Fulda. Der Braten am Sonntag, die Wurst im Stadion und das Schnitzel in der Kantine – für die meisten Bundesbürger gehören Fleisch und Wurst einfach dazu.

Das wird nicht nur an der Metzgertheke deutlich. Das Magazin „Beef“ zelebriert Fleisch als Lebenseinstellung und freut sich über eine wachsende Leserschaft. Kurse und Workshops, in denen Profis Wursten oder Zerlegen vermitteln, gibt es bundesweit

Obwohl die Zahl der Vegetarier und Veganer stetig steigt – Fleisch ist Kult. Und ein Milliardengeschäft. Der Umsatz in der Fleisch-Industrie lag 2018 bei 37 Milliarden Euro. Rund 100.000 Beschäftigte zählt dieser Wirtschaftszweig. Tendenz steigend. 

Am häufigsten essen wir Schweinefleisch

8,7 Millionen Tonnen Schlachtgewicht haben die rund 570 Betriebe vergangenes Jahr insgesamt produziert. 1998 waren es noch 6,4 Millionen Tonnen. Trends kommen und gehen wie die Mode auf dem Laufsteg: Pulled Pork, Angus-Rind, Rippen ohne Knochen.

Warum lieben wir Steak, Braten und Wurst so sehr? „Fleisch steht für Überfluss, Macht, Wohlstand und Männlichkeit“, sagt Professor Christoph Klotter, Ernährungspsychologe an der Uni Fulda. „Das läuft zwar unterbewusst ab, aber verkürzt gesagt: Wer Fleisch essen kann, hat es geschafft.“

Jährlich verzehrt jeder Bundesbürger im Durchschnitt rund 60 Kilo Fleisch. Am häufigsten landet Schweinefleisch auf dem Tisch, 36 Kilo pro Kopf im letzten Jahr, gefolgt von Geflügel (13 Kilo) und Rind- sowie Kalbfleisch (10 Kilo). Nur ein kleiner Teil kommt aus ökologischer Landwirtschaft. 2017 lag der Anteil von Bio-Rindfleisch bei 4,9 Prozent, und der von Schweinefleisch bei 0,5 Prozent.

Der Konsum geht langsam zurück

Aber trotz Kult: Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist die Schlachtmenge deutscher Betriebe im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent gesunken. „Der Konsum wird noch weiter zurückgehen“, prognostiziert Klotter. „Das Thema Fleisch polarisiert immer mehr unter den Verbrauchern“, so der Experte. Die Fleischgegner argumentieren mit Klimawandel, gesundheitlichen Risiken und Massentierhaltung. Darauf reagiert die Branche.

Das Unternehmen Wiesenhof beispielsweise ist bei einem Start-up eingestiegen, das zukünftig mit Fleisch aus dem Reagenzglas Geld verdienen will. Der Wurstwarenhersteller Rügenwalder Mühle ist erfolgreich mit Frikadellen aus Soja oder Schinkenspicker aus Erbsen. Der Anteil vegetarischer Produkte betrug dort Ende 2018 immerhin schon 27 Prozent.

Klotter: „Es klingt paradox, aber die Fleisch-Industrie freut sich über den Veggi-Trend. Da sind die Wachstumsraten beachtlich.“ Die Innovationen treffen und verändern den Geschmack der Konsumenten.