Berlin/München. Radiologe, Orthopäde oder auch der Augenarzt: Wer einen Termin beim Facharzt will, braucht Geduld. „Wir hätten da in zwei Monaten wieder was frei“, heißt es vielerorts in überfüllten Praxen. Selbst als Patient mit akuten Beschwerden wählt man sich die Finger wund.

Terminservicestellen: Ab 2020 Bereitschaftsdienst rund um die Uhr

Das neue Terminservice- und Versorgungsgesetz soll die Terminvergabe für gesetzlich Versicherte ab sofort beschleunigen. Dazu werden die bereits bestehenden Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen ausgebaut. Spätestens ab Januar 2020 sollen sie bundesweit 24 Stunden an 7 Tagen pro Woche unter der Telefonnummer 116117 des ärztlichen Bereitschaftsdienstes erreichbar sein (bisher läuft der Service nach Bundesländern getrennt, eine Liste findet sich unter bundesgesundheitsministerium.de/terminservicestellen).

Damit es schneller geht: Gesetz schreibt mehr Sprechstunden vor

Parallel dazu wird per Verordnung die Anzahl der Sprechstunden erhöht, die niedergelassene Ärzte anbieten müssen: Auf mindestens 25 Stunden pro Woche. Und auf dem Land, wo es nach wie vor zu wenig Ärzte gibt, werden die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, eigene Praxen oder mobile und telemedizinische Alternativen zur Versorgung der Patienten anzubieten.

Die Idee mit dem Terminservice ist nicht neu. Gesetzliche Krankenkassen haben ihn seit Jahren für ihre Versicherten im Angebot – damit durch unnötige Warterei nicht wertvolle Zeit für die Behandlung verstreicht. „Diese Lösung wird es auch weiterhin geben“, bestätigt Stephan Mayer, Sprecher der Techniker Krankenkasse (TK), mit rund zehn Millionen Versicherten die größte gesetzliche Kasse in Deutschland. 

„Wir führen unseren Service parallel weiter, er ist etabliert und funktioniert gut“, so Mayer. Schließlich erhielten im Schnitt 80 Prozent der Versicherten einen Termin nach ihren Wünschen.

Terminservice ist gefragt, besonders, um Termine beim Facharzt zu vereinbaren

Aktuell wenden sich monatlich rund 8.500 Versicherte an die TK und suchen Unterstützung beim Zugang vor allem zu Fachärzten. Dermatologen und Radiologen werden am häufigsten gesucht, gefolgt vom Neurologen, Augenärzten und Orthopäden. Alles gefragte Spezialisten. „Wir bleiben dran, bis es klappt“, verspricht die Kasse.

Das Geheimnis der hohen Trefferquote? Die medizinisch geschulten Mitarbeiter suchen systematisch in einer bundesweiten Arztdatenbank. Die bietet mehr als das Telefonbuch. „Unsere Mitarbeiter kennen die entscheidenden Daten der Praxen und wissen, wann man sie am besten erreicht“, so Mayer. „Und eine Spur Hartnäckigkeit ist manchmal auch erforderlich.“

Die Kasse fragt zudem vorab Krankheiten sowie Voruntersuchungen und bisher an der Behandlung beteiligte Ärzte ab. So kommt der Patient optimal vorbereitet ins Wartezimmer. Einzig Psychotherapeuten vermittelt die TK bisher noch nicht, da diese häufig ihre Patienten vorher kennenlernen möchten.

Experte rät: Planbare Termine frühzeitig vereinbaren

„Man muss nicht als Bittsteller auftreten.“ Darauf weist Mayer die gesetzlich Versicherten hin. Immerhin stehe diese Patientengruppe für drei Viertel der Einnahmen der Ärzte. Allerdings: In manchen Fällen erwarteten Versicherte auch zu viel von dem eigentlich gut funktionierenden System. „Wer im August eine Fernreise für Weihnachten bucht, kann auch schon im Oktober oder November zum Impfen gehen – und nicht erst in der vierten Adventswoche, wenn er zum Start der Grippezeit auf volle Wartezimmer trifft.“

Lieber zum Notdienst als in die Notfallambulanz

In die Notfallambulanz im Krankenhaus auszuweichen sei übrigens keine gute Lösung, wenn einem das Wartezimmer beim Arzt zu voll sei, so Mayer weiter. Erstens gebe es dort ebenfalls lange Wartezeiten, und zweitens sollten diese Stellen für die wirklichen Notfälle freigehalten werden. „Wer denkt, er kommt im Krankenhaus schneller dran, weil da rund um die Uhr viele Ärzte sind, der irrt sich ganz gewaltig.“ Der TK-Sprecher rät: Außerhalb der regulären Praxis-Sprechzeiten besser den ärztlichen Notdienst unter 116 117 anzurufen. Dort erfährt man, welcher Arzt gerade in der Nähe Dienst hat. Auch andere große gesetzliche Kassen bieten einen Dienst zur Vereinbarung von Arztterminen an, online oder am Telefon.

Alle großen Krankenkassen haben Terminservicestellen

Die Barmer Ersatzkasse etwa hat einen solchen Service eingerichtet. Mit dem Wartezeiten-Management erhalten gut zwei Drittel aller Hilfesuchenden innerhalb von drei Wochen einen Termin. Der Service hilft rund um die Uhr, auch am Wochenende und lässt sich mit der „Teledoctor“-App der Kasse auch von unterwegs aufrufen.

Auch die DAK hat eine Service-Hotline für Arzttermine geschaltet, die unter der Telefonnummer 040 325 325 845 erreichbar ist, bundesweit zum Ortstarif. Dort werden Deutsch sowie 21 Fremdsprachen gesprochen. Auf Wunsch wird man in seiner Muttersprache zurückgerufen.

Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKs) sind in Sachen Terminservice unterschiedlich aufgestellt. Einige der elf selbstständigen Gesellschaften im Bundesgebiet haben den Dienst im Programm. Beispielsweise die AOK Rheinland/Hamburg: Hier können sich Versicherte über eine Hotline melden. Mitarbeiter der Kasse hängen sich ans Telefon und organisieren den frühestmöglichen Termin beim Spezialisten.

Alternative zur Terminservicestelle: Den Hausarzt fragen

Wer nicht warten will oder kann, hat noch eine weitere Möglichkeit, die Terminsuche zu beschleunigen. Manchmal hilft es, den Hausarzt um Unterstützung zu bitten, so ein Tipp der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland. Dann läuft die Anfrage von Kollege zu Kollege. Und der kann die Dringlichkeit der Behandlung beim Spezialisten vielfach besser begründen als der Patient selbst.

Wenn‘s dringend ist, machen sich also gleich mehrere Stellen dran, zu helfen. Das spricht sich auch in der Ärzteschaft herum. „Wird ein Patient von der Arzthelferin abgewiesen, weiß der Arzt, es könnte in ein, zwei Stunden der Anruf vom Termindienst der Krankenkasse oder der jeweiligen KV kommen“, so Mayer, „dann setzt er den Patienten lieber gleich auf die Behandlungsliste.“

Übrigens: Eine Änderung, die das Terminservice- und Versorgungsgesetzes ebenfalls mit sich bringt, betrifft den „gelben Zettel“. Die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen sollen ab 2021 von den behandelnden Ärzten an die Krankenkassen nur noch digital übermittelt werden. Das spart Porto und Papierkram.