Deutschland ist ein Industrieland. Das hat in den vergangenen Jahrzehnten Spuren in Natur und Umwelt hinterlassen. Doch die sind nicht immer von Dauer. Aus ausgedienten Industrieflächen sind heute Orte für Spiel und Spaß geworden. AKTIV stellt Ihnen im Folgenden zehn Highlights vor:
 

Zeche Zollverein in Essen: Kultur und Freizeit unterm Doppelbock

Foto: Blossey

Sie gilt als „die schönste Zeche der Welt“ und ist deshalb wohl auch Unesco-Welterbe: Die Zeche Zollverein im Essener Norden mit ihrem Doppelbock-Förderturm. Wo bis 1986 bis zu 8.000 Kumpel täglich 12.000 Tonnen Kohle förderten, verbrachten im vergangenen Jahr rund 1,5 Millionen Menschen ihre Freizeit. Über das etwa 100 Fußballfelder große Gelände führt einen Denkmalpfad an Mischanlagen, Löschtürmen und Bunkern vorbei. Im Museum „Phänomania“, das in einem ehemaligen Fördermaschinen- und Umformgebäude untergebracht ist, können Kinder physikalische Experimente beobachten und selbst durchführen. Bundesweit bekannt sind auch die Outdoor-Veranstaltungen wie die jährlich stattfindende Nacht der Industriekultur „Extraschicht“. Sogar im Winter ist etwas auf dem Zechengelände los. Dann ist dort eine Eisbahn aufgebaut.

zollverein.de

Gasometer in Oberhausen: Die höchste Ausstellungshalle Europas

Foto: S. Ziese

Mit knapp 118 Meter Höhe und einem Durchmesser von fast 68 Metern sorgte der runde Koloss ab 1927 dafür, dass das in den nahe gelegenen Eisenhütten erzeugte Gichtgas zwischengespeichert wurde. Bei Bedarf ging es dann an die umliegenden Kokereien. 1988 war damit Schluss. Pipelines lieferten das Gas für die Werke. Mitte der 90er-Jahre wurde aus der Industrie-Ruine ein Denkmal der besonderen Art. In dem 3.000 Quadratmeter großen Raum unter dem riesigen Dach des Gasometers hat die höchste Ausstellungshalle Europas Platz gefunden. Sie beherbergt derzeit die Ausstellung „Wunder der Natur“, die schon 250.000 Gäste besucht haben (noch bis zum 30.12.2016). Und vom Dach, zu dem zwei Panorama-Aufzüge hochfahren, kann man bei klarer Sicht bis zu 35 Kilometer weit sehen.

gasometer.de

Landschaftsparkt Duisburg-Nord: Klettern am Bunker

Foto: Stephan Eickershoff

Für Kinder und Jugendliche ist der über 200 Hektar große Park auf dem ehemaligen Hochofengelände ein Spiel- und Kletterparadies. Dort gibt es Spielplätze, und zwischen den hohen Wänden der ehemaligen Erzlagerbunker schlängeln sich Rutschröhren und die Wege eines alpinen Klettergartens. Im Gasometer ist Europas größtes künstliches Tauchsportareal entstanden. Ein spektakulärer Anblick sind die Lichtinstallationen. Nachts erstrahlen die hergerichteten Industriebauten in buntem Licht. Auf dem Hochofen 5, in dem bis 1985 noch bei 2.000 Grad Roheisen geschmolzen wurde, kann man heute auf 70 Meter Höhe über ganz Duisburg schauen – und auch noch das aktive Stahlkocher-Zentrum von ThyssenKrupp Steel sehen. Dort produzieren heute noch vier Hochöfen 30.000 Tonnen Roheisen pro Tag.

