Natürlich wünscht sich niemand, im Urlaub krank zu werden oder sich zu verletzen. Doch für den Fall der Fälle sollten Reisende gewappnet sein und richtig reagieren. Wir erklären die wichtigsten Schritte.

Vorher an Impfungen und Reise-Apotheke denken

Besondere Impfungen sind vor allem in exotischen Ländern gefordert. Das Auswärtige Amt veröffentlicht auf seiner Website unter der Rubrik „Reise und Sicherheit“ medizinische Hinweise für jedes Land. Wichtig ist, dass der Impfschutz rechtzeitig vor Reiseantritt auf den aktuellen Stand gebracht wird. Wer sich erst vor Ort impfen lässt, bleibt in der Regel auf den Kosten sitzen und geht ein gesundheitliches Risiko ein: „Das wird keine Krankenkasse übernehmen, weil der Impfschutz dann noch nicht eingetreten ist“, sagt Karolina Wojtal, Juristin beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland.

In jeden Urlaubskoffer gehört zudem eine Reiseapotheke mit den wichtigsten Hilfsmitteln für kleinere Beschwerden. Ratsam sind zum Beispiel Medikamente gegen Durchfall und Desinfektionsmittel. Chronisch Kranke sollten ausreichend Medikamente mitnehmen. „Aber sie sollten bei Flugreisen niemals in das Aufgabe-Gepäck gegeben, sondern immer im Handgepäck mitgenommen werden“, sagt Wojtal. Denn ein Koffer kann verloren gehen oder verspätet am Zielort ankommen. Eigentlich dürfen im Handgepäck nur maximal 100 Milliliter Flüssigkeit mitgeführt werden, doch für wichtige Medikamente gibt es Ausnahmen. Wojtal empfiehlt jedoch einen Begleitschein vom Arzt, in dem dieser beschreibt, was sich im Behälter befindet und dass das Medikament unverzichtbar ist.

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Brauche ich eine private Auslands-Krankenversicherung?

Wojtal empfiehlt eine solche Versicherung für alle Auslandsreisen: „Denn die gesetzliche Krankenkasse übernimmt nur notwendige Behandlungen und Sachleistungen, die sie auch in Deutschland übernehmen würde.“ Werden im Ausland Behandlungen vorgenommen, die nicht im Leistungskatalog der Kasse enthalten sind, oder steht ein aufwendiger Krankentransport nach Deutschland an, müsse der Patient dafür selbst zahlen. Doch eine private Auslands-Krankenversicherung übernimmt in der Regel jene Kosten, die von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen abgelehnt werden. Selbst gute Produkte seien teils schon für 20 Euro pro Jahr zu haben, sagt Wojtal.

Wichtig sei die Auslands-Krankenversicherung vor allem für den Rücktransport. Hubschrauber-Flüge könnten pro Flugminute mit mehreren Hundert Euro zu Buche schlagen. „Auch wenn die Bergwacht mit mehreren Leuten anrückt, wird es teuer.“ Exklusivere Policen umfassten auch die Reisekostenübernahme für Begleitpersonen. Das kann wichtig werden, wenn etwa der einzige Fahrer ins Krankenhaus muss und Mitreisende ohne ihn nicht mobil sind: „Das ist ein wichtiger Punkt, gerade wenn man mit Familie reist.“

Wojtal rät zu Produkten, die den Rücktransport nicht nur abdecken, wenn es medizinisch sinnvoll ist, sondern auch, wenn der Patient es möchte. Oft gebe es Klauseln, wonach die Behandlung komplett im Ausland beendet werden muss, sobald der Standard des Krankenhauses dem eines deutschen ähnelt. „Wenn es eine langwierige Krankheit ist, ist man dann lange und dauerhaft von den Angehörigen getrennt.“

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Wozu brauche ich eine Europäische Krankenversicherungs-Karte (EHIC)?

Ärzte und Krankenhäuser im europäischen Ausland rechnen meistens direkt mit der deutschen Krankenkasse ab, wobei es laut Wojtal immer Ausnahmen geben kann. Voraussetzung für die direkte Abrechnung ist die Europäische Krankenversicherungs-Karte (EHIC), die sich auf der Rückseite der elektronischen Patienten-Karte befindet und einen Anspruch auf medizinisch notwendige Behandlungen umfasst. Wer die EHIC-Karte nicht hat, sollte sie vor Reiseantritt bei der Krankenkasse beantragen. Sonst muss der Patient die Behandlungskosten vorstrecken und kann sie erst anschließend mit der Krankenkasse abrechnen.

