Viele junge Leute wollen sich nach der Schule nicht sofort festlegen, wollen die Welt sehen, mal was Neues erleben oder eine Auszeit nutzen, um anderen einfach zu helfen, bevor sie sich ans Geldverdienen machen. Für viele Eltern gilt aber: Zu Hause sitzen soll der Nachwuchs nicht. Aber was gibt es für Möglichkeiten für ein Gap Year (Lückenjahr) nach dem Schulabschluss und was bedeutet das für Versicherungsschutz, Kindergeld und Co.? Hier erklären drei Expertinnen, worauf interessierte Jugendliche und Eltern dabei achten müssen.

Ins Ausland als Au-Pair: Das richtige, um Land und Sprache kennen zu lernen

Die Kinder einer fremden Familie betreuen und zeitgleich eine Sprache und eine andere Kultur kennen lernen: Als Au-Pair ins Ausland zu gehen, ist eine gute Option für alle, die gerne mit Kindern arbeiten und damit auch Erfahrungen haben. Zwischen 18 und 30 Jahre alt sind Au-Pairs in der Regel, es gelten verschiedene Altersgrenzen in unterschiedlichen Ländern.

In den meisten Fällen wird die Gastfamilie über eine Agentur vermittelt, die einen auf den Aufenthalt vorbereitet. Man sollte darauf achten, dass die Agentur ständig erreichbar ist und ein Ansprechpartner vor Ort zuständig ist. „Der interkulturelle Austausch steht im Vordergrund“, sagt Au-Pair-Expertin Judith Liehr. Sie leitet die Au-Pair-Agentur Kulturist, die seit 20 Jahren junge Leute ins Ausland vermittelt. „Die sollten offen und flexibel sein, Interesse an dem jeweiligen Gastland und der Sprache, aber auch an der Kinderbetreuung haben.“

Was muss man als Au-Pair vorweisen?

Meist ein polizeiliches Führungszeugnis, ein ärztliches Attest sowie den Nachweis über Erfahrungen im Bereich Kinderbetreuung – mit Referenzen. Babysitting für die kleinen Geschwister reicht nicht aus, „ein Praktikum in einem Kindergarten oder die ehrenamtliche Betreuung von Kindern im Sportverein sollte es schon sein“, sagt Liehr.

Man kann natürlich auch ohne Agentur als Au-Pair ins Ausland, aber gerade wenn es um ein Zielland außerhalb der EU geht, sind die bürokratischen Hürden in Sachen Visum und Co. hoch. Und man sollte auch bedenken: Klappt es vor Ort nicht so gut mit der Gastfamilie, steht man ohne eine Agentur alleine in einem fremden Land da.

Was verdient man?

Au-Pairs bekommen einen Vertrag mit Arbeitszeiten, einer konkreten Aufgabenbeschreibung (Kinderbetreuung ja, Mithilfe im Haushalt auch, keine Putztätigkeiten im ganzen Haus) und einer Freizeitregelung (mindestens ein bis zwei Tage die Woche frei). Auch ein Taschengeld (von Gastland zu Gastland unterschiedlich geregelt) und der fürs Au-Pair kostenlose Besuch eines Sprachkurses werden schriftlich fixiert. Zeitlich sollte man mindestens ein halbes Jahr, „besser noch ein volles Schuljahr von August bis Juni/Juli einplanen“, rät Judith Liehr.

Welche Versicherungen sind notwendig?

Viele gehen davon aus, dass sie weiterhin bei ihren Eltern im Heimatland mitversichert sind. Das reicht aber meist nicht aus. Am wichtigsten für den Auslandsaufenthalt ist ein ausreichender Krankenschutz über eine zusätzliche Auslandsreisekrankenversicherung, die – wichtig – auch Langzeitaufenthalte abdeckt. Ebenso müssen Haftpflicht- und Unfallversicherung überprüft werden. Es gibt spezielle Versicherungspakete für Au-Pairs.

Was ist mit dem Kindergeld?

Das Au-Pair-Jahr wird als Berufsausbildung angesehen, wenn es von einem durchschnittlich mindestens zehn Wochenstunden umfassenden Sprachunterricht begleitet wird (ist bei Agenturprogrammen der Fall). Dann wird das Kindergeld auch weiter bezahlt. 

