„Widerstand ist snacklos“, erklärt Julia Floß auf ihrer Website. Auch sonst ist die Kölner Köchin, Patissière und Gastro-Kritikerin nicht um kreative Wortspiele verlegen. Die hört man zum Beispiel in ihrem wöchentlichen Food-Podcast „UmamiTown“ (Streaming überall da, wo es Podcasts gibt). Wir haben sie gefragt, wie man sein Abendessen kreativ gestalten kann.
Frau Floß, was sind die Deutschen für Abendessen-Typen?
Kann man so pauschal nicht sagen. Ich zum Beispiel bin in den 1980ern und 90ern mit dem klassischen Schnittchen am Abend aufgewachsen. Mittags gab es die Hauptmahlzeit, meist vorgekocht, Kartoffeln mit Frikadellen, Nudeln, was auch immer. Und abends den gedeckten Abendbrottisch mit Graubrot und Käse. Ich glaube, dass das nach wie vor in vielen Haushalten so ist, gerade in Familien mit kleinen Kindern. Aber ich denke auch, dass da einiges im Wandel ist.
Was hat sich denn geändert?
Heute haben viele Menschen mittags nur ein kleines Zeitfenster. Um die Hauptmahlzeit des Tages mit Genuss einzunehmen, ist die Mittagspause eigentlich viel zu kurz. Deshalb hat sich das in vielen Familien nach hinten verschoben: Abends hat man mehr Ruhe und kann zusammen die Hauptmahlzeit essen. Andererseits gibt es auch die Regelmäßigkeit von früher so nicht mehr. Viele sind flexibel. Essen vielleicht montagmittags in der Kantine warm und dienstags dann abends, wenn alle zusammensitzen.
In vielen Kantinen und Familien in Deutschland wird mittags warm gekocht. In südlichen Ländern wird die Hauptmahlzeit eher am Abend gegessen. Was kann man von diesen Esskulturen in Sachen Abendbrot lernen?
Hauptsächlich Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln. Es stimmt ja: In Italien etwa ist die „cena“, das Abendessen, oft die Hauptmahlzeit. Der Grund dafür ist natürlich zum einen das Klima – man isst lieber, wenn es kühler ist. Allerdings muss auch das „pranzo“, das Mittagessen zwischen 12 und 14 Uhr, nicht zwangsläufig etwas Kaltes sein. Da können zum Beispiel auch frittierte Reisbällchen auf den Tisch kommen. In Italien gibt es die typisch deutsche Aufteilung in kaltes und warmes Essen so nicht.
Auch das – kalte – Abendbrot lässt sich ja zelebrieren. Haben Sie Tipps, wie man mit einfachen Mitteln und schnell ein außergewöhnliches Abendessen zaubert?
Ich liebe das klassische Abendbrot – oder die Vesperplatte, wie man im Süddeutschen sagt! Der wichtigste Faktor, um sie besser zu machen, ist die Produktqualität. Das beginnt bei einem leckeren, vollen, frischen Brot. Wenn man Fleisch isst, sollte man vielleicht nicht sechs verschiedene Sorten Wurst kaufen, sondern einen guten Schinken und eine tolle Wurst. Es ist geschmacklich oft etwas ganz anderes, wenn man für einen Schinken ein paar Euro mehr auf den Tisch legt. Oder sich einen guten Käse im Käseladen kauft und nicht den Billig-Gouda aus dem Supermarkt. Klar, das kostet ein bisschen mehr. Aber es macht einen Riesen-Unterschied.
Die Qualität ist das eine. Weitere Tipps, um das Abendbrot zu pimpen?
Essiggemüse! Das muss nicht immer die Essiggurke sein. Man kann auch mal sauer eingelegten Blumenkohl oder Perlzwiebelchen nehmen. Auch mit verschiedenen Senfsorten kann man experimentieren. Ich empfehle, mal einen leckeren Aprikosensenf zu probieren. Was sehr gut zum Brot passt, ist ein kleines, schnell gemachtes Salätchen. Ein Gurkensalat mit Dill und Rahm etwa, ein Krautsalat – irgendwas Grünes und Frisches. Die leichte Säure des Salats bietet einen guten Kontrast zum Fett von Wurst, Käse und Butter und zur Süße des Brots.
Und wenn es abends mal kein Schnittchen sein soll – aber trotzdem schnell gemacht, lecker und gesund?
