Köln. Zwar kommt die wahre Schönheit bekanntlich von innen, doch Hand aufs Herz: Wer legt keinen Wert auf ein gesundes Äußeres, einen hübschen neuen Haarschnitt oder makellose Haut? Im Friseursalon, Kosmetik- und Nagelstudio oder im Solarium soll man ja bekanntlich verschönert werden. Doch was, wenn die Haare nicht sitzen oder die Fingernägel nach dem Termin schlimmer aussehen als vorher oder sogar Narben und Co. das Aussehen dauerhaft ruinieren?
Wer, wie und wann Recht bekommt, entscheiden wie immer die genauen Umstände des Einzelfalls. „Grundsätzlich handelt es sich bei Schönheitsbehandlungen um Werkverträge, das Werk ist dann beispielsweise die neue Frisur“, erklärt der Kölner Allgemeinanwalt Harald Rotter, Mitglied im geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Allgemeinanwälte beim Deutschen Anwaltsverein. Dabei gilt: Ist das Werk, also etwa die Frisur, am Ende nicht so wie vereinbart, gibt’s auch kein Geld.
Beim Friseurbesuch nichts Unmögliches verlangen
Allerdings kann man auch keine Wunder erwarten. Verlangt beispielsweise eine Kundin mit Spaghettihaaren eine Traummähne à la Supermodel Gisèle Bündchen, muss der Figaro vorher klarmachen, dass der Schnitt nicht geht. „Sagt der Friseur nichts, verletzt er seine vorvertragliche Aufklärungspflicht und die Kundin muss nicht bezahlen“, erklärt der Jurist.
Will die Kundin aber trotz der Warnung ausdrücklich, dass der Friseur es versucht, muss sie auch die Rechnung übernehmen. Dann ist es egal, wenn das traurige Resultat eher an Sauerkraut als an ein Supermodel erinnert.
Die Frisur ist oft Geschmackssache
Auch dass man sich das Ergebnis wirklich anders vorgestellt hat, ist kein Argument, um die Rechnung nicht zu bezahlen. Schönheit liegt schließlich immer im Auge des Betrachters. Findet man den neuen fertigen Haarschnitt beispielsweise total spießig oder das Fest-Make-up völlig unmöglich, ist das Geschmackssache. „Man sollte vorher möglichst detailliert besprechen, wie es aussehen soll, damit es hinterher keine Probleme gibt“, empfiehlt Rotter.
Pfusch beim Beauty-Spezialisten
Anders dagegen, wenn der Friseur oder der Kosmetiker definitiv pfuscht. Sind die Haare grün statt strahlend blond gefärbt, die Nägel ungleichmäßig lackiert oder die Augenbrauen schief gezupft, muss der Kunde dem Anbieter Gelegenheit zur Nachbesserung geben. „Gelingt die vereinbarte Leistung dann im zweiten Versuch, muss der Kunde die Rechnung begleichen“, erklärt der Jurist. Allerdings darf der Anbieter nur den ursprünglichen Preis verlangen. Zusatzkosten, beispielsweise für neue Farbe, muss das Unternehmen aus eigener Kasse finanzieren.
Schafft es der Anbieter allerdings auch im zweiten Anlauf nicht, die vereinbarte Leistung zu erbringen, geht er leer aus. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Azubi den gewünschten kinnlangen Pagenkopf so extrem verschneidet, dass der Meister aus den kümmerlichen Resten nur noch einen flotten Kurzhaarschnitt machen kann. „Selbst wenn dieser Schnitt okay ist, wurde die ursprünglich vereinbarte Leistung nicht erbracht, nämlich die kinnlange Frisur. Deshalb muss man gar nichts bezahlen“, erklärt Harald Rotter.
Grundsätzlich muss die „Reparatur“ des Schadens auch immer zumutbar sein. Man muss also beispielsweise nicht akzeptieren, dass der Azubi weiter an einem übt, sondern kann verlangen, dass der Meister das Problem persönlich löst. Ansonsten kann man woanders hingehen und sich das Geld beim Stümper wiederholen.
Wenn mehr als nur der Haarschnitt misslingt
Doch was ist bei ernsten gesundheitlichen Problemen, etwa wenn die Kundin nach einem Termin bei der Kosmetikerin tagelang mit einem feuerroten Gesicht herumläuft, oder durch einen Besuch im Sonnenstudio Brandblasen und später hässliche Narben entstehen? In solchen krassen Fällen muss zunächst geklärt werden, wer Schuld an den Verletzungen hat.
Selbst schuld ist man beispielsweise, wenn man sich nicht an die Empfehlungen des Anbieters hält und viel zu lange auf der Sonnenbank brutzelt, um schneller braun zu werden. Außerdem ist der Kunde verpflichtet, von sich aus auf Allergien und Unverträglichkeiten auf bestimmte Artikel hinzuweisen. Tut er es nicht, hat er mit Pech eine Teilschuld.
Andererseits hat auch das Unternehmen eine Sorgfaltspflicht. „Ist bekannt, dass bestimmte Behandlungen häufig Nebenwirkungen haben, muss der Anbieter vorher von sich aus auf diese Risiken hinweisen“, erklärt der Kölner Jurist.
Wie der Kunde im Falle des Falls Recht bekommt
In der Praxis muss dann meist vor Gericht geklärt werden, wer für die Schäden verantwortlich ist. Ist man selbst schuld, muss man den Ursprungstermin trotz des Desasters bezahlen und bekommt auch sonst keine Entschädigung. Ist der Anbieter verantwortlich, weil er Artikel falsch anwendet, muss man die Behandlung selbstverständlich nicht bezahlen. Außerdem muss das Unternehmen eine eventuelle ärztliche Behandlung sowie Schmerzensgeld übernehmen. Das macht natürlich kaum ein Anbieter freiwillig. Verunstaltete Kunden sollten sich also auf juristische Auseinandersetzungen einstellen.
Bis das Verfahren anfängt, sind die Wunden aber vielleicht schon wieder verheilt. „Im Falle eines Falles sollte man die Schäden umfassend dokumentieren, um vor Gericht Beweise zu haben“, empfiehlt Harald Rotter. Man sollte das eigene Aussehen also zum Beispiel unbedingt durch Fotos oder Arztberichte belegen können.
In extremen Fällen kann man bei Gericht auch ein sogenanntes „selbstständiges Beweisverfahren“ beantragen, bei dem ein Sachverständiger den Zustand feststellt.
Schmerzensgeld nach Friseurbesuch
Wenn das Personal hingegen nachweislich schwere Fehler macht, muss man sich nicht mit einem Gutschein abspeisen lassen. Das hat das Landgericht Köln entschieden. In einem Urteil von Oktober 2019 wurde einer Kundin Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro zugesprochen (Landgericht Köln, 11.10.2019, 7 O 216/17). Das war passiert: Die Geschädigte hatte nach einer misslungenen Blondierung eine handtellergroße Verätzung der Kopfhaut erlitten.
Sie konnte vor Gericht mithilfe einer Freundin, die als Zeugin geladen und zeitgleich im Friseursalon war, glaubhaft versichern, dass die Mitarbeiterin die Verletzung fahrlässig in Kauf nahm. So hatte die Frau mehrfach erfolglos darauf hingewiesen, dass sie nach dem Auftragen der Farbe starke Schmerzen verspürte. Erst als die Kopfhaut bereits verbrannt war, reagierte das Personal – für die Kundin zu spät. Laut Gutachten einer Hautärztin war die viel zu lange Einwirkzeit des Blondiermittels eindeutige Ursache für die starken Verbrennungen.