Karlsruhe. „Milch macht müde Männer munter.“ Oder: „Die Milch macht’s“ – so pries früher die Werbung in Deutschland die weiße Flüssigkeit an. Und so manches Kind musste lernen, dass es nur groß und stark wird, wenn es reichlich Milch trinkt. Zweifel daran, dass sie gesund ist, hatte früher kaum einer. Heute dagegen meiden zahlreiche Menschen Kuhmilch - weil sie dieses Lebensmittel nicht vertragen. Oder einfach nur Angst vor angeblichen Gesundheitsrisiken haben.

„Man kann kaum glauben, wie negativ Kuhmilch heute vielfach gesehen wird“, sagt Professor Bernhard Watzl. „Da wird oft Unsinn verbreitet“, so der Leiter des Instituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max-Rubner-Institut in Karlsruhe. „Aus allen seriösen Studien, die uns vorliegen, lässt sich klar sagen - Milch ist gesund“, so der Experte. „Sie enthält viele Proteine, B-Vitamine sowie Kalzium.“

Das weiße Getränk kann den Blutdruck senken – und vieles mehr für die Gesundheit tun

Schon unsere Vorfahren sagten der Milch eine medizinische Kraft nach: Im Mittelalter verwendete man das Getränk als vielseitiges Arzneimittel, insbesondere bei Fieber, Asthma, Husten und Entzündungen. Inzwischen haben sich zahlreiche Wissenschaftler mit der Wirkung von Milch beschäftigt: „Verschiedene Analysen deuten darauf hin, dass das Risiko sowohl für Bluthochdruck als auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes bei einem höheren Milchkonsum leicht verringert ist“, so Watzl. Milch sei zudem wegen des hohen Gehalts an Kalzium gut für die Knochen. Aber: „Wichtig ist, dass man bis zum 30. Lebensjahr genug davon trinkt. Nur so tut man etwas für seine Knochenstabilität, auch im Alter.“

Aber auch hier gilt: Die Menge macht’s

Der Konsum von Milch könne sogar das Krebsrisiko senken. Ein erhöhter Genuss gehe mit einem leicht verringerten Risiko für Dickdarmkrebs einher. „Männer jedoch, die täglich mehr als 1,2 Liter trinken, müssen mit einem größeren Prostatakrebs-Risiko rechnen.“ Also auch hier gilt: Die Menge macht’s.

Der Pro-Kopf-Konsum der Deutschen beträgt pro Tag 140 Gramm, dazu kommen 100 Gramm Milchprodukte wie Käse und Joghurt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, Milchprodukte täglich zu verzehren, ohne konkrete Mengen zu nennen.

63.000 Milcherzeuger mit insgesamt 4,1 Millionen Kühen gibt es in Deutschland

Insgesamt trinken die Deutschen 4,2 Milliarden Liter Milch jährlich. Bundesweit gab es letztes Jahr fast 63.000 Milcherzeuger mit 4,1 Millionen Kühen. 158 Molkereien verarbeiteten die angelieferte Rohmilch zu Trinkmilch, Käse, Sahne und Co. weiter.

Allerdings ist Kuhmilch nicht für jeden gut, räumt Watzl ein. Menschen mit einer Laktose-Unverträglichkeit sollten sie meiden; das Gleiche gelte bei einer Kuhmilchallergie: „Man muss nicht Kuhmilch trinken, um sich ausgewogen zu ernähren.“

Ersatz gebe es genug. Der Markt schwappt heute vor Alternativen über: Mandel-, Hafer-, Soja-, Kokos-, Schaf-, Ziegen-, Büffel- oder laktosefreie Milch. Sogar Kamelmilch gibt es zu kaufen: zwölf Dosen direkt aus Dubai, für schlappe 29,90 Euro.