Vor allem Neulinge im Job stellen sich viele Fragen: Wer bietet wem das Du zuerst an? Welche Kleidung ist die richtige für die Arbeit? Und wie benimmt man sich auf der Firmenfeier nicht daneben? Die Regeln für das Arbeitsleben waren noch vor einigen Jahren sehr viel strenger. Heute geht es meist lockerer zu. Das gilt in vielen Unternehmen auch für den Umgang mit dem Chef. Aber Achtung: Kumpelhaft verbrüdern wie mit dem Lieblingskollegen sollte man sich trotzdem nicht. 

Außerdem gelten bei der Arbeit weiterhin ungeschriebene Regeln, an die man sich halten sollte. Wer irgendwo neu anfängt, muss diese allerdings erstmal verstehen. Die Etikette-Trainerin und Kommunikationsexpertin Nandine Meyden erklärt, wie das am besten geht, wie man sich dem Chef und den Kollegen gegenüber richtig verhält und was man auf keinen Fall machen sollte.

1. Erstmal nur beobachten

Wenn Sie irgendwo neu anfangen, sollten Sie erstmal alles nur beobachten und mehr fragen als sagen. Nur wer genau hinschaut, kann die ungeschriebenen Regeln eines Betriebs verstehen. Wie gehen die Mitarbeiter miteinander um? Was machen sie, wenn sie Fragen haben? Wie gehen sie mit Kritik um? „Beobachten Sie zunächst einfach nur und stellen Fragen. Ein neues Unternehmen ist wie ein fremdes Land, auch wenn die Branche die gleiche ist“, rät Meyden.

2. Angemessene Kleidung

Was angemessene Kleidung beim Job genau bedeutet, hängt vom Unternehmen und der Branche ab. Gibt es keine klaren Vorgaben oder Dienstkleidung, kann man sich an den Kollegen orientieren oder bereits im Vorstellungsgespräch nach dem Dresscode fragen. Sind die Kollegen sehr unterschiedlich gekleidet, sollte man fragen, was für einen selbst in seiner Abteilung eine gute Orientierung wäre. Wenn keine Arbeitskleidung vorgeschrieben ist und man sich unsicher ist, gilt: Am Anfang lieber etwas zu schick als zu leger anziehen. 

3. Umgang mit dem Chef

Auch hier gilt: Beobachten, was die Kollegen machen. Wie reagieren Sie, wenn der Chef von seinem Wochenende erzählt oder einen Vorschlag macht? Nicken alle nur stumm oder entwickeln sich lebhafte Diskussionen und Erzählungen? Durch genaues Hinschauen entwickelt man ein Verständnis für den Umgang und kann sich selbst herantasten. 

4. Kritik richtig anbringen

Wenn Sie etwas zu kritisieren haben, muss die Kritik unbedingt auf der richtigen Hierarchieebene angebracht werden. „Hier eine Stufe zu überspringen, wäre das Schlimmste, was Sie machen könnten“, warnt Meyden. Das gilt auch für die Frage nach Gehaltserhöhungen. Nur, wenn sich gravierendere Probleme durch ein Gespräch mit direkten Vorgesetzten nicht lösen lassen, kommen je nach Unternehmen weitere Ansprechpartner infrage, zum Beispiel die Personalabteilung. Generell gilt: In Unternehmen mit flachen Hierarchien, in denen sich die Chefs als Teil des Teams verstehen, ist es weniger bedenklich, seinen Mund aufzumachen. In anderen Unternehmen dagegen sollte man sorgfältiger auf die Wortwahl achten.

5. Siezen oder duzen?

Auch hier sollte man sich den Umständen anpassen: Wenn sich alle in der Firma duzen, wirkt es auf die Kollegen seltsam, wenn man selbst unbedingt gesiezt werden möchte. Meistens ist es klar geregelt, ob Du oder Sie gilt. Ist das nicht der Fall, muss man genau hinhören, wer wen duzt und bei Bedarf lieber nochmal nachfragen. Eine feste Regel gibt es allerdings: Die Führungskraft muss Ihnen das Du immer zuerst anbieten. Auf der gleichen Hierarchieebene gilt: Die Alteingesessenen müssen dem Neuankömmling das Du anbieten, nicht umgekehrt.

