Eine große Tüte Gummischlümpfe, 1,69 Euro. Dazu zwei Semmeln à 36 Cent und eine Rispe Cocktailtomaten für 2,23 Euro – macht zusammen 4 Euro und 64 Cent. Dann geht das Kramen in der Geldbörse los – und so mancher Bargeld-Fan handelt sich dann genervte Blicke an der Kasse ein.
Doch mit den krummen Beträgen beim Bezahlen könnte bald Schluss sein. Die EU-Kommission will das Münzgeld abschaffen, besser gesagt einen Teil davon, nämlich die 1- und 2-Cent-Stücke. Stattdessen soll nach festen Regeln auf- und abgerundet werden. So steht es zumindest im aktuellen Arbeitsprogramm in Brüssel. Bis 2021 will man zu einem Ergebnis kommen.
Das läppert sich mit der Zeit: Jeder Bürger hortet 181 Kleinstmünzen
Mit der Abschaffung will man ein lästiges Problem beseitigen, das dazu noch teuer ist. Weil viele Menschen die Kupferstücke horten, müssen sie ständig nachgeprägt werden. Die Ausgabe von 1- und 2-Cent-Münzen steigt und steigt, die Ausgaberate wächst schneller als bei den übrigen Stückelungen. Statistisch gesehen hortet jeder Bürger im Euro-Währungsgebiet derzeit sage und schreibe 181 dieser Klimpermünzen. Nicht nur ordentlich „verwahrt“ in Sparschweinen, sondern auch in Hosentaschen, Blechbüchsen oder zweckentfremdeten Marmeladengläsern, wo sie verstauben.
Die Kupferstücke werden, wenn überhaupt, hauptsächlich für Käufe in geringer Höhe eingesetzt. Das fand die EU-Kommission in einer Studie heraus. Etwa für Lebensmittel und Gebrauchsgüter im Supermarkt, in Bäckereien und kleinen Geschäften oder für lose Ware auf dem Wochenmarkt, beim Metzger und an der Tanke. Der Einsatz ist meist eine Einbahnstraße: Die Kunden erhalten viel häufiger 1- und 2-Cent-Münzen als Wechselgeld zurück, als sie ausgeben.
Transport zu teuer: Deshalb bekommt Wangerooge keine Münzen mehr
Das Kleingeld ist vor allem teuer im Transport. Das führt mitunter zu interessanten Entscheidungen: So bekommt die Nordseeinsel Wangerooge seit Ende 2019 kein Kupfergeld mehr, weil man die Münzen bei Ebbe und Flut häufig nicht günstig mit der Fähre, sondern per teurer Luftfracht mit dem Flieger auf das Eiland bringen musste.
Inzwischen sind zwei Drittel der Deutschen für die Abschaffung der Münzen mit dem Miniwert, hat die jüngste Abfrage der EU ergeben. Die große Mehrheit der Menschen im Euroraum befürwortet ebenfalls die Abschaffung der kleinen Stückelungen.
Auf oder abrunden: Entscheidend ist der Cent-Wert am Ende
Das Runden soll in Zukunft so funktionieren: Geldbeträge, die auf 1, 2, 6 oder 7 Cent enden, werden abgerundet. Bei Summen mit 3, 4, 8 oder 9 Cent am Ende rundet man dagegen auf. Bei einem Endbetrag von 2,59 Euro oder 2,62 Euro wird etwa ein Betrag von 2,60 Euro fällig, bei Beträgen von 2,63 oder 2,67 Euro, sind es in bar 5 Cent mehr (2,65 Euro).
Andere Länder sind Vorbild: In Finnland, Irland, Belgien und den Niederlanden spielen 1- und 2-Cent-Münzen beim täglichen Einkauf keine große Rolle mehr.
Mit Bargeld bezahlen: Immer noch sieben Sekunden schneller als Kartenzahlung mit PIN-Eingabe
Bargeld insgesamt ist aber trotz allem immer noch beliebt. Auch wenn viele in Corona-Zeiten zum kontaktlosen Bezahlen wechselten – viele wollen auf Scheine und Geldstücke nicht verzichten. Für das Bezahlen an der Kasse wird in drei von vier Fällen Bargeld genutzt, ergab eine Studie der Bundesbank. 22,3 Sekunden dauert im Durchschnitt eine Bezahlung mit Barem. Damit ist es unterm Strich und wenn man glatte Beträge mitrechnet sogar rund sieben Sekunden schneller als eine Kartenzahlung mit PIN-Eingabe und knapp 16 Sekunden flotter als eine Kartenzahlung mit Unterschrift.
