München. Was muss sich bei der Welthandelsorganisation WTO ändern? Wie stehen die Chancen? aktiv sprach darüber mit Claudia Schmucker, Leiterin des Programms Geoökonomie bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).
Seit Jahren heißt es, die WTO stecke in einer Krise. Wird sie noch gebraucht?
Ja, unbedingt! Nach wie vor regelt die WTO, wie viele Staaten untereinander handeln. Wenn es sie nicht gäbe, müsste sie erfunden werden. Klar ist aber: Die heutigen Regeln gibt es schon seit 1995. Sie müssen reformiert werden.
Was muss passieren?
Es gibt viele Felder, bei denen es neue Regeln braucht. Der Schutz des geistigen Eigentums etwa oder Fragen des fairen Wettbewerbs. Wichtig ist auch der Bereich des Online-Handels, wo es bislang keine Vereinbarungen gibt.
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Warum geht schon so lange nichts voran?
Die 164 Mitgliedsstaaten müssen Änderungen einstimmig beschließen. Und die Interessen sind sehr unterschiedlich. China profitiert vom Status quo – und möchte eigentlich gar nichts ändern. Die USA wollen faire Wettbewerbsbedingungen mit China, übernehmen aber bislang keine Führungsrolle im WTO-Reformprozess. Die EU hingegen hat klare Vorstellungen und drängt auf Reformen, notfalls auch in einer „Koalition der Willigen“, also mit plurilateralen Abkommen einzelner Staaten. Dagegen sperren sich aber Indien und Südafrika, die immer selbstbewusster auftreten. Es ist kompliziert.
Wo ist der dringendste Handlungsbedarf?
Zunächst ist es erst einmal sehr wichtig, den Streit über das WTO-Schiedsgericht beizulegen. Es ist seit Jahren handlungsunfähig, weil die USA die Berufung neuer Richter blockieren. Das Gremium ist eigentlich dazu da, Konflikte zwischen Staaten zu lösen. Die USA fürchten jedoch, dass das Schiedsgericht seine Kompetenzen überschreitet, indem es nicht nur einzelne Konflikte löst, sondern mit Präzedenzfällen neues Recht setzt. Bis 2024 will man hier nun eine Lösung finden. Ein weiteres Dauerthema sind die staatlichen Subventionen, mit denen etwa China seine Unternehmen stützt, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und in strategisch wichtigen Bereichen aufzuholen. Auch das sehen vor allem die USA, aber auch die EU sehr kritisch.
Die EU ist hier bei den USA?
Sie tritt etwas geschmeidiger auf als die USA, sieht die Dinge aber grundsätzlich ähnlich. Daher gilt: EU und USA müssen wieder stärker auf die transatlantische Partnerschaft setzen und an einem Strang ziehen – auch in Handelsfragen. Beide teilen gemeinsame Werte und Interessen.
Ist das realistisch, falls in den USA bald wieder die Republikaner und Donald Trump das Sagen haben sollten?
Im November wird erst mal ein neuer Kongress gewählt. Der hat in Handelsfragen viel zu sagen. Die Republikaner waren früher immer die Partei des Freihandels. Das gilt heute nicht mehr uneingeschränkt – aber ich bin da gar nicht so pessimistisch. Sollte jedoch Trump 2024 wieder Präsident werden, dürfte alles deutlich schwieriger werden.
Das ist die WTO
- Sitz der Welthandelsorganisation ist Genf. Gegründet wurde sie 1995. Die Zahl der Mitgliedsstaaten beträgt 164.
- Regeln für den Welthandel festzulegen, ist ihre zentrale Aufgabe. Sie ist dafür die einzige internationale Organisation. