Berlin. Designertaschen und Luxusuhren für wenige Euro, von fliegenden Händlern an tropischen Stränden angeboten – klar dass es sich dabei um gefakten Ramsch handelt. Doch wer hier in Deutschland teure Markenprodukte kauft, der erwartet eher das Original und keine Kopie. „Beim Einkauf im stationären Handel ist das Risiko eher gering, häufiger werden Produktfälschungen über das Internet vertrieben“, sagt Peter Gretenkord, Rechtsreferent beim Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie e. V. (APM).
Das ist kein kleines Problem: Allein in Deutschland wurden im Jahr 2015 nach Angaben des Zolls über vier Millionen gefälschte Produkte im Wert von über 130 Millionen Euro beschlagnahmt, EU-weit waren es nach Angaben der europäischen Kommission fast 41 Millionen Produkte im Wert von rund 642 Millionen Euro. „Die Gewinnspannen sind teilweise größer als beim Drogenhandel. Dazu kommt der vergleichsweise geringe Fahndungsdruck. Das macht Markenpiraterie so attraktiv für Kriminelle“, so der Experte.
Gefälscht wird praktisch alles, was einen bekannten Markennamen hat, besonders gerne Klamotten, Turnschuhe, Sonnenbrillen, Handtaschen, Schmuck, Uhren und Ähnliches. Auch bei Maschinen, Werkzeugen und Handys sowie Kosmetik und Medikamenten sind viele Imitate im Umlauf. Dabei handelt es sich keineswegs nur um Luxusprodukte: Selbst Pfennigartikel wie beispielsweise Dübel oder sogar Zahnbürsten werden hemmungslos nachgemacht. „Markenpiraterie betrifft praktisch jede Branche“, sagt Gretenkord.
Original und Fälschung unterscheiden
Auf dem Bild im Internet sieht das Produkt natürlich gut aus. Doch in der Realität sind die Kopien oft auf den ersten Blick zu erkennen – etwa an billigem Material, mieser Verarbeitung, klapprigen Scharnieren, schlampigen Nähten, hakelnden Reißverschlüssen oder verrutschten Logos und Aufdrucken. „Viele Imitate sind derartig übel gemacht, dass niemand auf die Idee kommen würde, ein hochwertiges Markenprodukt in der Hand zu halten. Allerdings werden die Fälschungen immer besser. Es wird also schwieriger, die Kopien zu erkennen“, so der Experte.
Worauf man im Einzelfall achten muss, hängt natürlich auch vom Produkt ab. Manche Hersteller geben auf ihren Webseiten entsprechende Hinweise, woran man Originalware erkennen kann – beispielsweise der Audiotechnikproduzent Sennheiser, das Kosmetikunternehmen MAC oder der Luxuswarenhersteller Louis Vuitton.
Häufig – etwa bei Merchandisingprodukten, Spielzeug, Sportartikeln oder Bekleidung – sind die Waren auch mit speziellen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet. Dazu zählen mitunter Hologramme, die bei den Fälschungen fehlen. Einige Hersteller, beispielsweise von Weinen und Spirituosen, bieten sogar eigene Apps an, die anzeigen, ob es sich um ein Originalprodukt handelt, wenn man mit dem Handy den QR-Code oder den Barcode scannt. Gelegentlich kann man sich auch beim Hersteller registrieren und Fakes über die Seriennummer des Produktes entlarven.
Gefährlicher schöner Schein
„Das äußere Erscheinungsbild ist manchmal verblüffend gut gemacht. Doch bei der Qualität wird natürlich gespart“, so Gretenkord. Dann haben teuere Laufschuhe keinerlei Dämpfung, angebliche Luxuskopfhörer haben alles andere als einen kristallklaren Klang. Das ist im besten Fall teuer und ärgerlich, im schlimmsten Fall sogar lebensgefährlich: giftige Farben in Klamotten, Sonnenbrillen ohne UV-Schutz, Kosmetik und Medikamente mit gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen, schrottige Bremsbeläge, die zu gefährlichen Unfällen führen.
„Die Fälscher sind völlig skrupellos, häufig handelt es sich um organisierte kriminelle Banden. Die gleichen Strukturen werden oft auch für den Drogenhandel, die Prostitution oder Waffengeschäfte genutzt“, so der Experte.
Aufpassen schützt
Wie so oft ist auch bei Produktpiraterie vorbeugen besser als heilen. Alle Alarmglocken sollten klingeln, wenn Markenprodukte weit unter dem üblichen Preis angeboten werden. Dann handelt es sich mit der allergrößten Wahrscheinlichkeit um Fälschungen. Denn auch im Internet hat niemand etwas zu verschenken. „Allerdings gibt es auch Fälschungen, die zum normalen Preis angeboten werden“, erklärt Gretenkord.
Selbstverständlich sollte man beim Online-Shopping sowieso nur bei seriösen Händlern kaufen und nicht bei irgendwelchen ominösen Anbietern ohne Impressum, die irgendwo im Ausland sitzen. „Inzwischen werden aber auch die Webshops der Fälscher immer besser und wirken oft sehr professionell“, so der Experte.
Sogar bei absolut seriösen Anbietern kann man manchmal in die Falle geraten – weil der Shopbetreiber unwissentlich Fake-Ware eingekauft hat. Selbst wenn man direkt beim Hersteller bestellen will, muss man aufpassen: „Sehr häufig werden nicht nur die Produkte, sondern auch der Internetauftritt der betreffenden Marke gleich mit kopiert“, sagt Gretenkord. Man sollte also genau kontrollieren, ob es sich wirklich um die Seite des Herstellers handelt oder ob man nicht doch versehentlich irgendwo anders gelandet ist.
Also: Recherche im Internet nach der korrekten Adresse des Herstellers, Überprüfung des gesamten Internetauftritts (Impressum et cetera) auf Unstimmigkeiten – und vor der Eingabe von Daten ein Blick in die Adresszeile im Browser, ob man sich immer noch auf der richtigen Seite befindet.
Geld ist oft weg
Fälschungen sind natürlich ganz klar mangelhafte Produkte. Ist man trotz aller Vorsicht hereingefallen, kann man also reklamieren beziehungsweise das Widerrufsrecht ausüben. Seriöse Shops werden in solchen Fällen selbstverständlich die Ware zurücknehmen und den Betrag zurückbuchen. In der Praxis ist das Geld jedoch meist weg, denn die meisten Anbieter sind kriminell und erstatten im Ernstfall nichts.
Häufig kann man sich das Geld dann aber noch über die Kreditkartenfirma zurückholen. Außerdem kann es sinnvoll sein, den Hersteller zu informieren und Anzeige bei der Polizei zu erstatten.