Man wartet sehnsüchtig auf die bestellten Klamotten oder auf den neuen Laptop – aber stundenlang dafür im Haus zu bleiben, geht auch nicht. Rund drei Milliarden Pakete wurden 2015 in Deutschland verschickt. Die Aushändigung verzögert sich häufig allerdings auf den letzten Metern: Zu oft muss der Kunde die Sendungen bei den Nachbarn, den Paketshops und Packstationen selbst abholen. Und für Zusteller läppern sich die Verluste, wenn sie manche Tour mehrmals machen müssen.

Seit 2016 kommt aber mehr Bewegung in die Sache: Mit diversen Paketkästen, -boxen und -taschen liefern sich Zustelldienste, etablierte Briefkastenhersteller und Start-ups einen Kampf um den Platz direkt vor der Kundentür.

DHL „boxte“ sich zuerst vor die Haustür

Den Anfang machte Marktführer DHL, der mehr als die Hälfte der hiesigen Pakete austrägt. Er zielt vor allem auf Eigenheim-Besitzer mit einem Vorgarten. Dort wird der Kasten aufgestellt und im Boden verankert. Die Größe und das Modell stellt man sich per Online-Konfigurator zusammen: Kosten aktuell zwischen 99 und 179 Euro. Der Kunde und der Bote besitzen den passenden Chip, um das Schloss zu öffnen. Mehrere Lieferungen pro Tag und –mit einem Abholungsauftrag – auch Retouren sind möglich. Aber: Pakete von der Konkurrenz müssen draußen bleiben!

ParcelLock: Ein Kasten für viele Zusteller

Hermes, GLS und DPD haben sich daraufhin zusammengeschlossen und die Firma ParcelLock gegründet. Sie hat ein Codierungssystem entwickelt, mit dem seit September die eBoxx von Burg-Wächter (60 bis 350 Euro) und die Paketanlagen für Mehrfamilienhäuser von Renz ausgerüstet sind. Weitere Produzenten können sich anschließen: ParcelLock verhandelt angeblich mit mehreren. Offen ist das System auch für verschiedene Zusteller: Selbst Wettbewerber DHL kann darin Pakete ablegen.

„Darüber hinaus können auch Einzelhändler oder Stadtkuriere den Kasten nutzen“, heißt es bei ParcelLock. Der Kunde erteilt per App Zugangsberechtigungen: Dafür verwendet das System TANs wie im Online-Banking. Er kann auch Codes individuell vereinbaren: zum Beispiel mit dem Weinhändler, der persönlich liefert, oder mit dem Kollegen, der etwas vorbeibringt. Um einen einmal erteilten Zugriff wieder zurückzuziehen, wird der Code geändert. Auf diese Weise sind beliebig viele Lieferungen möglich, solange Platz drin ist. Auch Retouren werden per App vereinbart.

Weniger digital geht es bei den Kästen etwa von Heibi zu: Sie werden einfach verriegelt. Der Bote öffnet die frei zugängliche Klappe und legt die Sendung auf einen Drehteller ins obere Fach. Sie rutscht nach unten in ein Fach, das nur der Kunde öffnen kann. Der Kasten steht jedem Zusteller zur Verfügung und kostet je nach Größe und Ausführung von 600 bis 1.500 Euro.

Nicht ohne den Vermieter?

„Um einen Paketkasten aufzustellen, brauchen Mieter eine Erlaubnis, erst recht, wenn die Boxen im Boden oder in der Wand verankert sind“, schreibt Michael Weber auf seiner Webseite paketkaesten.com. Wenn die Behälter ausschließlich an der Tür ohne Bohren und Schrauben befestigt sind, sei das kein Eingriff in die Bausubstanz. Er empfiehlt trotzdem, den Vermieter zumindest zu informieren. „Das Thema ist relativ neu, und es gibt keine Gerichtsurteile darüber“, so Weber.

PaketButler, Lockbox & Co.: Flexible Lösungen

Auch für Mieter in Mehrfamilienhäusern gibt es inzwischen diverse Lösungen. Gängig sind Taschen oder Säcke aus Kunststoff oder Textil zum Beispiel vom Start-up Locumi. Sie sind mit einem Gurt an der Tür befestigt und mit einem Vorhängeschloss gesichert. Die Schlösser sind jedoch relativ leicht zu knacken oder die Taschen aufzuschlitzen.