landschaftspark.de

Halden-Hügel-Hopping in Recklinghausen: Wandern mal anders

Foto: Kai Kitschenberg

Es gibt nicht nur beeindruckende Industriearchitektur: Auch die Natur hat sich durch industrielle Nutzung über Jahrzehnte stark verändert. Das zeigen die ehemaligen Halden des Bergbaus in Recklinghausen. Zig Millionen Tonnen Abraum schaufelten die Zechen aus dem Erdinneren. Er landete auf eigens dafür angelegten Halden – und bildet heute eine einzigartige Landschaft. Wie das aussehen kann, zeigt das Halden-Hügel-Hopping im Vest Recklinghausen. Einem Gebiet, das zu Plateau-, Tafel-, Spiralberg-, Vulkan- oder Spitzkegelhügel aufgeschüttet wurde. Seit 2015 kann man dort wandern – „hoppen“ von Halde zu Halde und auf Hochpunkten von gut 150 Metern über die Landschaft schauen. Für diese Wandertouren gibt es sogar eine App (Android und iOS/Apple), den „Halden-Hügel-Navi“. Er versorgt einen mit Informationen zu den jeweiligen Touren, wie Start und Endpunkte oder Sehenswertes auf der Route. Nähere Infos über die Halden-Hügel und die Apps (zu finden unter der Überschrift „Digitaler Wanderführer für das Smartphone“) auf der Homepage:

halden-hügel-hopping.de

Wunderland Kalkar: Fliegen im Kühlturm

Foto: dpa

Er war der Stolz der Atom-Industrie in den 70-er Jahren – der „Schnelle Brüter“ im niederrheinischen Kalkar. Doch bevor sich überhaupt nur ein Atom im Kern des Meilers spalten konnte, wurde der Bau 1985 eingestellt. Grund: zu teuer, nicht sicher genug. Den sechs Milliarden Euro teuren Bau kaufte ein niederländischer Unternehmer für gut 2,5 Millionen Euro und eröffnete 1995 einen Freizeitpark. Heute vergnügen sich dort jährlich 300.000 Besucher auf 40 Attraktionen, darunter eine Achterbahn, eine Wildwasserbahn, ein Riesenrad und ein Kettenkarussell im Kühlturm. Der Freizeitpark soll in Zukunft kräftig wachsen. Er ist besonders bei Familien aus den Niederlanden beliebt. Bis 2020 sollen ein Wellness-Tempel und eine Winterlandschaft entstehen. Ziel: eine Million Besucher pro Jahr.

wunderlandkalkar.eu/de

Leipziger Neuseenland: Kraterlandschaft wird zum Naherholungsgebiet

Foto: dpa

Hier stimmt der Begriff von den „blühenden Landschaften“ tatsächlich mal. Denn aus der wüsten Kraterlandschaft rund um Leipzig ist mittlerweile ein riesiges Naherholungsgebiet geworden. Braunkohlebagger hoben dort bis zur Wende 1989 Kohle aus der Erde und hinterließen tiefe Löcher und Abraumhalden. Heute sind diese Löcher Seen, auf den renaturierten Schuttbergen kann man wandern. An den Ufern der Seen führen Fahrradwege vorbei, kleine Häfen mit Freizeitangeboten wie Bootstouren oder Strandbäder sind entstanden. Ballonfahrten über das Gebiet zeigen die tiefgreifenden Veränderungen in der Landschaft. Mittendrin am Markkleeberger See etwa liegt ein Kanupark mit einer künstlichen Wildwasserbahn. Erst 2018 sollen alle Löcher mit Wasser gefüllt sein. Dann ist das Leipziger Neuseenland größer als die Mecklenburgische Seenplatte.

leipzigerneuseenland.de

Miniaturwunderland in der Hamburger Speicherstadt: Vom Freihafen zur Freizeitattraktion