Eigentlich kann jede Mahlzeit zum Abendessen werden. Aber ein leckeres, superschnell gemachtes Abendessen ist zum Beispiel eine Portion Basmatireis mit Spiegelei, frischen Gurken und einem Chili-Crisp-Öl. Den Reis einfach kochen, mit dem gebratenen Spiegelei vermengen, ein bisschen Chili-Öl drauf und ein paar frische Gurken. Herrlich! Ein anderer Tipp: Omelett. Das ist ein oft unterschätztes Gericht, dass sich superschnell zubereiten lässt. Entweder einfach mit Salz, Pfeffer, einer Prise Muskat und einem kleinen Salat. Oder zum Beispiel mit Pfifferlingen gepimpt. Auch lecker und einfach: ein Grilled-Cheese-Sandwich mit Kimchi.
Quasi das Käsebrot 2.0.
Genau. Toast, ein guter Cheddar-Käse und eingelegtes Kimchi. Eine fantastische Kombination.
Mein klassisches Ernährungs-Halbwissen sagt: Essen nach 18 Uhr macht dick. Stimmt das eigentlich?
Es kommt darauf an. Was vor allem zählt, ist die Gesamtrechnung an Kalorien über den Tag. Wenn ich mir tagsüber nur wenige Kalorien zuführe, habe ich abends auf jeden Fall noch Raum – und nehme auch bei einem üppigen Abendessen nicht sofort zu. Allerdings wird der Stoffwechsel am Abend etwas träger, sodass wir langsamer verdauen. Empfehlenswert ist deshalb, abends eher weniger auf kalorienreiche Kohlenhydrate und eher auf Vollkorn und Hülsenfrüchte setzen. Was wir von den Italienern lernen können, die öfter abends die Hauptmahlzeit einnehmen, ist die „passeggiata“: der Spaziergang nach dem Abendessen.
Was war in letzter Zeit Ihr Lieblingessen am Abendbrottisch?
Eines meiner absoluten Highlight-Abendessen neulich war ein Salat Niçoise – ein Salat mit Thunfisch, grünen Bohnen, Tomaten, Oliven, Kapern und einem Essig-Öl-Dressing. Hat nur 20 Minuten gedauert.
Rezept von Julia Floß für ein schnelles Abendessen
Salat Nizza (Zutaten für 4 Portionen):
- 4 Eier
- Salz
- 1 Zweig Bohnenkraut oder 1 TL getrocknetes Bohnenkraut
- 200 g grüne Bohnen
- 1 rote Zwiebel
- 2 EL heller Balsamessig
- 1 Prise Zucker
- 1 Römersalat
- 200 g Kirschtomaten
- 300 g Thunfisch (aus der Konserve)
- 6 EL Taggiasca Oliven
- 4 EL Kapern
- 6 EL Olivenöl
- 1 TL Senf
- ½ Knoblauchzehe
- schwarzer Pfeffer
- optional Chiliflocken
Zubereitung:
Eier in kochendes Wasser geben, 8 bis 10 Minuten kochen, mit kaltem Wasser abschrecken und abkühlen lassen. Wenn sie abgekühlt sind, vierteln oder sechsteln. Währenddessen die Bohnen putzen (Enden abschneiden). In einem Topf Wasser mit 1 TL Salz und dem Bohnenkraut zum Kochen bringen und die Bohnen 6 Minuten kochen. Sie dürfen beim Kauen nicht mehr quietschen. Anschließend abgießen und abtropfen lassen. Eventuell in mundgerechte Stücke schneiden oder an der Naht auseinanderziehen.
Zwiebel schälen, in feine Ringe schneiden und mit dem Essig und einer Prise Zucker in einer Salatschüssel marinieren. Salat waschen und in mundgerechte Stücke zupfen. Tomaten waschen und halbieren, Thunfisch abgießen. Alle Zutaten zu den marinierten Zwiebelringen geben, gründlich mischen und abschmecken.
Tipp: Diesem Salat steht alles Mögliche. Ich liebe Staudensellerie und schnibbel den gerne dazu. Oder ein Stück Salatgurke. Eingelegte, abgebrannte Paprika. Kräutertechnisch geht hier auch alles, was gefällt: Schnittlauch, Petersilie, Dill, Basilikum. Im klassischen Salat Niçoise dürfen die gekochten, lauwarmen Kartoffeln nicht fehlen. Alles ganz köstliche Optionen.
Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Piano in einer Jazz-Band.
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