Köln. Was Mama oder Papa von Beruf sind – für den späteren Lebensweg dieses Knirpses wird das nicht mehr ganz so entscheidend sein: Der Anteil der Kinder aus Nichtakademiker-Haushalten, die einen Hochschulabschluss haben, nimmt zu. Lag er in den Jahren 2000 bis 2002 noch bei 19 Prozent, ist er mittlerweile auf fast 23 Prozent angestiegen.
„Die soziale Herkunft hat an Bedeutung verloren“, stellt Christina Anger vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) fest. Die Ökonomin gehört zu den Autoren einer brandaktuellen Studie zum Thema Bildungsgerechtigkeit.
Die Studie (nachzulesen online unter iwkoeln.de), enthält bemerkenswerte Zahlen: So fanden die Wissenschaftler heraus, dass Kinder aus einfachen Verhältnissen unter den Absolventen von naturwissenschaftlichen und technischen Studiengängen (den sogenannten MINT-Fächern) mit Abstand am stärksten vertreten sind.
Zwei Drittel aller Ingenieure stammen aus Nichtakademiker-Haushalten. Genauso hoch ist der Anteil auch bei den anderen MINT-Berufen wie dem des Informatikers. Solche Fachkräfte sind begehrt und bekommen in aller Regel gut bezahlte Jobs in der Industrie.
„Unser Bildungssystem ist viel besser als sein Ruf“, sagt Christina Anger. Es sei seit dem Jahr 2000 durchlässiger – und somit gerechter geworden. Vor 16 Jahren hatte es die alarmierende internationale Schulstudie Pisa gegeben: Darin wurde bemängelt, dass in Deutschland die Bildung stark vom sozialen Status der Eltern abhängt. Was sich seitdem getan hat, zeigen die IW-Forscher anhand der Bildungsaufsteiger. Unter den 30- bis 65-Jährigen haben derzeit 25 Prozent einen höheren Bildungsabschluss als Vater und Mutter. Dagegen haben lediglich 17 Prozent einen niedrigeren Abschluss und gelten als Bildungsabsteiger.
Legt man aber den durchschnittlichen Bildungsstand beider Elternteile zugrunde (etwa ein Arzt und eine Krankenschwester), kommt man sogar auf 54 Prozent Aufsteiger und nur 14 Prozent Absteiger.
Fazit von Volkswirtin Anger: „Um Kindern aus unteren Schichten mehr Chancen zu eröffnen, bringt es nichts, einfach mehr Geld umzuverteilen.“ Es sei wichtiger, die Qualität der Kindergärten und Schulen zu verbessern: „Wir brauchen eine Ganztagsbetreuung, um Eltern zu unterstützen.“