Berlin. Bullig, kantig und geräumig ist er. Und nach über 30 Jahren noch zuverlässig auf Achse. Liebhaber schwören auf den VW T3 – für viele der letzte echte Bulli, weil er noch einen Heckmotor hat. Der Kultstatus hat seinen Preis: Sein Marktwert ist in den letzten Jahren durch die Decke gegangen.

Ganz klar: Altes Blech liegt voll im Trend. Seit Jahren steigt die Zahl der Oldtimer auf deutschen Straßen. Und selbst bekennende Nicht-Auto-Fans erliegen dem Charme der vierrädrigen Veteranen.

Angst vor horrenden Kosten ist oft unbegründet

Die häufigste Klassiker-Spezies ist nach wie vor der VW Käfer. Der Trend geht allerdings in Richtung Youngtimer, zur U-30-Generation. „Da ist viel Emotion im Spiel. Die Leute möchten ein Auto haben, in dem sie schon als Kind gesessen sind“, sagt Paolo Ollig, Chefredakteur der auf Klassiker spezialisierten Online-Plattform Classic Trader in Berlin.

Einsteigern empfiehlt Ollig zuallererst: „Keine Angst vor horrenden Kosten oder fortwährenden Reparaturen.“ In Anschaffung und Unterhalt kann ein Senior sogar billiger sein als ein Neuwagen. Zwar schlucken ältere Fahrzeuge mehr Sprit, auch Ersatzteile sind manchmal knapp, Steuern und Versicherung dafür aber günstiger.

526.000 Autos in Deutschland sind älter als 30 Jahre – Rekord!

Einfache Technik macht die Wartung leichter

Dazu hat Classic Trader eine Vergleichsrechnung aufgestellt. Verglichen wird ein VW Golf Comfortline 1.4 TSI von 2015 mit verschiedenen Klassikern in puncto Kaufpreis, Wertverlust, Spritverbrauch, Steuern, Versicherung. Der Kostenvorteil von Oldtimern liegt insbesondere darin, dass sie keinen Wertverlust haben - im Gegensatz zu Neuwagen. Denn der Wert sinkt ja nicht, sondern steigt eher mit dem Alter!

Versierte Bastler können Wartung und Instandhaltung oft selbst erledigen. Wer sich das nicht zutraut, lässt die Werkstatt seines Vertrauens ran. Das muss nicht zwingend eine Spezialwerkstatt sein – auch andere Werkstätten freuen sich, wenn mal ein Fahrzeug kommt, bei dem man die Motorhaube aufmacht und sofort sieht, was los ist. Das jährliche Instandhaltungsbudget bewegt sich laut Automobilverband VDA und dem Fachmagazin „Oldtimer Markt“ für circa 70 Prozent der Befragten von unter 500 bis unter 2.000 Euro.

Blauer BMW: Klassiker mit der Niere im Grill erzielen mittlerweile Spitzenpreise.

Wo man Ersatzteile für Klassiker findet

Ersatzteile lassen sich auf Teilemärkten aufstöbern – oder beim Hersteller kaufen. Die großen deutschen Autobauer kennen den Wert ihrer Historie und fertigen Ersatzteile oft immer noch in Serie an, manche sogar im 3-D-Druck! Pfiffige Oldtimer-Fans kaufen ihr Modell, wenn möglich, gleich zweimal: das Zweit-Exemplar bevorzugt im günstigen unrestaurierten Zustand – als vollständiges Ersatzteillager!

Eine gute Anlaufstelle für Einsteiger sind Oldtimer-Messen und Klubs. Eine Marktübersicht und Kaufberatung bietet zum Beispiel Oldtimer Markt. „Classic Analytics“ in Bochum stellt eine Online-Checkliste für die Kurzbewertung von Fahrzeugen und eine Sachverständigen-Suche bereit. „Einen Experten sollte man vor dem Kauf unbedingt zurate ziehen und ein Gutachten erstellen lassen, denn als Laie erkennt man versteckte Mängel kaum“, rät ADAC-Sprecher Oliver Runschke.

Spezielles Oldtimer-Fahrtraining gibt Sicherheit

Der Kaufpreis hängt von der Seltenheit und dem Zustand ab. 2019 wechselte der weltweit teuerste Klassiker, ein McLaren F1 LM-Specification, für knapp 20 Millionen US-Dollar den Besitzer. Alltagsmodelle wie Kadett, 2CV, Mini oder Isetta gibt es zu allgemein erschwinglichen Preisen, Restaurierungsstücke mitunter schon für ein paar Hundert Euro.

Wie aber steht es um die Sicherheit in Gefährten, die oft nicht einmal einen Gurt haben? „Manches kann und sollte man nach Möglichkeit nachrüsten“, empfiehlt ADAC-Mann Runschke, „ansonsten gilt das, was Klassikerfahrer ohnehin machen, um sich und ihre Vehikel zu schützen: Umsichtig fahren.“ Wie man mit Trommelbremsen und ohne Servolenkung zurechtkommt, kann man beim Oldtimer-Fahrtrainig des ADAC üben.

