Hamburg. Sie sind klein, preiswert und sollen bei Unfällen die eigene Unschuld beweisen: Dashcams (aus dem Englischen übersetzt „Armaturenbrett-Kameras“). Die Minikameras lassen sich an Armaturenbrett, Windschutzscheibe oder Rückspiegel befestigen und zeichnen während der Fahrt das Verkehrsgeschehen auf. Doch ist das auch erlaubt? „In dieser Frage haben Juristen unterschiedliche Ansichten“, erklärt Verkehrsrechtsexpertin Daniela Mielchen, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der AG Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins.
Sind die Aufnahmen privat oder Überwachung?
Grundsätzlich ist es zwar erlaubt, im öffentlichen Raum zu rein privaten Zwecken zu fotografieren und zu filmen, beispielsweise ein Urlaubsvideo zu drehen. Selbst wenn dabei Fremde auf den Bildern zu sehen sind, ist das völlig legal. „Das gilt aber nur für die rein private Verwendung der Aufnahmen. Man darf sie also beispielsweise nicht im Internet veröffentlichen“, erklärt die Anwältin.
Einige Juristen stufen Dashcam-Aufnahmen als solche rein privaten Aufnahmen ein, andere betrachten sie dagegen als anlasslose Überwachung des öffentlichen Raums. Und das ist verboten, hat der BGH bereits 1995 anlässlich von Videoaufnahmen öffentlicher Wege entschieden (AZ VI ZR 272/94). Schließlich hat jeder das Recht, sich frei und ohne Überwachung in der Öffentlichkeit zu bewegen.
Besser nicht mit der Dashcam aus dem Auto filmen
Nach Einschätzung von Daniela Mielchen betrachtet die Mehrheit der Juristen die Minikameras als grundsätzlich unzulässige Überwachung. „Ich rate Privatpersonen ganz klar von der Nutzung solcher Dashcams ab. Denn es besteht ein hohes Risiko, dass dies rechtswidrig ist“, sagt die Expertin. Und das kann teuer werden, wenn beispielsweise unrechtmäßig gefilmte Personen mit Schadenersatzansprüchen kommen oder sonstige Strafzahlungen fällig werden.
„Es ist auch höchst problematisch, wenn man einzelne Personen gezielt filmt und hinterher mit diesen Aufnahmen Anzeige erstattet“, warnt Daniela Mielchen. Die Juristin rät auch von solchen gezielten Aufzeichnungen ab. Schließlich kann der Laie kaum entscheiden, ob die Aufnahmen im Einzelfall rechtmäßig sind oder nicht. Im Übrigen sind solche Ermittlungen sowieso Aufgabe der Behörden, nicht von selbst ernannten Hilfssheriffs.
Einsatz als Beweismittel – auch gegen den Kameramann
Und noch etwas sollte man bedenken: „Auch wenn eine Dashcam-Aufzeichnung illegal ist, besteht kein Beweisverwertungsverbot“, erklärt Daniela Mielchen. Dies wurde inzwischen sogar höchstrichterlich vom Bundesgerichtshof entschieden (BGH, Urteil vom 15.05.2018, VIZR 233/17). Das bedeutet, dass das eigentlich verbotene Video möglicherweise trotzdem in einem Gerichtsverfahren verwertet werden kann. Das klingt auf den ersten Blick natürlich gut, schließlich könnte man so ja bei einem Unfall seine Unschuld beweisen.
„Die Aufnahmen können aber natürlich auch gegen den Besitzer der Dashcam selbst verwendet werden“, warnt die Juristin. Und Hand aufs Herz, wer hält sich schon immer penibel an alle Verkehrsregeln? Wird man beispielsweise bei einer Verkehrskontrolle rausgewunken, kann die Polizei die Dashcam beschlagnahmen, und plötzlich hat man ein Verfahren wegen einer überfahrenen roten Ampel am Hals, die die Behörden ohne die Aufnahmen niemals hätten beweisen können. Das Gleiche gilt für Unfälle. Mit Pech zeigen die eigenen Aufnahmen, dass man selbst eine Teilschuld hat, die man sonst nicht bekommen hätte.
Und noch ein Aspekt ist wichtig: „Man weiß nie, wer alles Zugriff auf diese Daten hat oder in Zukunft bekommen wird“, sagt Daniela Mielchen. „Deshalb rate ich grundsätzlich davon ab, Daten aufzuzeichnen, wenn man es irgendwie vermeiden kann.“