Geschäftsmodell beruht nämlich darauf, dass die Portale, ähnlich wie Immobilienmakler, nur als Vermittler auftreten. So steht es auch in den AGB der Anbieter. Der eigentliche Vertrag kommt ausdrücklich nur zwischen dem Autobesitzer und dem Mieter zustande, das Portal ist außen vor. Auch bei der Versicherung sind die Portale lediglich Vermittler. Im Zweifel muss der Autobesitzer sich also selbst mit dem Mieter und der Versicherung herumschlagen.
Die eigene Versicherung
Die geplante Vermietung sollte vorab unbedingt mit der eigenen Kfz-Versicherung abgeklärt werden. „Ist das Fahrzeug nur zur privaten Nutzung versichert und hat die Versicherung dem privaten Carsharing nicht zugestimmt, kann dies unter Umständen einen Regress des Versicherers im Schadensfall ermöglichen“, warnt der ADAC-Sprecher. „Ob dies durch die Zusatzversicherung der Plattformbetreiber vermieden werden kann, ist fraglich.“ Auf Deutsch: Die eigene Versicherung kann sich möglicherweise Geld vom Autobesitzer wiederholen, wenn der sich nicht an seinen Versicherungsvertrag gehalten hat – und es ist unklar, inwieweit die Zusatzversicherungen des Portals in diesem Fall greifen.
Mit Pech zahlt man nach einem Schaden des Mieters auch mehr für die eigene Versicherung. „Es kann passieren, dass die Höhereinstufung des Fahrzeughalters in der Haftpflicht nur teilweise durch die Zusatzversicherung aufgefangen wird“, so der Experte vom ADAC.
Privat oder schon gewerblich?
Damit die Vermietung sich lohnt, muss man natürlich einigermaßen regelmäßig vermieten. Und damit stellt sich sehr schnell die Frage, ob es sich dabei noch um eine private Betätigung oder schon um ein Gewerbe handelt. Wie heikel das ist, zeigen diverse Gerichtsurteile aus den letzten Jahren, bei denen beispielsweise nichts ahnende private Ebay-Verkäufer im Nachhinein als gewerblich eingestuft wurden.
Als gewerblicher Vermieter bräuchte der Autobesitzer einen Gewerbeschein, und auch das Finanzamt würde sich brennend für die zusätzlichen Einnahmen interessieren. Außerdem gelten für gewerblich vermietete Autos – im Juristendeutsch „Selbstfahrervermietfahrzeuge“ genannt – laut Paragraf 13 der Zulassungsverordnung besondere Regelungen. „Rechtlich ist umstritten, ob Fahrzeuge beim privatem Carsharing als Selbstfahrervermietfahrzeuge zugelassen und versichert werden müssen, was höhere Versicherungstarife und eine jährliche Hauptuntersuchung zur Folge hätte“, sagt der ADAC-Sprecher.
Wer also glaubt, privat zu vermieten, hinterher aber von den Behörden als gewerblich eingestuft wird, zahlt unter Umständen ein saftiges Bußgeld, zusätzliche Steuern und höhere Versicherungsbeiträge, bekommt Probleme mit dem Versicherungsschutz und riskiert Abmahnungen von Mitbewerbern. Darauf weisen die Portale teilweise sogar selbst ausdrücklich hin. Doch das Risiko, ungewollt in die Gewerblichkeit hineinzurutschen, trägt am Ende allein der Autobesitzer. Ob die Extra-Euros das wert sind, muss jeder selbst wissen.