Work & Travel: Die Möglichkeit, eine Zeit lang Arbeiten und Reisen zu verbinden

Das Prinzip: Das Ziel seiner Träume besuchen und sich den Trip auf dem Weg nebenbei finanzieren. Wer Work & Travel, also Arbeiten & Reisen will, sollte einiges beachten. Meist hält man sich mit Gelegenheitsjobs wie Kellnern, Obstpflücken oder als Aushilfe auf einer Farm über Wasser. Das ist schon mal nicht jedermanns Sache – und das sollte man vorher wissen.

Was muss man bei Work & Travel vorweisen?

„Um legal zu arbeiten, braucht man ein Visum, das die Tätigkeit im Urlaub erlaubt“, sagt Tanja Brandt, Geschäftsführerin von Travelworks aus Münster. Mit einigen Staaten hat Deutschland Working-Holiday-Visa-Vereinbarungen. „Nicht jeder bekommt sie, man muss mindestens 18 Jahre alt sein, die meisten Länder haben auch eine Altersobergrenze.“ Die liegt zwischen 30 und 35 Jahren.

Schon allein das Visum kostet bis zu 300 Euro. Auch hier empfiehlt es sich, die Hilfe einer Agentur in Anspruch zu nehmen. Der Nachweis über finanzielle Sicherheiten (zwischen 1.700 und 4.000 Euro auf dem Konto) und/oder ein gültiges Rückflugticket sind ebenfalls wichtig.

„Der Abschluss einer Auslandsreisekrankenversicherung ist Pflicht, viele Staaten wollen auch noch weitere Versicherungen wie eine Unfall- und Haftpflichtversicherung nachgewiesen haben“, sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW. Für manche Länder und bestimmte Jobs wird ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt. Im Zielland muss man ein Lohnkonto eröffnen und eine Steuernummer beantragen.

Was verdient man?

Die Bezahlung richtet sich nach der Art des Jobs, man muss zusehen, dass man damit seine Ausgaben decken kann. Und dass man an entsprechende Jobs kommt, dies erfordert ein hohes Maß an Eigeninitiative und Disziplin. Denn auch wenn Agenturen potenzielle Arbeitgeber im Land nennen: Dort anrufen und sich um den Job kümmern, muss man selbst.

„Man sollte ein aufgeschlossener Typ sein, viel reden und locker mit Leuten umgehen können“, sagt Tanja Brandt von Travelworks. Die Dauer des Aufenthalts richtet sich nach der Gültigkeit des Visums (meist bis zu zwölf Monate, in den USA weniger). Es gibt in einigen Ländern auch Mindest-Aufenthaltsfristen.

Welche Versicherungen sind nötig?

Eine zusätzliche Auslandsreisekrankenversicherung ist unbedingt nötig. „Sie sollte alle anfallenden Kosten abdecken“, rät Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW. Es muss sich auf jeden Fall um eine Langzeitpolice handeln. „Dafür muss man meist auch Fragen zum Gesundheitszustand beantworten.“ Eine Unfall- und eine private Haftpflichtversicherung sind ebenfalls sinnvoll. „Auch hier checken, ob sie bei langfristigen Auslandsaufenthalten gelten“, rät die Versicherungsexpertin. Gleiches gilt für eine eventuelle Berufsunfähigkeitsversicherung.

Was ist mit Kindergeld?

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Work-&-Travel-Programm keine Berufsausbildung ist, daher entfällt auch in der Regel der Anspruch auf Kindergeld.

Auslandsjahr: Hier bieten sich Sprachreisen, Praktika oder ein Schnupper-Studium an

Ein Auslandsjahr einlegen, das kennt man aus der Schulzeit, wenn man zum Beispiel zu Beginn der Oberstufe ein Halbjahr oder Jahr im Ausland zur Schule geht. Das geht auch nach dem Abi, aber mit ein paar anderen Parametern. Entweder man macht eine entsprechende Sprachreise, ein Auslandspraktikum oder startet ein Schnupperstudium im Ausland.

Für diese Option sollte man ebenfalls volljährig sein. Und: Sie kostet meist mehr, da man nichts dazuverdient. Auch bei den meisten Auslandspraktika gibt es keine Vergütung – oder nur eine sehr geringe. Sprachreisen bieten den Vorteil, dass man die Sprache sehr kompakt erlernt.

Was muss man bei einem Auslandsjahr vorweisen?

Auch hier gilt: Eine Auslandsreisekrankenversicherung als Langzeitpolice ist Pflicht. Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW rät: „Immer darauf achten, dass der Krankenrücktransport schon inkludiert ist, wenn er ‚sinnvoll und vertretbar‘ ist – und nicht erst, wenn er ‚medizinisch notwendig‘ ist“. Generell gilt zudem: Die Bescheinigungen aller Versicherungsnachweise sollten mindestens auf Englisch, besser noch in der Landessprache übersetzt sein.

