Köln/Leipzig. Paletten in deckenhohen Regalen. Kartons, zum Teil noch in Folie verpackt. Wühltische mit lieblos hingeknallter Ware. Neonröhren, die das Geschäft in grelles Licht tauchen. Der Discounter Mere aus Sibirien will mit karger Ramsch-Atmosphäre und eiskalten Tiefstpreisen Aldi, Lidl und Co. in Deutschland attackieren. Beim Start allerdings ging einiges schief.

Schon nach ein paar Verkaufstagen war Anfang Februar in Leipzig die Ware ausgegangen – und die erste deutsche Filiale musste zwischenzeitlich sogar schließen. Trotzdem hält der sibirische Lebensmittelkonzern Torgservis, dem Mere gehört und der seine Ware hauptsächlich aus Osteuropa bezieht, an seinem Plan fest: mit Preisen unter Aldi- Niveau hierzulande bis zu 100 Läden zu etablieren.

„Das wird schwierig“, ist Marco Atzberger überzeugt. „Der deutsche Einzelhandelsmarkt ist hart umkämpft. Wir haben eine extreme Dichte an Lebensmittelgeschäften. Da ist wenig Luft für Newcomer“, sagt das Geschäftsführungsmitglied beim Handelsforschungsinstitut EHI in Köln.

Vorher sind bei uns schon andere gescheitert – wie etwa der Billigheimer Walmart aus den USA

Aldi ist in den 1970er Jahren ähnlich gestartet wie Mere - mit geringer Auswahl, ohne Frischware, null Ambiente. Doch mit diesem Konzept kämen die Discounter heute nicht mehr an, die Milliarden investieren, um ihre Filialen aufzuhübschen. „Zum einen sind die Deutschen sehr preisbewusst, zum anderen wollen sie aber auch Top-Qualität und gut sortierte Läden“, so Atzberger. In Deutschland sei der Einzelhandel bei Einkauf und Logistik hoch professionell und sehr leistungsfähig: „Da sind wir weltweit spitze.“

37.700 Lebensmittelgeschäfte gibt es in Deutschland, darunter 16.200 Discounter

Dazu komme, dass Discounter bei uns einen extrem hohen Marktanteil von 40 Prozent hätten: „Da müssen die anderen Supermärkte preislich ein Stück weit mitziehen: der Grund, weshalb Lebensmittel bei uns so billig sind.“ Die ausländischen Firmen würden das unterschätzen - und wollten die Kunden mit neuen Konzepten überzeugen. „Aber das funktioniert nicht."

Deshalb ist etwa der US-Riese Walmart gescheitert, der sich nach nicht einmal zehn Jahren im deutschen Markt 2006 wieder zurückzog. Kunden fühlten sich vom netten Begrüßer am Eingang belästigt; das Walmart-Ladenkonzept kam nicht an. Ähnlich erging es dem belgischen Lebensmittelhändler Delhaize, der 2009 aufgeben musste.

Mere startet mit 400 Artikeln, Aldi dagegen hat mehr als 3.000 Produkte im Sortiment

Und jetzt startet Mere einen Angriff an der Preisfront. Die Russen sind mit rund 400 Artikeln an den Start gegangen – „und die deutschen Discounter werden bei diesen Produkten auf den gleichen Preis gehen, selbst wenn sie dabei Verluste machen“, meint Atzberger. Das können die sich leisten. Denn Aldi beispielsweise hat mehr als 3.000 Produkte im Sortiment.