Die EHIC-Karte gilt jedoch nur für Ärzte und Krankenhäuser des öffentlichen Sektors, nicht für private Gesundheits-Dienstleister. Akzeptiert wird sie in den 28 Ländern der Europäischen Union sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. In Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Tunesien, der Türkei, Israel und Marokko gibt es immerhin eine Chance, dass die Karte angenommen wird. In anderen Ländern heißt es in jedem Fall: in Vorleistung gehen. Ob die gesetzliche Krankenkasse am Ende die Behandlungskosten übernimmt, hängt vom Einzelfall ab.

Beispielsweise in den USA ist dies nicht der Fall, denn: Mit diesem Land hat Deutschland kein Sozialversicherungs-Abkommen im Gesundheitssektor abgeschlossen. Wer in die USA also ohne eine private Auslands-Krankenversicherung reist, bleibt auf allen Gesundheitskosten sitzen. Und die können gerade dort horrend ausfallen. Urlaubsreisende sollten beim Abschluss einer Police aber darauf achten, dass sie ausdrücklich das jeweilige Land einschließt, rät Wojtal. Nähere Informationen, welcher Versicherungsschutz in welchem Land wichtig ist, liefert ebenfalls das Auswärtige Amt auf seiner Website.

Was ist, wenn ich keine private Auslands-Krankenversicherung bekomme?

Bekommt der Urlauber nachweislich keine private Auslands-Krankenversicherung – etwa wegen Vorerkrankungen oder zu hohen Alters – springt die gesetzliche Krankenkasse in Ausnahmefällen doch ein. Ann Marini, Sprecherin des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), weist jedoch darauf hin, dass diese besondere Situation unbedingt vorher mit der Krankenkasse abgesprochen werden muss.

Was tun bei einem medizinischen Notfall am Urlaubsort?

Auch im Ausland heißt es: Erst zum Arzt oder ins Krankenhaus, dann erst die Krankenkasse einschalten. In den meisten Ländern der Europäischen Union gilt wie in Deutschland die Notrufnummer 112, über die der Rettungsdienst gerufen werden kann. Zudem hat das Auswärtige Amt eine 24 Stunden besetzte Telefonzentrale für Notfälle im Ausland (030/18170) eingerichtet. Hier können die Kontaktdaten zu wichtigen Ansprechpartnern vor Ort erfragt werden.

Sinnvoll ist es, sich vor der Reise die Telefonnummer der zuständigen deutschen Botschaft zu notieren. Denn auch die Auslandsvertretungen helfen im Notfall weiter, stellen zum Beispiel Listen mit Ärzten und Krankenhäusern zur Verfügung oder geben Kontakte zu Dolmetschern weiter. Auch manche private Krankenversicherungen bieten Listen mit Ärzten oder Krankenhäusern.

Wie beuge ich Verständigungsproblemen mit dem Arzt vor?

Ein Wörterbuch in der Landessprache kann nicht schaden, um dem Arzt Beschwerden besser erklären zu können. „Oft helfen bei der Verständigung auch Englisch-Kenntnisse“, sagt Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland. Große Hotels hätten meist eigene Ärzte, die Englisch sprächen. Manche deutsche Auslandsvertretungen können auch mit Kontakten speziell zu deutschsprachigen Ärzten aushelfen. Chronisch Kranke mit akuten Problemen sind gut beraten, wenn sie eine Diagnose des deutschen Hausarzts inklusive eines Behandlungsplans vorlegen können, möglichst auf Englisch. Überflüssige Untersuchungen und Missverständnisse vor Ort könnten so vermieden werden, sagt Wojtal.

Gehen ihnen im Urlaub die Medikamente aus, sollten chronisch Kranke zudem nicht nur die Namen ihrer Medizin kennen, sondern vor allem die Bezeichnung des Wirkstoffs, so die Juristin: „Denn oft haben Medikamente in anderen Ländern andere Namen und sind anders zusammengesetzt.“ Rezepte aus Deutschland im Ausland einzulösen, sei deshalb nicht ohne Weiteres möglich. Die einzige Möglichkeit, an verschreibungspflichtige Medikamente zu kommen, sei dann eine ärztliche Untersuchung.

