Der 1. Januar ist für viele Menschen ein Neuanfang, der mit guten Vorsätzen verbunden ist. Doch wie lassen sich diese am besten realisieren und durchhalten? „Schon allein die Veränderung im Äußeren – also zum Beispiel ein neuer Kalender oder eine Feier zum neuen Jahr – kann eine Veränderung im Inneren anregen“, sagt Julia Hüwel, Coach und Persönlichkeitsentwicklerin aus München.
Mit guten Vorsätzen ins neue Jahr
Dabei sind die Veränderungswünsche ganz unterschiedlich: Der eine will weniger essen oder nicht mehr rauchen, um etwas für die Gesundheit zu tun. Der andere will sich mehr Zeit für liebe Menschen nehmen. Der Dritte mehr Ordnung ins Chaos bringen. Gemeinsam ist vielen dieser Vorsätze, dass sie oft nicht lange durchgehalten werden. „Das liegt daran, dass sie häufig zu abstrakt und zu wenig durchdacht sind“, sagt Hüwel.
Damit es nicht beim Vorsatz bleibt, sondern man sein Ziel erreicht, sollte man darum einige Dinge beachten: „Wichtig ist zunächst einmal, dass man mit dem Herzen bei der Sache ist, dass man sich dafür begeistert und etwas wirklich will. Das erhöht die Motivation. Und die benötigt man, um durchzuhalten“, sagt die Expertin. Darum sollte man sich auch gut überlegen, welcher Weg zum Ziel führt.
Beispiel: Jemand will fitter werden und nimmt sich darum vor, regelmäßig zu joggen. „Wenn er nicht gerne joggt, ist das Vorhaben zum Scheitern verurteilt“, erklärt Hüwel. Darum sollte man sich überlegen, auf welche Arten man eigentlich fit werden kann – und welche am besten zu einem passt. So kommt man auch weg von zu abstrakten Vorsätzen.
Neue Aktivitäten mit Routinen kombinieren
Zweiter Punkt: Der Vorsatz muss umsetzbar sein. Wer einen vollen Wochenplan hat, wird sich selbst unter Druck setzen, wenn er noch drei einstündige Einheiten Sport einsetzt, um fitter zu werden. „Man kann das Ziel aber auch in kleinen Schritten angehen“, sagt Hüwel. „Beispielsweise täglich zehn Minuten Sit-ups machen oder auf der Stelle laufen. Das hält man eher durch als dreimal die Woche eine ganze Stunde“. Besonders erfolgversprechend sei es, wenn man den guten Vorsatz mit einer bereits bestehenden Routine koppelt.
Beispiele: Jemand, der täglich kocht, hat sich vorgenommen, seine Englischkenntnisse zu verbessern. Dann könnte er einfach beim Kochen einen englischsprachigen Podcast hören. Ein anderer, der gerne Filme schaut, könnte jeweils in den ersten zehn Minuten einige sportliche Übungen machen, um fitter zu werden. Und ein Dritter, der weniger rauchen möchte, kann sich vornehmen, auf dem Weg zur Arbeit nicht mehr zu rauchen.
Sich selbst belohnen
Hilfreich ist außerdem, sich selbst zu belohnen, wenn man ein Etappenziel erreicht hat. Will also jemand fünf Kilo abnehmen, und hat das erste Kilo geschafft und eine Woche gehalten, dann darf er sich dafür etwas gönnen. Das sollte dann eher nicht die Schwarzwälder Kirschtorte sein – aber vielleicht ein neues Buch oder eine Massage.
Wer eine Woche keinen Alkohol getrunken hat, könnte sich vielleicht einen Saunabesuch schenken. Und wer beim Sport gut durchhält, macht sich selbst möglicherweise eine Freude mit einem neuen Kleidungsstück.
Mit WOOP ans Ziel
Wer es richtig ernst meint, sich und seinen inneren Schweinehund aber gut genug kennt, um zu wissen, dass es schwierig wird, der sollte sich mit WOOP befassen. Die vier Buchstaben stehen für die englischen Wörter Wish, Outcome, Obstacle, Plan. Das bedeutet Wunsch, Ergebnis, Hindernis und Plan. „Bei WOOP stellt man sich das Ziel für einen konkreten Zeitraum sowie das schönste Ergebnis vor, das man erreichen kann“, erklärt Hüwel.
Wer also zehn Kilo abnehmen möchte, malt sich aus, wie er mit weniger Kilo und in neuer Kleidung durch die Stadt geht. Wer fitter werden will, stellt sich vor, wie er locker durch den nächstgelegenen Wald trabt. Und wer nicht mehr rauchen möchte, stellt sich vor, wie man lächelnd in der Gaststätte bleibt, wenn andere sich bei Wind und Regen draußen an die Hauswand pressen, um eine Zigarette zu rauchen. Jetzt hat man sein Ziel vor Augen.
Dann geht es darum, die Hindernisse aufzudecken, die vor einem auftauchen können, bevor man das Ziel erreicht. Was macht der Läufer bei Kälte? Der Abnehmwillige am Familiengeburtstag? Und der Noch-Raucher, wenn er alleine am Tisch zurückbleibt? Die Antworten auf diese Fragen muss man parat haben und in den Vorsatz mit aufnehmen. So ist man gut gewappnet für alle Hindernisse, die auftauchen könnten.
Es gibt nur Zwischenfälle
„WOOP hilft in der Regel unabhängig vom Vorsatz. Es ist also egal, ob es um eine Diät geht, oder darum, mehr Sport zu treiben oder nicht mehr zu rauchen“, sagt Hüwel. Allerdings können zwischendurch unvorhergesehene Situationen auftauchen. Wird beispielsweise dem Raucher auf dem Weg zum Nicht-Raucher eine verlockende Zigarette angeboten, könne er sie vielleicht leichter ablehnen, wenn er zu sich selbst „Jetzt nicht“ sagt, so die Expertin. Und falls das nicht hilft, sollte er für sich dieses Malheur eher als Zwischenfall, aber nicht als Rückfall sehen.
„Der Unterschied: Werte ich es für mich als Rückfall, ist danach meist alles egal. Dann hört man auf, Sport zu machen, isst nach der Torte noch zusätzlich ein Eis oder raucht eben nicht nur eine Zigarette, sondern wieder täglich mehrere“, erklärt Hüwel. „Wer es als Zwischenfall wertet, sieht es als einmaligen Ausrutscher, und danach gilt wieder WOOP. Man kann die Situation zudem reflektieren: Was hat zum Zwischenfall geführt, und wie kann man dieses Hindernis künftig umgehen?“.
Hilfreich könne außerdem sein, seinen Vorsatz anderen mitzuteilen. Gute Freunde unterstützen, statt in Versuchung zu führen. Und möglicherweise schließt sich sogar jemand dem Vorsatz an – zu zweit geht es dann oft leichter.
Wann sind die Ziele wirklich erreicht?
Übrigens ist es von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich, wie lange man braucht, um schlechte Angewohnheiten abzulegen beziehungsweise neue und möglicherweise bessere Gewohnheiten aufzubauen. „Manche sagen, drei Wochen regelmäßiger Wiederholung sei ausreichend. Das ist aber eher zu wenig“, sagt Hüwel.
„Aber wer beispielsweise drei Monate regelmäßig Sport gemacht oder gesund gegessen hat, der wird das in der Regel nicht mehr so schnell missen wollen. Und hat somit für einige gute Vorsätze zumindest ein erstes Ziel erreicht.“