Köln. Hausadresse? Klingel? Festnetztelefon? Fehlanzeige! Der Fotograf Thilo Vogel wohnt und arbeitet in einem umgebauten Ford Mondeo Kombi und fährt von Termin zu Termin. Zum Schlafen steigt er ins Zelt überm Dach. Bei jedem Wetter. „Ich liebe die Unabhängigkeit und die Freiheit, jeden Tag entscheiden zu können, wohin ich fahre“, strahlt der 39-Jährige mit Vollbart und zu einem Dutt aufgetürmten Haaren.

Vogel ist ein Extrem-Beispiel für einen Trend, der jetzt richtig Fahrt aufnimmt. Dachzelte sind beliebt wie lange nicht mehr. Das erinnert an Zeiten, als man in der DDR mit Trabi und „Pension Sachsenruh“ das Weite suchte. Zwei Personen passten in das Dachzelt mit dem beschaulichen Namen. Längst Geschichte!

Empfohlener externer Inhalt: YouTube

Dieser Artikel wird an dieser Stelle durch einen externen Inhalt von YouTube bereichert, den unsere Redaktion ausgewählt hat. Bevor wir diesen Inhalt anzeigen, benötigen wir Ihre Einwilligung. Natürlich können Sie das Element eigenhändig wieder deaktivieren oder Ihre Cookies löschen.

4,4 Millionen Deutsche fuhren 2018 mindestens fünf Tage zum Campen

Doch Dachzelte „sind jetzt wieder stark im Kommen“, sagt Michael Krämer, Chef der Firma Campwerk, deutscher Marktführer bei Dachzelten und Faltcaravans (Wohnwagen, die man auf einem Anhänger wie ein Zelt aufbaut). Die Bochumer erzielen seit Jahren rasante Zuwächse beim Verkauf. Krämer: „2019 dürfte ein Plus von 30 Prozent drin sein.“

Reichlich Grund für Optimismus gibt es. Im letzten Jahr unternahmen die Deutschen 4,4 Millionen Camping-Urlaube über mindestens fünf Tage, die beliebten Kurztripps etwa übers Wochenende nicht eingerechnet. Tendenz steigend. Denn immer mehr Bundesbürger möchten die Welt auf vier Rädern erobern – und das Hotel stets dabeihaben. Ob Dachzelt, Caravan oder Wohnmobil: Die deutschen Firmen setzten 2018 mit dem Verkauf von Fahrzeugen und Zubehör wie Zelten laut Caravaning Industrie Verband 11,2 Milliarden Euro um – Rekord!

Auch Wohnkabinen, die auf der Pritsche eines Geländewagens Platz finden, sind gefragt. Die Nachfrage sei historisch gut, sagt Peter Tischer, Chef des Herstellers Tischer Freizeitfahrzeuge im bayerischen Kreuzwertheim. Die Modelle kosten 23.000 Euro aufwärts.

Die Dachzelt-Fans treffen sich alljährlich zu einem Festival

Dachzelte sind da ein Gegenentwurf. Die sind schon ab gut 1.000 Euro zu haben und lassen sich flotter aufbauen als ein normales Zelt. Was in der Fan-Szene derzeit abgeht, zeigt das „Dachzelt Festival“, das der Dauer-Camper Vogel mit seinem Team organisiert.

Kamen bei der Premiere im Jahr 2017 nur 180 Dachzelter, sollen in diesem Frühjahr bis zu 3.000 Fans zu dem Treffen fahren, das diesmal bei Nürnberg stattfindet.

Danach erfüllt sich Vogel einen Kindheitstraum: Er fährt von Feuerland an der Südspitze Südamerikas bis nach Alaska. Mit einem VW Käfer und Dachzelt. „Ich möchte wissen, wie weit ich mich noch reduzieren kann.“

Wenn er nach seinem Amerika-Abenteuer wieder in seinen Kombi steigt, wird ihm der Wagen wie ein Raumwunder erscheinen …