Wann sich ein H-Kennzeichen steuerlich lohnt

Der Steuersatz für Pkws mit einem Schadstoffverhalten unter Euro 1 beträgt für Benziner 25,36 Euro je angefangene 100 cm³ Hubraum. Ein Diesel schlägt mit je 37,58 Euro zu Buche. Mit (eventuell nachträglich eingebautem) Katalysator wird der Steuersatz niedriger. Hat das Auto ein H-Kennzeichen, muss der Besitzer pauschal 191,73 Euro im Jahr berappen.

Das H auf dem Nummernschild gibt es allerdings nicht automatisch zum 30. Auto-Geburtstag, sondern ist an Bedingungen geknüpft: Der Oldtimer-Status muss von einem amtlich anerkannten Sachverständigen bescheinigt werden und setzt voraus, dass es sich um erhaltungswürdiges kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut im weitgehenden Originalzustand handelt. Ob sich der Aufwand lohnt, hängt vom Hubraum ab: Ab 700 cm³ wird die ganzjährige Zulassung mit einem H-Kennzeichen günstiger als mit normalem Kennzeichen. Ohne H darf man mit seinem Methusalem allerdings nicht in Umweltzonen fahren!

Mit Saison- oder Wechselkennzeichen Steuern sparen

Wer das Prozedere für das Gutachten scheut, kann auch ohne H sparen: Mit einem Saisonkennzeichen bezahlt man nur den anteiligen Steuerbetrag für die zugelassenen Monate: mindestens zwei, maximal elf Monate im Jahr, in einem zusammenhängenden Zeitraum, der einmal festgelegt wird, also nicht von Jahr zu Jahr variabel ist. Für Cabrios, die ohnehin nur bei schönem Wetter aus der Garage kommen, eine echte Option.

Den Steuerrabatt voll ausschöpfen kann man mit einer Kombination aus H- und Saisonkennzeichen: Wer seinen Oldtimer nur das halbe Jahr fährt, zum Beispiel von April bis September, zahlt auch nur die Hälfte: rund 95 Euro. Sammler fahren gut mit einem Wechselkennzeichen für mehrere Autos. Auch hier fallen pauschal jährlich 191,73 Euro Steuer an. Der Haken: Damit sind nur Fahrten zu Treffen, zur Werkstatt oder zum Tüv und Überführungen erlaubt.

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Oldtimer-Versicherungen: Günstig, aber nicht für jeden zu haben

Meistens gibt es spezielle, vorteilhafte Versicherungen nur unter bestimmten Voraussetzungen: Der Halter muss mindestens 23 oder 25 Jahre alt sein, darf pro Jahr nicht zu viele Kilometer zurücklegen und/oder muss noch ein Alltagsauto besitzen. Eine Kfz-Haftpflicht ist gesetzlich vorgeschrieben und kann mit Teil- oder Vollkaskoversicherung ergänzt werden. Um bei nicht selbstverschuldeten Unfällen Ärger mit der gegnerischen Versicherung zu vermeiden, empfiehlt der ADAC ein Wertgutachten als Nachweis.

Ein aktuelles Wertgutachten zahlt sich aus

Mit der Beliebtheit von Old- und Youngtimern steigt auch der Wert – von Jahr zu Jahr. Und damit auch die Prämie für die Versicherung. Für Volks-Oldtimer von Ford, VW und Opel nur leicht, für Garagengold wie Porsche 911, Mercedes-Benz Pagode schon schwergewichtiger. Bei vielen Versicherungen sind Wertzuwächse von zehn oder 20 Prozent automatisch mitversichert. Aber Vorsicht: Man sollte immer ein Gutachten parat haben, das nicht älter als zwei oder drei Jahre ist. Andernfalls kann es passieren, dass die Versicherung den Zuwachs im Schadensfall nicht ausschüttet.

Bei der Entscheidung helfen detaillierte Vergleiche. Zum Beispiel Oldtimer Markt nimmt Prämien und Bedingungen von 19 Anbietern von A wie ADAC bis Z wie Zurich Gruppe Deutschland unter die Lupe. Als Referenzobjekt dient ein VW Käfer. Einen Versicherungsvergleich für einen Alfa Romeo 1750 Spider Veloce hat die Zeitschrift „Auto Motor Sport“ aufgestellt.

Praktische Infos

  • ADAC: Der über 200 Seiten starke „Oldtimer-Ratgeber 2020/21“ erklärt detailliert alle möglichen Aspekte - Anschaffung, Unterhalt, Technik, Fahrsicherheit und mehr.
  • classic-portal.com: Hier kann man Spezialwerkstätten oder Ersatzteilehändler suchen und findet Oldtimer-Events in Europa und den USA.
  • Organisationen: Neben den großen Vereinen wie Deuvet Oldtimer – Youngtimer, Deutscher Oldtimerclub, Automobilclub von Deutschland und anderen gibt es rund 3.000  Markenklubs.