München. Welch unschöne Überraschung: ein Knöllchen, weil man im Urlaubsland zu schnell war, beim Fahren mit dem Handy telefoniert oder falsch geparkt hat. „Solche Bußgeldbescheide sollte man auf jeden Fall ernst nehmen“, erklärt Michael Nissen, Leiter Internationales Recht beim ADAC.

Wer in Europa Ferien gemacht hat, sollte wissen, dass Bußgeldbescheide aus dem EU-Ausland seit 2010 in Deutschland vollstreckt werden können. Der deutsche Staat, genauer das Bundesamt für Justiz, kann das verhängte Bußgeld also auch hierzulande eintreiben. Dazu muss die Rechnungssumme (also Bußgeld plus eventuelle Gebühren) aber insgesamt mindestens 70 Euro betragen. Ausnahme: Österreich kann aufgrund eines Sonderabkommens von 1990 bereits ab 25 Euro vollstrecken. Diese sogenannten Bagatellgrenzen sind schnell erreicht, weil die Bußgelder in vielen Ländern erheblich höher liegen als in Deutschland.

Hat man dagegen in Nicht-EU-Ländern wie Norwegen, Liechtenstein oder der Schweiz gegen die Verkehrsregeln verstoßen, gibt es die Vollstreckungsmöglichkeit nicht. Eventuelle Geldstrafen, die beispielsweise in der Schweiz oft saftig ausfallen, können also in Deutschland grundsätzlich nicht eingetrieben werden.

Vollstreckung und Verjährung – in Theorie und Praxis

„In der Praxis machen derzeit vor allem die Niederlande von der Vollstreckung Gebrauch“, so die Erfahrung des ADAC-Experten. Andere Länder, beispielsweise Italien, Frankreich und Spanien, schicken zwar die Bescheide nach Deutschland, vollstrecken aber nur selten. Für die betroffenen Länder lohnt sich das nämlich nicht, da das eingetriebene Geld an Deutschland fällt und nicht an das jeweilige „Tatortland“ weitergeleitet wird.

Aber: Verkehrssünder, die in diesen Ländern ein Knöllchen kassiert haben, sind trotzdem nicht auf der sicheren Seite. „Wer Bußgeldbescheide aus dem Ausland nicht bezahlt, muss in jedem Fall damit rechnen, dass die Strafe bei der Wiedereinreise in das betreffende Land vollstreckt wird“, warnt der Experte.

Solange die Angelegenheit nicht verjährt ist, kann die Polizei den Verkehrssünder also anhalten und das Bußgeld verlangen. Das kann erheblich teurer als die ursprüngliche Forderung werden. In Italien beispielsweise verdoppeln sich die Strafen, in der Schweiz geht man in diesen Fällen sogar in Haft. „Man ist in Deutschland aber trotzdem nicht vorbestraft“, so Nissen.

Die Verjährungsfristen für Verkehrsbußen sind von Land zu Land unterschiedlich. In Österreich, Frankreich und der Schweiz betragen sie wie in Deutschland drei Jahre, in Spanien vier, in den Niederlanden vier oder mehr Jahre, in Italien und Tschechien fünf Jahre.

Kleiner Trost: Das deutsche Punktekonto in Flensburg wird durch Verkehrsdelikte im Ausland nicht belastet. Auch andere Strafen der ausländischen Behörden, beispielsweise ein Führerscheinentzug, greifen in Deutschland nicht.