Angesichts der überbordenden Elektronik in modernen Autos können Fahrzeugbesitzer kaum noch etwas selbst erledigen. Doch welche ist die richtige Autowerkstatt für mein Fahrzeug? Und an welchen Stellschrauben kann ich drehen, damit die Reparatur korrekt verläuft? AKTIV hat einen Experten um Rat gefragt: Christian Hagemeyer, Rechtsanwalt des Verbands des Kfz-Gewerbes Nordrhein-Westfalen.
Freie Werkstatt oder Vertragswerkstatt?
Während die vom Autohersteller autorisierten Vertragswerkstätten jeweils auf bestimmte Fabrikate spezialisiert sind, kümmern sich freie Werkstätten in der Regel um alle Autos. Bei ihren Fahrzeugtypen hätten die an einen Hersteller gebundenen Werkstätten deshalb mehr Erfahrung und könnten spezielle Probleme in vielen Fällen besser beheben, so Hagemeyer. Das liege auch daran, dass sie oft besser mit Spezialwerkzeugen ausgestattet seien als unabhängige Anbieter.
Dafür sei der freie Service meistens etwas günstiger. „Hersteller geben ihren Händlern umfangreiche Vorgaben, unter anderem zum Erscheinungsbild des Betriebes und zur Gestaltung von Arbeitsabläufen. Das kostet in der Umsetzung Geld.“ Diesen Aufwand müssen unabhängige Autowerkstätten nicht betreiben und können deshalb bessere Preise anbieten.
„Wobei man ganz klar sagen muss: Die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker ist für alle gleich“, sagt der Experte. Aber unterm Strich kann die Fahrt zum Vertrags-Service vor allem bei komplizierten Problemen die bessere Wahl sein.
Erlischt die Garantie durch Inspektion in der freien Werkstatt?
Wer ein neues Auto kauft und es in der zweijährigen Garantiezeit nicht in der Vertragswerkstatt warten lässt, hat nichts zu befürchten. „Garantie ist ein rechtlicher Anspruch, den habe ich auch, wenn ich in einer freien Werkstatt die Inspektion machen lasse“, erklärt Hagemeyer. Wenn danach der Wagen unerwartet streikt, dürfe der Hersteller nicht die Garantieleistung verweigern.
Entscheidend sei jedoch, dass die Inspektion nach den Vorgaben des Herstellers vorgenommen werde. Auch die freie Werkstatt müsse deshalb die Herstellerinformationen kennen und über die entsprechende Diagnosetechnik verfügen. Bei Reparaturen außerhalb der Garantiezeit könne es jedoch vorkommen, dass der Hersteller kulanter sei, wenn eine Vertragswerkstatt in Anspruch genommen werde.
Ein Zeichen qualitativer Arbeit sei das blau-weiße „Meisterschild“, so Hagemeyer: Dies dürften nur Betriebe verwenden, die über geschultes Personal verfügen. Bei Streitigkeiten und Beanstandungen unterwerfen sie sich zudem der Kfz-Schiedsstelle.
Leistungen so präzise wie möglich beauftragen
Pauschalaufträge nach dem Motto „Bitte reparieren Sie mein Auto“ gilt es zu vermeiden. Sonst werden womöglich Dinge repariert, die der Kunde gar nicht beanstandet hat. „Man sollte den Auftrag so genau wie möglich fassen“, sagt Hagemeyer. Sinnvoll sei es, sich den Schaden vor der Auftragserteilung vom Kfz-Mechatroniker genau erklären zu lassen – unter Umständen sollte das Auto dazu sogar auf die Hebebühne gefahren werden. Ein bisschen Zusammenarbeit kann sich also auszahlen.
Endabrechnung höher als der KVA: Was muss man sich bieten lassen?
Handelt es sich um einen großen Schaden und hat der Kunde nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung, kommt ein Kostenvoranschlag in Betracht. Damit wird der Kostenrahmen genau festgelegt. Laut Rechtsprechung darf die Werkstatt aber selbst diesen Betrag um etwa 20 Prozent überziehen. „Das hängt dann damit zusammen, dass sich während der Reparatur noch nötiger Reparaturaufwand zeigt, der vorher nicht absehbar war.“ Allerdings müsse der Kunde über den höheren Preis informiert werden. „Ansonsten kann er die Zahlung verweigern.“ Das gilt auch für den Fall, dass die Schlussrechnung mehr als 20 Prozent über dem vereinbarten Preis liegt.
Ob ein Kostenvoranschlag etwas kostet, hängt vom Aufwand ab. Zu bezahlen ist er vor allem dann, wenn der Reparaturauftrag anschließend an eine andere Werkstatt geht. Laut Hagemeyer sind für den Voranschlag etwa 100 Euro fällig. Sinnvoll kann es zudem sein, im Reparaturauftrag einen genauen Fertigstellungstermin zu fixieren. Nicht nur, um zeitlich besser kalkulieren zu können. Kann die Werkstatt diesen Termin selbstverschuldet nicht einhalten, hat der Kunde nach einer Überschreitung von 24 Stunden zudem Anspruch auf einen Ersatzwagen. „Es sei denn, die Verzögerung ist auf höhere Gewalt zurückzuführen“, sagt Hagemeyer.
Worauf kommt es nach der Reparatur an?
Auf der Rechnung müssen die geleistete Arbeitszeit und der Wert der verwendeten Materialien aufgelistet sein. Unklarheiten sollte sich der Kunde erklären lassen. „Der Kunde ist verpflichtet, das Fahrzeug abzunehmen und abzuholen – es sei denn, nach der Reparatur zeigen sich grobe Mängel“, erklärt Hagemeyer.
Ist der Autobesitzer zufrieden, muss er seinen Wagen innerhalb einer bestimmten Frist von der Werkstatt abholen. Laut Hagemeyer kann diese Frist zwischen zwei Tagen und einer Woche liegen – je nach Umfang der Reparatur und den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kfz-Betriebes. „Holt der Kunde den Wagen nicht ab, muss er damit rechnen, dass die Werkstatt ihm eine Standgebühr berechnet.“