Was kann ich gegen überteuerte Behandlungskosten tun?

Selbst erkennen kann dies der Patient kaum. Eine private Auslands-Krankenversicherung könne hier aber einen gewissen Schutz bieten, sagt Expertin Wojtal. „Im Notfall sollte man schnell die private Versicherung anrufen und informieren“, sagt sie. Gute Anbieter besprächen dann mit dem behandelnden Arzt den Behandlungsplan und würden bei den Kosten auch verhandeln. Für die schnelle Erreichbarkeit sollte die Versicherung eine 24-Stunden-Hotline enthalten – und natürlich die Übernahme aller Kosten garantieren, die die gesetzliche Versicherung nicht trägt.

Spielen Vorerkrankungen eine Rolle bei der Kostenübernahme?

Chronisch Kranke und Schwangere sind über die oben näher beschriebene EHIC-Karte abgesichert. Sogar eine Entbindung im Ausland werde übernommen, sagt Wojtal. Aber bestimmte Vorerkrankungen können auf Reisen durchaus zu bösen Überraschungen führen. Wer etwa vier Wochen vor dem Urlaub wegen eines Bandscheibenvorfalls in Behandlung war und im Ausland eine Folgebehandlung braucht, bleibt unter Umständen auf Behandlungskosten sitzen.

„Man darf das Risiko nicht erhöhen, die Versicherungen sind nur für akute Behandlungen im Ausland gedacht“, sagt Wojtal. Sonst wären dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Urlauber könnten ihren Trip etwa dazu nutzen, sich gezielt eine bessere Behandlung als in Deutschland zu erschleichen. Über Vorerkrankungen sollten die Versicherungen vor Reiseantritt deshalb in Kenntnis gesetzt und um Zustimmung für eine Reise gefragt werden, rät die Expertin.

Wie und wann muss ich die Arztrechnung bezahlen?

Der Idealfall ist, dass der Arzt oder das Krankenhaus vor Ort über die EHIC-Karte direkt mit der deutschen Krankenkasse abrechnen. Geschieht dies nicht, muss der Patient in Vorleistung gehen und entweder bar oder per Kredit- beziehungsweise EC-Karte zahlen. Ist der Patient nur über eine private Auslands-Krankenversicherung abgesichert, kommt es laut Wojtal auf den Anbieter an, ob er direkt mit dem behandelnden Arzt abrechnet oder vom Kunden verlangt, in Vorleistung zu gehen. „Es ist also wichtig, die Versicherung so früh wie möglich über den Notfall zu informieren.“

Wer in Vorleistung treten muss, sollte für die anschließende Abrechnung mit der Krankenkasse darauf achten, eine Rechnung zu bekommen, auf der genau aufgeschlüsselt ist, welche Leistungen in welchem Umfang erbracht wurden. „Am besten sollte man darauf bestehen, dass so etwas vor Ort ausgestellt wird“, so Wojtal. „Denn zu Hause sind Sie nicht mehr in der Lage nachzuvollziehen, was tatsächlich gemacht wurde und was nicht.“ Zurück in Deutschland wird die Rechnung zuerst bei der gesetzlichen Krankenkasse eingereicht. Was sie nicht zahlt, übernimmt idealerweise die private Kasse.

Was passiert mit meinem Urlaubsanspruch?

Wer im Urlaub krank wird, sollte auch schnell seinen Arbeitgeber in Kenntnis setzen. „Die Zeit der Krankheit darf nicht als Urlaub angerechnet werden“, sagt Annette Szegfü, Sprecherin der IG Metall in Frankfurt. Allerdings müsse der Chef sofort per ärztlichem Attest über die Krankschreibung in Kenntnis gesetzt werden. Auf welchem Weg dies am besten passiert, ob per Fax oder E-Mail, muss vorher geklärt werden.