Foto: Miniaturwunderland

Die roten Backsteinbauten der Speicherstadt in Hamburg erstrecken sich über eine Fläche von 26 Hektar. Wo früher Waren aus aller Herren Länder umgeschlagen wurden, ist heute ein Touristenmagnet entstanden. Die Speicher wurden im Juli 2015 sogar in die Liste des Unesco-Welterbes aufgenommen. Als Lager dienen die Speicher schon lange nicht mehr, sogar der Status eines Freihafens ging 2003 verloren. Macht nichts. Dafür entstand Neues: Wie etwa das Miniaturwunderland. Es lässt besonders die Herzen von Kindern und eingefleischten Modelleisenbahnern höherschlagen. Im Maßstab 1:87 fahren auf 1.300 Quadratmetern 930 digital gesteuerte Züge über eine Strecke von mehr als 15 Kilometern. Die acht Abschnitte zeigen Nachbauten von Ländern wie Amerika, Skandinavien oder der Schweiz – im Kleinformat. Das begeistert international. Allein 2015 kamen über 1,2 Millionen Besucher, ein Viertel davon aus dem Ausland.

miniatur-wunderland.de

Tropical Islands im Spreewald – Schwimmparadies auf 60.000 Quadratmeter

Foto: Tropical Islands

Mitten auf dem Gelände eines ehemaligen sowjetischen Flughafens in Brandenburg steht eine der größten freitragenden Hallen der Welt: die Cargolifter-Werfthalle in Dahme-Spreewald. 369 Meter lang, 210 Meter breit und 107 Meter hoch. Ursprünglich wurde sie gebaut, um riesige Luftschiffe, die „Cargolifter“ zu parken. Doch aus der Ende 2000 fertiggestellten riesigen Zeppelin-Garage wurde schon 2004 etwas ganz anderes: die „Tropical Islands“ – ein Freizeitpark mit riesigem Schwimmbad, einschließlich Strand, Lagune, künstlichem Regenwald und Wasserrutschen. Gerade wurde der Außenbereich um 35.000 Quadratmeter erweitert. Damit will man jährlich 1,2 Millionen Besucher locken.

tropical-islands.de

Flughafen Berlin-Tempelhof: Viel Platz für jedermann

Foto: dpa

Ein freies Gelände so groß wie 550 Fußballfelder und das mitten in einer Großstadt. Das ist das Areal des 2008 geschlossenen Flughafens Berlin-Tempelhof. Mittlerweile steht es der Berliner Bevölkerung frei zur Verfügung. Auf den Landebahnen kann man spazieren gehen, Inliner und Fahrrad fahren oder Drachen steigen lassen. Zweimal im Jahr nutzt die Modemesse Bread & Butter sämtliche Hangars, das Vorfeld und die Haupthalle des Flughafens. Auch sportlich ist einiges los auf dem ehemaligen Flugfeld. 2015 trug dort der Rennsportverband FIA die Formel-E-Meisterschaft aus. Dabei fahren Rennwagen mit einem Elektroantrieb auf einem Rundkurs. Die Berliner lieben ihr Tempelhofer Feld und wollen es auch weiterhin für ihre Freizeit nutzen. In einem Volksentscheid im Jahr 2014 sprachen sich 64 Prozent der Teilnehmer dafür aus, das Gelände in seinem Zustand zu belassen.

thf-berlin.de/tempelhofer-feld

Steinbrüche im Bayerischen Wald: Die Natur kehrt zurück

Foto: Granitzentrum Asenkerschbaumer

Überall sind Hügel und Hänge durchlöchert: Zwischen Regensburg und Passau liegen zahlreiche größere und kleine Steinbrüche, aus denen jahrzehntelang Granit- und Dolomitgestein gebrochen wurde. In Etterzhausen im Landkreis Regensburg etwa wurde erst 2015 die Brech- und Siloanlage des schon 2002 stillgelegten Dolomit-Schotterwerks abgebaut. Die Natur hat sich das Gelände in den letzten 15 Jahren zum großen Teil schon zurückerobert – ein tolles Wanderparadies. Wie sehr der Abbau die Region geprägt hat, zeigt das Granitzentrum in Hauzenberg bei Passau. Das Zentrum liegt selbst auf dem Gelände eines ehemaligen Steinbruchs, in dem von 1885 bis 1984 blaugrauer Granit gefördert wurde – der ist uralt: 320 Millionen Jahre. Besucher können hier selbst schürfen und alles über die Arbeit in Steinbrüchen erfahren.

granitzentrum.de