6. Regeln für hybrides Arbeiten

Seit Corona arbeiten zumindest bei Bürojobs die meisten Teams gemischt: Ein Teil ist vor Ort, der andere zuhause. Auch hier ist es wichtig, sich einzufügen. Manche Firmen nutzen Systeme wie Teams oder Slack, andere schreiben lieber Mails oder telefonieren. „Auch hier einfach vorher fragen, wie die Kommunikation geregelt ist, damit man die ungeschriebenen Regeln nicht verletzt“, empfiehlt Meyden.

7. Smalltalk in der Kaffeeküche

„Es ist wichtig, mit dem Chef und den Kollegen Smalltalk zu halten. Schließlich geht es nicht immer nur um Fakten, sondern auch darum, Sympathie aufzubauen“, empfiehlt Meyden. Das bedeutet auch, dass man selbst freundlich auf ein Gesprächsangebot eingeht. Man sollte sich allerdings genau überlegen, wie viel Privates man preisgeben möchte. Das gilt besonders beim Plaudern mit Führungskräften. Hier gilt: Je höher die Position, desto weniger Privates wird erzählt. 
Tabu in diesem Kontext sind auch zu detaillierte berufliche Fragen. Gute Plauderthemen sind Pläne für den Urlaub oder Unternehmungen am Wochenende. Ein Gesprächsthema zu finden ist einfacher, wenn Sie die Menschen ein bisschen kennen. Für einen Gesprächseinstieg empfiehlt Meyden außerdem, dem anderen ein bisschen Privates von sich anzubieten, damit der Andere einen Anknüpfungspunkt hat. Beispiel: „Ich hoffe, das Wetter am Wochenende bleibt schön, denn ich habe meinen Kindern einen Ausflug in den Wildpark versprochen.“

8. Einladungen nach Feierabend

Die Kollegen gehen nach Feierabend in die Kneipe oder ins Restaurant, mitgehen oder nicht? „Natürlich steht Ihnen die Zeit nach der Arbeit zur freien Verfügung. Sie sollten sich aber fragen, was Ihnen im Umgang mit Ihren Kollegen wichtig ist. Wenn man ihnen immer signalisiert, dass man privat mit ihnen nichts zu haben will, wirkt das unsympathisch“, sagt Meyden. Außerdem bieten solche privaten Treffen immer gute Gelegenheiten zum Austausch. Wenn man nie dabei ist, bekommt man vieles nicht mit. Deshalb sollte man zumindest ab und zu mal nach Feierabend mitgehen.

9. Lästern ist tabu!

Egal ob in der Kneipe oder in der Firma: Gelästert wird nicht, weder über andere Kollegen noch über den Chef. „Wenn Sie etwas zu kritisieren haben, machen Sie einen Termin und sagen das dem Betreffenden direkt. Auch wenn andere schlecht über jemanden reden, sollten Sie sich nicht daran beteiligen,“ rät Meyden.

10. Betriebsfeier: Spaß haben, aber bloß nicht abstürzen!

Für Betriebsfeiern gibt es zwei Regeln: Stimmung angenehm und entspannt halten und bloß nicht zu viel trinken. Auch Chefs wollen mal entspannen, deshalb sollte man das Zusammentreffen nicht missbrauchen, um sie nach etwas Beruflichem zu fragen. Außerdem ist es sehr wichtig, nicht aus dem Rahmen zu fallen, also nur so viel Alkohol zu trinken, wie man auch sicher verträgt.

„Eine Betriebsfeier mag zwar in der Freizeit stattfinden, ist aber trotzdem ein beruflicher Termin. Man sieht die Leute nicht nur am nächsten Tag wieder, sondern voraussichtlich noch mehrere Jahre. Da sollte man sich seine Reputation nicht durch einen unbedachten Abend zerstören“, macht Meyden klar. Trotzdem darf man sich natürlich gerne ein bisschen lockerer geben als sonst und beim Tanzen oder Karaoke mitmachen. 

Tanja Wessendorf
aktiv-Redakteurin

Tanja Wessendorf berichtet für aktiv aus der Industrie und schreibt über Verbraucherthemen. Sie studierte in Berlin Politikwissenschaft und volontierte in Hamburg bei der Tageszeitung „Harburger Anzeigen und Nachrichten“. Seit 2008 arbeitet sie als Redakteurin, viele Jahre in der Ratgeber-Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“, aber auch beim TV-Sender Phoenix. Privat liebt sie alles, was schnell ist: Kickboxen, Eishockey und laufen mit ihrem Hund. 

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