Stuttgart. Vor allem in Krisen wird es deutlich: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind entgegen mancher Klischee-Vorstellung nicht Gegner – sie arbeiten vielmehr eng zusammen. Gemeinsam gestalten sie die Tarifverträge. Gemeinsam bringen sie Innovationen hervor. Und gemeinsam überwinden sie die Corona-Krise.

Studien zeigen: Betriebe setzen auf Solidarität

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation aus Stuttgart hat bereits 2020 Entscheider aus rund 500 Unternehmen gefragt, was sie aus Corona gelernt haben. 93 Prozent (!) stimmten diesem Satz zu: „Zusammenhalt und eine starke Unternehmenskultur machen sich in Krisen bezahlt.“

Auch andere Studien belegen, dass Betriebe auf ein ausgeprägtes Miteinander setzen. Eine repräsentative Umfrage der Bertelsmann-Stiftung unter 1.000 Beschäftigten zeigt zum Beispiel, dass 86 Prozent während Corona mit dem Verhalten ihres Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeitern zufrieden waren. Jeder Zweite sieht die Chance, dass es nach Corona sogar noch zu Verbesserungen kommt. Zwei Drittel der Beschäftigten geben überdies an, ihr Unternehmen habe sich in Sachen Corona auch gesellschaftlich engagiert.

Gardena: Flexibilität macht widerstandsfähig

aktiv hat sich in Betrieben der Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs umgehört, was Zusammenhalt für sie bedeutet. Zum Beispiel beim Gartengeräte-Hersteller Gardena aus Ulm. Pär Åström, Präsident der Gardena-Division in der Husqvarna-Gruppe, lobt seine Belegschaft in den höchsten Tönen: „Gemeinsam haben wir bewiesen, dass wir auch mit sich schnell ändernden Rahmenbedingungen und Planungsunsicherheiten sehr gut umgehen können.“ Das sei auch der strukturellen Flexibilität des Unternehmens zu verdanken – „aber vor allem dem außergewöhnlichen Einsatz unseres gesamten Teams“.

Zwar führte Corona zu einem Boom bei Gartengeräten. Aber, so schildert Heribert Wettels, der die Unternehmenskommunikation leitet: „Als es zur ersten Schließung der Baumärkte und Gartencenter kam, sahen die Absatzzahlen auf einen Schlag zunächst verheerend aus.“ Also in Kurzarbeit gehen? Nein! Da waren sich Geschäftsführung und Belegschaft einig: Wir produzieren jetzt erst recht, um die Lager zu füllen und startklar zu sein, sobald die Läden wieder öffnen.

Allerdings war das gar nicht so leicht, weil sich die Probleme bei der Verfügbarkeit von Rohstoffen, Komponenten und Frachtkapazitäten „extrem verschärft“ haben und die Belegschaft sehr flexibel darauf reagieren musste. „Wie bei allen Herausforderungen rund um Corona haben auch hier alle vorbildlich mitgezogen“, sagt Wettels. „Wir haben die Pandemie immer als gemeinsame Herausforderung angesehen. Das Wohlergehen der Mitarbeiter stand an erster Stelle.“

Ziehl-Abegg: Krisenstab löst Probleme kreativ

Auch bei Ziehl-Abegg aus Künzelsau, Spezialist für Elektromotoren und Ventilatoren, kam das Wirgefühl in der Pandemie auf Hochtouren. Zum Beispiel durch viele Beiträge, die Mitarbeiter im Kampf gegen Corona auch außerhalb des Unternehmens geleistet haben: So wurden sechs Mitarbeiter mehrere Wochen lang abgestellt, um in Vollzeit das örtliche Gesundheitsamt zu unterstützen.

Ein Krisenstab, bei dem auch die Betriebsratsvorsitzende dabei war, reagierte sehr zielgerichtet. So fand das Unternehmen schon vor dem allgemeinen Start der Impfung durch Betriebsärzte aus eigener Kraft eine Möglichkeit, insgesamt 3.200 Menschen zu impfen: indem man für einen Hausarzt die Möglichkeit schuf, im Unternehmen zu impfen. Kollegen aus den verschiedensten Abteilungen halfen bei den Vorbereitungen dafür mit – vom IT-Experten über den Mechatroniker bis zum Betriebsrat.

In der Produktion glich das Jahr 2020 „einer Achterbahnfahrt“, so beschreibt es der Vorstandsvorsitzende Peter Fenkl. Das Unternehmen hatte abwechselnd mit Grenzschließungen, Materialengpässen, Umsatzeinbruch und Auftragsanstieg zu kämpfen: eine enorme Anstrengung für die Organisation und die Beschäftigten. Dass beim Jahresumsatz schließlich doch noch ein geringes Wachstum herauskam, sei dem „unermüdlichen Einsatz“ der Kollegen zuzuschreiben, so Fenkl, „die in der Pandemie einen sehr guten Job gemacht haben“.

Die Krisenzeit hat das Unternehmen zudem auch dafür genutzt, einige große Bauvorhaben zu starten und in Maschinen zu investieren. So kann es nun noch besser auf das derzeitige Wachstum reagieren. Und sogar mehr Leute einstellen: „Derzeit suchen wir händeringend nach Mitarbeitenden, die an unseren drei Standorten in Deutschland in der Produktion mit anpacken.“

Euchner: Eigenes Testcenter sorgt für Sicherheit

Beim Sicherheitstechnik-Hersteller Euchner (Leinfelden-Echterdingen) zeigt sich der Zusammenhalt etwa an der firmeneigenen Corona-Teststation: Hier herrscht reger Betrieb. Das Angebot ist natürlich freiwillig, doch die meisten Mitarbeiter, die nicht im Homeoffice arbeiten können, lassen sich zweimal pro Woche testen – sicher ist sicher!

Schließlich geht es auch bei den Produkten von Euchner um Sicherheit: 800 Mitarbeiter entwickeln und produzieren Schaltgeräte für den Maschinenbau. Zum Beispiel Sicherheitsschalter, die Schutztüren von Anlagen überwachen.

Firmenchef Stefan Euchner freut sich, dass seine Mitarbeiter durchs regelmäßige Testen dazu beitragen, dass möglichst alle gesund bleiben und das Unternehmen stets handlungsfähig ist. „Auch wenn sich insgesamt eine Besserung abzeichnet, ist die Pandemie noch nicht vorüber“, betont er. „Wir müssen alle zusammen weiter vorsichtig und verantwortungsvoll bleiben.“ Das funktioniere: „Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen Mitarbeitern, die in den vergangenen Wochen an unserem Testprogramm teilgenommen haben.“

Für Euchner gehört es schlicht zum verantwortungsvollen Unternehmertum, die Tests anzubieten – die gesetzliche Pflicht dazu wäre überflüssig gewesen, findet er: „Wir brauchen nicht noch mehr Bürokratie und Bevormundung.“

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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