Asperg/Ludwigsburg. Mit der Virtual-Reality-Brille steht man im Gefängnismuseum auf dem Hohenasperg plötzlich mittendrin in einer Zelle aus dem 19. Jahrhundert. Zum Glück ist’s nur ein Spiel, es geht um mysteriöse Vorfälle, die mit dem Schicksal zweier Gefangener verknüpft sind. Tatsächlich wurden hier über Jahrhunderte hinweg Straftäter eingesperrt. aktiv hat sich hinter die dicken Mauern gewagt.
Demokratenbuckel oder Tränenberg wurde der Hohenasperg genannt. Prominente Gefangene waren etwa der jüdische Hofbankier Joseph Süß Oppenheimer (1698–1738) oder der „Remstalrebell“ Helmut Palmer (1930–2004). Ihre und 21 weitere Häftlingsbiografien erzählt die Dauerausstellung im ehemaligen Arsenalgebäude anhand von Dokumenten und Originalobjekten.
Zeugnisse der Geschichte: Subversiver Puppenherd und schaurige Guillotine
Beeindruckend ist die schwere Kerkertür, hinter der im 18. Jahrhundert der sozialkritische Dichter Christian Schubart das erste von insgesamt zehn Jahren auf dem Asperg verbracht hat. Einen zierlichen Puppenherd hatte der Kommunist Walter Häbich, 1925 und 1932 in Festungshaft, als Versteck für Flugblätter genutzt.
Foltergeräte wird man in den dunklen Museumsräumen vergeblich suchen. Die gibt es, wenige Kilometer entfernt, in Ludwigsburg. 250 Jahre lang, bis 1990, waren im einstigen Zucht-, Arbeits-, Waisen- und Tollhaus Gefangene untergebracht. Heute wird in einem der Gebäude an die Geschichte des Strafvollzugs erinnert.
Unter den mehr als 400 gezeigten Objekten sind ein Prügelbock sowie eine Halsgeige, in der Verurteilte an den Pranger gestellt wurden. Kalte Schauer laufen einem beim Anblick zweier Guillotinen den Rücken hinunter: Noch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden damit Menschen hingerichtet.
Die Gefängniszelle war schon im „Tatort“ zu sehen
Das Strafvollzugsmuseum ist in zwei Bereiche gegliedert. Der historische Teil reicht bis ins Mittelalter zurück. Hier steht auch eine originale Gefängniszelle von 1930. Das aktuelle Gegenstück kommt aus der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim: Die Zelle aus dem Hochhaus war schon im Stuttgarter Tatort „Der rote Schatten“ zu sehen. Die Schatten der Roten Armee Fraktion (RAF) reichen bis in die Ausstellung: So wurde der Mini-Pizzaofen von RAF-Terrorist Jan-Carl Raspe für den Mitgefangenen Andreas Baader aus einer Keksdose gefertigt.
Not macht erfinderisch. Vor allem die Abteilung über den modernen Strafvollzug belegt, welches Geschick Häftlinge an den Tag legen: Sie basteln Tätowiergeräte aus Rasierern, Puppenmöbel aus Dosen oder Ikonen aus Zahnpastatuben. Manche Gegenstände sind erst wenige Wochen alt, wenn sie vom Gefängnis ins Museum gelangen. Die ganz genialen neuen Ideen jedoch – die lagern erst mal im Tresor. Sicher hinter Schloss und Riegel.
Besucher werden gebeten, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Auf dem Hohenasperg sind derzeit nicht alle Bereiche zugänglich, dafür kostet der Eintritt nur die Hälfte.
Mehr Informationen unter:
- Haus der Geschichte Baden-Württemberg: hdgbw.de
- strafvollzugsmuseum-ludwigsburg.de