Infolge der geringen Fixkosten sind Barzahlungen bis zu einem durchschnittlichen Betrag von knapp 20 Euro zudem das günstigste Zahlungsmittel für den Einzelhandel, hat die Bundesbank errechnet. Bei darüberliegenden Beträgen ist aus Sicht der Geschäfte die Girocard günstiger.
Wohin mit den Münzen aus dem Sparschwein oder dem Marmeladenglas?
Die erste Möglichkeit ist, zur Bankfiliale zu gehen. Sie ist nicht unbedingt die beste. Nachteil sind mitunter hohe Gebühren. Viele Banken verlangen Entgelte für die Einzahlung von Münzgeld. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat gegen eine pauschale Gebühr von 7,50 Euro je Münzgeldeinzahlung bei der BB Bank erfolgreich geklagt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe gab ihr in erster Instanz recht (OLG Karlsruhe, 26.06.2018, 17 U 147/17).
Zum Glück gibt es immer noch den Weltspartag. An diesem Datum (dieses Jahr ist er am 30.10.2020) kann man bei Sparkassen und Volksbanken kostenlos Kleingeld einzahlen und umtauschen. Doch die Idee haben bestimmt noch mehr, also Wartezeit einkalkulieren.
Kleinstmünzen bei einer Filiale der Deutschen Bundesbank abgeben
Eine weitere Möglichkeit: Eine der 35 Filialen der Deutschen Bundesbank besuchen. Das Kleingeld am Schalter abgeben, es wird dann in der Zentrale gezählt. Nach ein paar Tagen Wartezeit kann man sich das Geld in der gewünschten Stückelung auszahlen lassen, muss dafür aber nochmals die Filiale aufsuchen. Lohnt sich also nur, wenn diese gut erreichbar ist.
50 einzelne Euro-Münzen: Mehr muss ein Händler nicht annehmen
Natürlich kann man auch mit dem gesammelten Münzgeld zum Einkaufen gehen. Da sollte man wissen: Kein Händler im Euro-Raum muss mehr als 50 einzelne Euro-Münzen pro Zahlung annehmen. Ausnahme sind unter Umständen Hochzeitsschuhe. Es soll ja Glück bringen, diese mit Pfennigen – heute Cent! – zu bezahlen. Der Brauch steht symbolisch für die Sparsamkeit der Braut. Allerdings stammt er aus einer Zeit, als die Schühchen noch 10 oder 20 Mark kosteten. Trotzdem drücken hier auch heute manche Geschäfte noch beide Augen zu.
Münzautomaten erstellen Wert-Bons: Dafür wird eine Gebühr von fast 10 Prozent fällig
Auch Selbstbedienungskassen nehmen unsortiertes Hartgeld an. Man kann es einfach in das Fach hineinschütten. Eine neuere Lösung sind Münzautomaten, zum Beispiel von Coinstar, die in manchen Supermärkten (zum Beispiel Real, Edeka, in einigen Rewe-Filialen) stehen.
Das funktioniert so: Kleingeld rein, Gutschein raus, an der Kasse auszahlen oder mit dem Einkauf verrechnen lassen (Der Wert-Bon kann aber nur in dem Geschäft eingelöst werden, in dem er ausgestellt wurde). Der Haken an der Sache ist, dass der Anbieter für seinen Service Gebühren verlangt, er behält 9,9 Prozent der eingezahlten Summe. Rund 700 Automaten gibt es, der Anbieter hat in Deutschland im Jahr 2019 rund 60 Millionen Umsatz gemacht.
Lieber spenden statt in den Brunnen werfen
Manch einer mag vielleicht auch ins eigene Glück „investieren“. Gelegenheit dazu gibt es zum Beispiel bei Städtereisen. Der bekannteste Wunschbrunnen ist der Trevi-Brunnen in Rom. Allerdings ist die Wirksamkeit nicht bestätigt und der Deal „Wunsch gegen Münze“ nicht überall erwünscht.
Dann besser eine Sammelbüchse ansteuern. Spenden kann man für vieles, nicht nur im Advent. Tierheime und Hilfsorganisationen freuen sich, auch mit Kleinbeträgen kommt am Ende einiges zusammen.
Tipp: So sammelt man Kleinstmünzen erst gar nicht an
Wem das alles zu umständlich ist, hier ein Tipp, wie er mit Geduld und etwas Zeit die Klimpermünzen los wird: Nie mehr als zehn Geldstücke in der Börse mit sich herumtragen.