Wismar. Verstaubt, schwer fassbar, realitätsfern – so lauten die gängigen Klischees, die sich vor allem bei jungen Menschen um Goethes Meisterwerk „Faust“ ranken. Um dem Nachwuchs einen Anreiz zu bieten, sich mit dem Stoff auseinanderzusetzen, klügelten die Wismarer Festspiele im Rahmen ihrer Theaterproduktion „Faust“ ein Projekt zur kulturellen Bildung aus.

Mit ihrer „Faust“-Inszenierung mischen sich die Schauspieler in den Unterricht ein

Unter dem Leitsatz „Who the fuck is Faust?“ besuchten die Schauspieler Schulen im Landkreis und mischten sich in den Unterricht ein. Das ehrgeizige Ziel: Schülern und Lehrern Zugang zu dem Stoff ermöglichen.

„Wir haben den Schülern die Angst vor der alten Sprache genommen und ihnen gezeigt, dass der Inhalt hochaktuell ist. Auch sie könnten Faust, Mephisto oder Gretchen sein“, erklärt Schauspieler Andreas Conrad, der das Projekt initiiert hat und leitet. Bei den Schulen stieß die Initiative auf großes Interesse. Allein schon die öffentlichen Proben weckten die Neugier verschiedener Schulklassen. Die Kunst zu den jungen Menschen zu bringen – das ist der Anspruch des Projekts. Über ihre Nordmetall-Stiftung unterstützten die Arbeitgeber der Metall- und Elektro-Industrie „Who the fuck is Faust?“ mit 5.000 Euro.

Mit Erfolg: Gut 70 Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Wismar waren von dem Stoff so angetan, dass sie ein eigenes Stück inszenierten – angeleitet, inspiriert und unterstützt von den Profis.

Die feierten mit ihrer Festpiele-Inszenierung Anfang Juli in der St.-Georgen-Kirche Premiere. Bis zum 24. Juli sahen rund 400 Schüler aus Wismar und der Region das Stück – und waren begeistert. Nach den Aufführungen suchten die Schauspieler erneut – diesmal auf Bitten der Schulen – den direkten Kontakt zu den Schülern, um mit ihnen über das Gesehene zu sprechen. „Wir wollen den Jugendlichen einen Anstoß geben, sich mit dem Stoff kreativ auseinanderzusetzen“, so Ralf Lorber, Vorsitzender der Festspiele und stellvertretender Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Nord. „Wie das konkret aussieht, ist ihnen überlassen.“

Die Akteure des Geschwister-Scholl-Gymnasiums haben das getan und ihre „Faust“-Version an einem Nachmittag auf die große Bühne gebracht – mit Livemusik, Tanz und modernen Worten.

Und dass viele andere Jugendliche sich auch mit dem alten Klassiker auf ihre Art befassen, davon ist der Festspiele-Vorsitzende überzeugt. Deshalb werden die Schauspieler in der nächsten Saison die Arbeit mit den Schülern fortsetzen.