Ob auf Rad, Roller, Inlinern oder Bobbycar, ob auf dem Schulweg oder in der Freizeit: Kinder haben Spaß an fahrbaren Untersätzen. Doch im Straßenverkehr lauern Gefahren. Wo darf mein Kind eigentlich bis zu welchem Alter rollend unterwegs sein? Wer haftet, wenn ein Unfall geschieht?

Kinder auf dem Fahrrad

Wo darf mein Kind eigentlich radeln? Diese Frage stellen sich viele Eltern. „Gemäß Paragraf 2 Absatz 5 Straßenverkehrsordnung sind Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr von der Fahrbahn und vom Radweg ausgeschlossen“, sagt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). „Sie müssen den rechten oder linken Gehweg benutzen. Nur wenn ein Gehweg fehlt, dürfen sie die Fahrbahn benutzen.“ Narrenfreiheit hat das Kind auf dem Gehweg aber nicht. „Sind Fußgänger auf dem Gehweg, muss das Kind besondere Rücksicht nehmen, darf nicht zu schnell fahren und muss unter Umständen auch absteigen.“ Besondere Rücksichtnahme ist aber gerade von kleinen Kindern sehr viel verlangt. Deshalb müssen Aufsichtspflichtige aufpassen und das Kind ordentlich aufklären.

„Generell sollten Eltern darauf achten, dass das Kind das selbstständige Radfahren auch vernünftig beherrscht, bevor es alleine losradelt. Es muss beim Umschauen in der Spur bleiben und richtig bremsen können.“ Für den Anfang sollten Eltern nur dort mit ihren Kindern radeln, wo es auch Gehwege gibt. „Und der Schulweg sollte erst einmal in Begleitung eines Erwachsenen eingeübt werden“, rät René Filippek. „Dabei das Kind vorausfahren lassen, so hat man es immer im Blick.“

Kinder zwischen acht und zehn Jahren dürfen wählen, ob sie die Fahrbahn oder den Gehweg benutzen. „Kinder über zehn Jahren dürfen Gehwege - genau wie Erwachsene - nicht mit dem Fahrrad befahren“, sagt der ADFC-Experte. Daraus ergibt sich ein echtes Dilemma: Kinder unter acht Jahren müssen auf dem Gehweg fahren, die erwachsene Begleitperson darf das laut Straßenverkehrsordnung nicht. Wer hinter seinem Kind auf dem Gehweg fährt, riskiert so theoretisch ein Bußgeld von 15 bis 25 Euro, wenn dabei Fußgänger gefährdet werden.

Wer sich dagegen strikt an die Straßenverkehrsordnung hält, kann im Falle eines Unfalls aber auch Ärger bekommen. Das Amtsgericht Traunstein (AZ 311 C 734/04) hat entschieden, dass eine Mutter ihre Aufsichtspflicht verletzt habe, als sie ihre Tochter alleine auf dem Gehweg fahren ließ und sie selbst auf der Straße fuhr. Das Kind hatte einen Zusammenprall mit einem Auto verursacht, die Mutter musste für den Schaden aufkommen. Begründung des Gerichts: Ein Erwachsener müsse sich in einer solchen Nähe zu dem Kind befinden, dass er jederzeit durch Zurufe, gegebenenfalls auch körperlich, eingreifen könne. „Im Zweifel also lieber nah am Kind sein und mit auf dem Gehweg radeln“, rät René Filippek.

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Kinder auf dem Roller

Kinderroller dürfen – selbst mit Sicherheitsausstattung wie beim Fahrrad (Reflektoren, Klingel, Beleuchtung) – weder auf der Fahrbahn noch auf dem Radweg benutzt werden. „Rollerfahren ist nur auf Gehwegen, in Fußgängerzonen sowie im verkehrsberuhigten Wohnbereich und in Spielstraßen zulässig“, erklärt Mathias Schiffmann von der Verkehrswacht NRW. „Sind Fußgänger anwesend oder ist mit ihnen an Haus- und Hofeingängen oder Wegeeinmündungen zu rechnen, müssen die Kinder Schrittgeschwindigkeit einhalten.“ Und beim Fahrbahnqueren muss auf jeden Fall angehalten werden.

Kinder auf Inline-Skates

Inline-Skater jeden Alters müssen auf dem Gehweg fahren. „Der Gesetzgeber behandelt sie nämlich wie Fußgänger“, sagt Mathias Schiffmann. „Auf dem Gehweg müssen die Inline-Fahrer aber darauf achten, dass sie Fußgänger nicht behindern oder gefährden – das gilt auch für Kinder.“ Auf die Straße dürfen Skater dann ausweichen, wenn es keinen Gehweg gibt oder wenn am Straßenrand das Zusatzzeichen „Inline-Skater frei“ steht. Auch auf den Radweg dürfen sie nur, wenn es das Zusatzzeichen erlaubt.

Kinder auf anderen „Rädern“

„Kettcars, Bobbycars und Laufräder gelten als sogenannte Spielfahrzeuge, sind damit keine Verkehrsfahrzeuge und werden in der Straßenverkehrsordnung den Fußgängern zugeordnet“, sagt Roland Huhn, Referent Recht vom ADFC. Kinder, die diese rollenden Gefährte nutzen, müssen deshalb auf dem Gehweg fahren. An Einmündungen und Kreuzungen gilt auch hier: Absteigen und das Gefährt schieben. „Niemals zu dicht an parkenden Autos vorbeifahren“, rät zudem Mathias Schiffmann von der Verkehrswacht NRW. „Die Gefahr ist groß, dass der Autofahrer die Tür plötzlich öffnet, was zu schlimmen Unfällen führen kann.“

Wer haftet bei einem Unfall?

Das kommt auf das Alter des Kindes an. Gemäß Paragraf 828 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch gilt seit dem 1. August 2002: Kinder haften bei einem von ihnen verursachten Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn erst ab der Vollendung des zehnten Lebensjahres. „Jüngere Kinder haften nur, wenn der Schaden vorsätzlich herbeigeführt wurde“, erklärt Roland Huhn vom ADFC. Wann es sich um Vorsatz handelt, hängt von der Einsichtsfähigkeit des Kindes ab. „Das ist also eine sehr individuelle Sache, die im Einzelfall entschieden wird“, so Huhn. Die sogenannte Haftungsprivilegierung von Kindern unter zehn Jahren gilt auch dann, wenn das Kind sein Rad auf dem Bürgersteig loslässt und es dann auf die Straße rollt und dort einen Unfall verursacht (BGH VI ZR 42/07). Allerdings greift sie nicht, wenn Kinder ein ruhendes Fahrzeug beschädigen (BGH VI ZR 335/03).

Die Haftungsprivilegierung erstreckt sich auch auf den Schadenersatzanspruch, wenn sich das Kind bei dem Unfall verletzt. „Wenn Kindern unter zehn Jahren bei einem Unfall selbst etwas passiert, erhalten sie auch bei eigenem Verschulden – zum Beispiel weil sie die Vorfahrt missachtet haben – vollen Schadenersatz“, sagt der ADFC-Rechtsexperte. Auch hier sieht es bei parkenden Autos anders aus. „Fährt ein Kind gegen ein abgestelltes Auto, kann es abhängig von seiner individuellen Einsicht für den Schaden selbst verantwortlich sein.“ Dann muss tatsächlich das Kind zahlen – zur Not auch von seinem ersten Gehalt Jahre später. Haben die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt, kommt auch eine Haftung der Eltern in Frage. „Die müssen sich nämlich davon überzeugen, dass sich ihr Kind im Straßenverkehr alleine sicher bewegen kann“, sagt Roland Huhn.