Was ist mit dem Kindergeld?

Wenn das Auslandspraktikum die gleichen Voraussetzungen erfüllt wie Praktika im Inland, besteht der Kindergeldanspruch weiter. Wer eine Sprachreise macht und Sprachkurse an einer Schule, Uni oder anerkannten Sprachschule absolviert, bekommt ebenfalls weiterhin Kindergeld, Gleiches gilt für Schnupperstudiengänge. 

Freiwilligendienst: Das geht als Freiwilliges Soziales Jahr oder Freiwilliges Ökologisches Jahr

Ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) kann man in sozialen Einrichtungen machen, etwa in Kindertagesstätten, Heimen für Menschen mit Behinderung oder in Altenpflegeeinrichtungen. Es gibt zudem das FSJ Kultur (in kulturellen Einrichtungen wie in Jugendkulturzentren, Musikschulen, Theatern oder Museen) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) zum Beispiel in Land- und Forstwirtschaft oder Gartenbau. Man bewirbt sich direkt bei der Einrichtung, die auch die Sozialversicherungsbeiträge zahlt.

Was muss man beim Freiwilligendienst vorweisen?

Für ein FSJ muss man mindestens 15 und maximal 26 Jahre alt sein, für ein FÖJ 16 bis maximal 26 Jahre alt. Man muss seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland haben oder einen Großteil seines Lebens in Deutschland gelebt haben.

Für Freiwilligendienste im Ausland ist eine Altersuntergrenze von 18 Jahren vorgesehen, auch hier gibt es Agenturen, die helfen. Das FSJ dauert mindestens sechs Monate, meist sind es zwölf Monate (längstens 18 Monate). Nur in Ausnahmefällen sind auch zwei Jahre möglich. Man kann zwei FSJ mit einer Unterbrechung absolvieren.

Was verdient man?

Es handelt sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit, man hat keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt, bekommt aber ein Taschengeld, das sich auch nach der Art der Tätigkeit bemisst (zwischen 150 und maximal 330 Euro). In manchen Fällen werden auch Kost und Logis gestellt.

Welche Versicherungen sind notwendig?

Generell gilt: Beim FSJ und FÖJ im Inland ist man weiter bei den Eltern mitversichert. Man kann sein FSJ oder FÖJ auch im Ausland machen. Dann aber muss man auch separate Versicherungen für das Ausland abschließen.

Was ist mit dem Kindergeld?

Der Anspruch auf Kindergeld gilt weiterhin, wenn der Freiwilligendienst bei einer staatlich anerkannten Trägerschaft absolviert wird, man das 25. Lebensjahr noch nicht überschritten hat und die erste Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen ist. Die Zeit im FSJ oder FÖJ wird als Wartesemester für die Uni angerechnet.

Bundes-Freiwilligendienst: Hier gibt es keine Altersgrenze

Es ist im Endeffekt wie das Freiwillige Soziale Jahr zu sehen, nur dass es nach oben hin keine Altersgrenze gibt.

Was muss man vorweisen?

Alle ab 16 Jahren können den Bundesfreiwilligendienst (BFD) leisten. Die Dauer beläuft sich ebenfalls auf 6 bis 18 Monate, im Gegensatz zum FSJ kann man den Dienst aber wiederholen, allerdings immer nur nach fünfjähriger Pause. Man bewirbt sich direkt bei der Einrichtung, bei der man den BFD leisten möchte. Sie muss vom Bund als Einsatzstelle anerkannt sein.

Was verdient man?

Das Taschengeld beträgt ebenfalls maximal 330 Euro, ein Gehaltsanspruch gibt es nicht. Dienste im Ausland sind beim BFD nicht möglich, wer über 26 Jahre alt ist, erhält auch nur noch eingeschränktere Bildungsmaßnahmen und Seminare im Gegensatz zu jüngeren Teilnehmern. Übrigens: Ab 27 Jahren kann man den BFD auch in Teilzeit machen, davor wird er immer in Vollzeit absolviert.

Was ist mit dem Kindergeld?

Wer regulär noch Kindergeldanspruch hat (noch nicht 25 Jahre alt oder seine erste Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen hat), behält den Kindergeldanspruch. Gleiches gilt für die Mitversicherung bei den Eltern.