Düsseldorf. Weiterbildung hat Hochkonjunktur. Doch wie lernt man am besten so, dass der neue Stoff im Gedächtnis bleibt? Um das herauszufinden, hat die Vodafone-Stiftung bundesweit über 10.000 Beschäftigte unterschiedlicher Branchen befragt. Die Ergebnisse sind so etwas wie eine Gebrauchsanweisung fürs lebenslange Lernen. Im Interview mit aktiv gibt die Studienleiterin Johanna Börsch-Supan hilfreiche Hinweise.
Lebenslanges Lernen ist im Zeitalter der Digitalisierung wichtiger denn je – stimmt das?
Eindeutig ja. Die Arbeitswelt war schon immer im steten Wandel. Aber durch die Digitalisierung entwickeln sich neue Technologien immer schneller. Dadurch wird es schwieriger, vorauszusagen, welches Wissen und welche konkreten Kompetenzen künftig am Arbeitsmarkt gefragt sein werden. Umso wichtiger ist es, grundlegende Fähigkeiten wie Kreativität, Flexibilität, problemlösendes Denken und eben das selbstgesteuerte Lernen zu stärken – und zwar über alle Phasen des Berufslebens hinweg.
Lernen – das hört sich erst mal nach Arbeit an. Wie überwindet man den inneren Schweinehund, der lieber etwas anderes macht?
Die gute Nachricht ist: Über die Hälfte unserer Befragten bildet sich weiter, weil es ihnen Spaß macht. So viel Schweinehund ist da also gar nicht. Wichtig ist auch ein ruhiger Lernort ohne Ablenkung. Dazu gehört, E-Mail und Telefon auszuschalten - und dies am besten auch den Kolleginnen und Kollegen zu sagen, sodass die Lernzeit respektiert wird. Ganz gleich, ob man am Schreibtisch lernt oder bei einem Workshop.
Und wie steigert man sein Durchhaltevermögen und seinen Lernerfolg?
Schon vor dem Lernen sollte man sich fragen, wie bei jeder anderen Aufgabe auch: Warum tue ich das eigentlich und wie gehe ich jetzt genau vor? Sinnvoll ist es, größere Lernvorhaben in kürzere, sinnvolle Lernabschnitte einzuteilen. Deren Ergebnisse bilden dann Zwischenziele. Manchen hilft es zudem, sich kleine Belohnungen für das Erreichen von Lernzielen zu gönnen. Auch sollte man überlegen, wie man neu gewonnene Fähigkeiten und Wissen im Arbeitsalltag einsetzen und praktisch erproben kann.
Was können Führungskräfte tun, um die Lern-Begeisterung ihrer Mitarbeiter zu fördern?
Zunächst ist es wichtig, dass sie Mitarbeitenden den Rücken freihalten für ungestörtes Lernen. Dann kommt es darauf an, dass Mitarbeitende neue und angepasste Aufgaben zugeteilt bekommen, damit das Gelernte auch Anwendung findet und sich praktisch vertieft. Dabei sollten auch mal Fehler erlaubt sein. Förderlich ist es außerdem, wenn im Team - also am Arbeitsplatz - voneinander gelernt wird. Das sollten Führungskräfte unterstützen. Und sie dürfen das Loben natürlich nicht vergessen!
Wie viel Lob ist denn gut?
Das hängt nicht zuletzt vom einzelnen Mitarbeiter ab. Insbesondere Frauen und Jüngere erhoffen sich für ihre Lernleistung Lob und Anerkennung. Doch alle Mitarbeitenden möchten als qualifiziert wahrgenommen werden. Lob ist also eine einfache, ganz kostenfreie Art und Weise, Lernmotivation zu steigern. Grundsätzlich gilt natürlich: Feedback und Anerkennung erhält eher, wer neue Fähigkeiten aktiv einbringt.
Wie lernt es sich besser: allein oder in der Gruppe?
Das ist pauschal schwer zu sagen. Jeder Mensch lernt anders – einige durch Beobachten anderer, einige durch praktisches Aus- und Herumprobieren, wieder andere durch eigenständige Recherche. Unsere Befragung zeigt da drei charakteristische Lern-Typen, Nachdenker, Aktivisten und Beobachter.
Immer mehr Weiterbildungen finden am Computer statt. Ist das sinnvoll?
Viele Befragte sehen Vorteile in Weiterbildungen am Computer. So kann man sich oft die Zeit selbst einteilen, wann und über welchen Zeitraum man einen Kurs durchläuft. Jüngere Mitarbeitende würden gerne noch mehr per Computer lernen, Ältere eher nicht. Interessant dabei: Jüngere sind zwar wesentlich fitter in der Bedienung von IT-Geräten. Ältere weisen dafür eine höhere Kompetenz auf, digitale Informationen kritisch zu hinterfragen. Also bieten sich Lerntandems an, in denen Kollegen und Kolleginnen mit unterschiedlichen Stärken voneinander profitieren.
Jeder lernt anders
Wer bin ich? Erkenntnisse zu dieser Frage helfen, das eigene Lernverhalten zu verbessern. Die Vodafone-Stiftung hat drei „Lerntypen“ ausgemacht.
NACHDENKER zeichnen sich durch analytisches Denken aus. Um zu verstehen, wie Dinge funktionieren, sammeln sie gern erst Fakten und Infos zu neuen Lerngegenständen.
Lerntipp: Am Anfang eines Lernprozesses trägt das individuelle Auseinandersetzen mit dem Lernstoff zum Wohlbefinden bei – etwa vor Gruppenarbeiten. Nützlich ist für Nachdenker zudem eine strukturierte Vorgehensweise.
AKTIVISTEN sind praktisch orientiert und experimentierfreudig. Sie lernen am liebsten durch (eigene) Erfahrung, etwa mit Lerngegenständen oder beim Bearbeiten von Fallstudien.
Lerntipp: Je erlebnisreicher das Lernen gestaltet ist, desto mehr Freude entsteht. Im Nachgang zum Lernen sollten Erkenntnisse aus den dabei gemachten Erfahrungen abgeleitet werden – für kommende Gelegenheiten.
BEOBACHTER sind zurückhaltend, vorsichtig und bevorzugen es, anderen erst mal bei theoretischen Übungen oder beim praktischen Tun zuzusehen.
Lerntipp: Sich vorsichtig den Themen anzunähern, bewerten andere manchmal als Desinteresse. Wichtig ist es deshalb, sein Gegenüber auf den bevorzugten Lernstil hinzuweisen und geeignete Beobachtungsmöglichkeiten zu finden.
Fakten zur Weiterbildung
- Unternehmen vorn: Besonders gute Karten in Sachen Weiterbildung haben Beschäftigte in der Industrie. Denn die Unternehmen sind der mit Abstand größte Weiterbildungsanbieter in Deutschland. Dies belegt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Dafür investieren die Betriebe pro Jahr 33,5 Milliarden Euro – fast das Doppelte des Haushalts des Bundesbildungsministeriums. Zudem wissen die Unternehmen natürlich am besten, worauf es bei der Qualifizierung fürs Berufsleben ankommt.
- Neuer Höchststand: Mehr als die Hälfte aller Erwachsenen hierzulande hat im vergangenen Jahr mindestens einen Lehrgang gemacht – ein neuer Höchstwert. Das zeigt eine Umfrage des Bundesforschungsministeriums.