Menden/Lüdenscheid. In der Firma soll ein Arbeitsprozess digitalisiert werden? Der Azubi ist dabei. Beherrscht die Fachsprache, weiß, was möglich ist, bringt Ideen ein. Ein echter Mehrwert für das Unternehmen - die Expertise gibt es am Berufskolleg.

Das Hönne-Berufskolleg in Menden und das Berufskolleg für Technik Lüdenscheid gehören zu den 65 beruflichen Schulen in NRW, die die Zusatzqualifikation Digitale Fertigungsprozesse (ZQ) anbieten. Es ist eine Initiative der Nachwuchsstiftung Maschinenbau, mit der ambitionierte Auszubildende fit gemacht werden sollen für die Industrie 4.0.

Fertigungsabläufe kennenlernen in einer Smartfactory

Ein Jahr lang schlängeln sie sich anhand einer fiktiven Firma durch Prozessanalyse, IT-Security, Smart-Maintenance, computergestützte Fertigung, additives Manufacturing, vernetzte Fertigungssysteme, intelligente Fertigung mit cyber-physischen Systemen und Arbeit 4.0. Sie arbeiten mit VR-Brillen, 3-D-Druck, Robotertechnik und Mikrosensorik. Eine Menge Input, die sich auf 220 Unterrichtsstunden verteilt.

Und die die Azubis zusätzlich ableisten. Für Louis Kuisl ist das kein Thema: „Man braucht das. Je mehr man kann und weiß, desto bessere Chancen hat man.“ Der angehende Zerspanungsmechaniker gehört zum zweiten ZQ-Durchgang in Menden, der jetzt seine Zertifikate bekommt.

„Das Jahr hat wirklich was gebracht“

Zum Abschluss haben die Teilnehmer in ihrem Betrieb eine Aufgabe gesucht und gelöst. Da wurden mittels einer digitalen Auftragsliste Produktion, Logistik, Vertrieb und Verwaltung verknüpft, ein Mobile-Device-Management optimiert oder das Lager im Bereich Werkzeug und Material digitalisiert. Praktische Anwendungen, die zeigen: „Das Jahr hat wirklich was gebracht.“

Diese Rückmeldung hat Franz-Peter Jürgens, am Hönne-Berufskolleg Ansprechpartner für die ZQ, auch schon nach dem ersten Durchgang bekommen: „Die Teilnehmer sind begeistert. Echt gute Ideen sind dabei herumgekommen.“ Viel sei in den Köpfen drin gewesen, jetzt habe man es lösen können. Christian Rietzscher, der die ZQ in Lüdenscheid koordiniert, kann das nur bestätigen: „Die Azubis sind sehr engagiert und motiviert. Sie schätzen auch die Zusammenarbeit mit anderen Berufsfeldern.“

Berufskollegs haben die Weiterbildung der Lehrkräfte zusammen angegangen

Zerspanungs- und Werkzeugmechaniker, Elektriker, Produktdesigner, Stanz- und Umformmechaniker, informationstechnische Assistenten – die Zusammensetzung der Gruppen ist sehr gemischt. In Menden sind vorrangig die dritten Ausbildungsjahre angesprochen. In Lüdenscheid war das zweite Ausbildungsjahr interessierter. „Einige Teilnehmer möchten die Ausbildung verkürzen. Da passt das so besser“, erklärt Rietzscher.

Vom Blick über den Tellerrand der eigenen Ausbildung hinaus profitieren alle. Zukünftig möchten die beiden Berufskollegs das noch ausbauen. Schon die umfangreiche Weiterbildung der Lehrkräfte sind sie zusammen angegangen. Denkbar sind auch gemeinsame Projekte der Azubis oder, ganz praktisch, das Erproben der Fernwartung - von einer Schule zur anderen.

Acht Module in einem Jahr

Am Hönne-Berufskolleg ist gerade der dritte Durchgang gestartet, ein Einstieg ist noch möglich. Er endet im Juni 2023. Am BKT Lüdenscheid beginnt der zweite Durchgang nach den Herbstferien; der Unterricht findet dienstags statt. Alle Infos gibt es hier: nrwgoes.digital.

Hildegard Goor-Schotten
Autorin

Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, Hagen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie außerdem bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten

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