Den PaketButler, eine faltbare Hightech-Box, stellt man nur nach draußen, wenn man ein Paket erwartet oder versendet. Die restliche Zeit kann sie platzsparend verstaut werden. Entwickelt hat sie die Hamburger Firma feldsechs zusammen mit der Telekom und DHL. Im Mai startete der Vertrieb der knapp 250 Euro teuren Box zunächst in den Metropolen Hamburg, München und Köln/Bonn, bis Ende des Jahres soll es sie flächendeckend geben. „Das Material ist robust und reißfest“, versichert feldsechs, „und bietet Platz für Pakete bis Größe XL.“

Der PaketButler wird mit einem Sicherheitsgurt zwischen Tür und Türzarge verankert. Dann stellt ihn der Kunde mit seiner PIN auf Empfang ein und schließt den Deckel. Der Zusteller öffnet mit einer roten Aktionstaste, legt die Ware rein und verschließt das Ganze. Geöffnet wird die Kiste wieder mit der PIN. Aktuell kann man auf die Weise nur ein Paket empfangen, aber von jedem beliebigen Zusteller. In naher Zukunft wird DHL auch mehrmals an einem Tag den PaketButler befüllen können „mithilfe der eingebauten Bluetooth-Funktion in Verbindung mit dem Handscanner des Zustellers“, so feldsechs.

Eher ein eigenes Logistiksystem als einen simplen Kasten bietet schließlich das Start-up Lockbox: vornehmlich Großstädtern. In der Wohnung montiert Lockbox lediglich einen Türanker. Der Kunde lässt seine Bestellungen an die Firma liefern. Die Jungunternehmer verpacken die Ware in die passende Box, bringen sie an die Adresse und schließen sie mit einem Stahlseil an den Türanker. Der Kunde weiß, wie er das Schloss aufmachen kann. Später holt Lockbox die leere Kiste ab. Auch Retouren sind möglich.

„Eine temporäre Packstation“, nennt Lockbox diesen Service, der ab 2,90 Euro pro Lieferung kostet. Oder nichts, wenn man bei Partnershops bestellt. Gegenwärtig wird er hauptsächlich für Lebensmittel und Getränke genutzt, sagt Geschäftsführer Thomas Kraker von Schwarzenfeld: „Für die bequeme Zustellung von Paketen sind die Kunden leider nicht bereit, etwas extra zu bezahlen.“ Verderbliche Lebensmittel können mit einem speziellen Thermoeinsatz bis zu 72 Stunden gekühlt werden.

Paket weg – wer haftet?

Bisher sei nichts aus ihren Behältern verschwunden, versichern die Anbieter. Doch wer haftet, falls…? „Grundsätzlich der Kunde, sobald das Paket im Kasten landet und nichts Abweichendes vereinbart wurde“, gibt die Pressestelle von ParcelLock Auskunft. „Auch solche Fälle sind nicht abschließend geklärt“, sagt Weber. „In der Regel werden die Pakete komplett in den Paketkasten hineingeworfen, sodass sie von außen nur mit böswilliger Absicht bzw. durch Aufbrechen der Verriegelung entfernt werden können. Das wäre ein typischer Diebstahl.“

Sollte ein Paketdienst die Sendung nicht ordnungsgemäß einwerfen, bestehe eventuell ein Ersatzanspruch. Weber erinnert aber auch daran, dass Paket- wie Briefkästen grundsätzlich durch die Hausratversicherung gedeckt seien. Ob sich eine Zusatzversicherung lohnt, hinge davon ab, wie oft man Wertvolles bestellt. Bei manchen Anbietern wie Renz und PaketButler gibt es die gratis dazu.

Die Qual der Wahl

Bevor man sich einen Kasten, eine Box oder Tasche anschafft, empfiehlt Weber, realistisch einzuschätzen, was und wie oft man online ordert, wie groß, teuer oder verderblich die Einkäufe sind und wer sie üblicherweise vorbeibringt. Es gebe allerdings derzeit Bestrebungen, die Paketkästen nach einer DIN-Norm zu vereinheitlichen. „Wenn sich das durchsetzt, ist die Wahl weniger eine System- als eine Ausstattungs- und Preisfrage“, so der Experte.