Geplante Behandlungen im Ausland

Manch einer denkt auch gezielt über einen Arzt- oder Krankenhausbesuch im Ausland nach. Denn die privaten Zuzahlungen für Zahnbehandlungen oder Augenlaser-Operationen können günstiger sein als in Deutschland – meistens in südosteuropäischen Ländern. Doch solche Reisen wollen gut vorbereitet und überlegt sein. „Viele lassen sich ausschließlich vom Preis blenden, aber es kann sogar teurer werden“, sagt Wojtal. Reise-, Übersetzungs- und Übernachtungskosten könnten das vermeintliche Schnäppchen zu einer Kostenfalle werden lassen. Dazu kommt: Wer auch für Vor- und Nachuntersuchungen ins Ausland reisen muss, braucht viel Zeit.

Welche Leistungen übernehmen deutsche Krankenkassen?

Generell gilt auch für geplante Behandlungen im Ausland: Die Krankenkassen übernehmen nur das, was sie auch in Deutschland übernehmen würden. Medizinisch nicht notwendige Eingriffe wie Schönheits-Operationen sind Sache des Patienten. Geht dabei etwas schief, muss es der Arzt vor Ort richten. Und jedes Land hat andere Regeln hinsichtlich Gewährleistung und Beanstandung von Gesundheitsleistungen. „Wenn sich aus einer Behandlung im Ausland Folge-Erkrankungen ergeben, sperren sich die Krankenkassen, und sie dürfen das“, so Wojtal. Trotzdem sollte auch in solchen Fällen vorab die Kasse eingeschaltet und geklärt werden, ob sie eventuell anfallende Kosten für Pflegemittel wie etwa Krücken übernimmt.

Bei medizinisch notwendigen Eingriffen muss der Krankenkasse ein detaillierter Heil- und Kostenplan des zuständigen Arztes im Ausland vorgelegt werden. Allerdings auf Deutsch, weshalb teure Übersetzungen drohen. „Meistens handelt es sich um einen Fachtext, der mehr kostet“, sagt Ann Marini, Sprecherin des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Anschließend verlangt die Kasse ebenfalls auf Deutsch eine ausführliche Rechnung, was noch einmal Übersetzungskosten nach sich ziehen kann. Und auch mit dem behandelnden Arzt gilt es oft sprachliche Hürden zu meistern. Unter Umständen muss auch die für die Voruntersuchung notwendige Krankenakte in eine andere Sprache übersetzt werden.

Karolina Wojtal rät, vor einer Auslands-Behandlung die Möglichkeiten in Deutschland gut auszuloten. Denn auch hier gebe es preisliche Unterschiede, die Auslands-Reisen mit all ihren Unwägbarkeiten womöglich gar nicht mehr so attraktiv erscheinen lassen. Patienten sollten immer mehrere Angebote einholen, so die Juristin: „Sie können in Vergleichsportalen Kosten- und Behandlungspläne online stellen, in denen Ärzte dann Angebote abgeben können.“ Wer doch ins Ausland strebt, sollte sich vor allem bei Zahnbehandlungen einen sogenannten Material-Pass ausstellen lassen. Bei Folgebehandlungen in Deutschland weiß der Arzt dann, welche Materialien der Kollege verarbeitet hat.

Alles kann, nichts muss

Ob die Kasse für geplante Auslands-Behandlungen zahlt oder nicht, ist immer eine Einzelfallentscheidung. Sie frühzeitig einzubinden, ist daher Pflicht. Generell gilt, dass deutsche Krankenkassen für Behandlungen im EU-Ausland zahlen und in Ländern, mit denen Deutschland ein Sozialversicherungs-Abkommen abgeschlossen hat. Für Länder wie die USA und Kanada gilt das nicht. Hier übernehmen die deutschen Krankenkassen geplante Behandlungen nur, wenn sie in Deutschland nicht möglich sind.

Es handele sich jedoch um eine Kann-Regelung, sagt Ann Marini: „Die Krankenkasse kann es machen, muss es aber nicht.“ Und noch eine Regelung gibt es für geplante Behandlungen im Ausland: „Man darf sich im Ausland nur von Dienstleistern behandeln lassen, die mit den dortigen gesetzlichen Krankenversicherungen ein Vertragsverhältnis haben“, sagt die Expertin: „Wenn nicht, kann der Heil- und Kostenplan unter Umständen nicht genehmigt werden.“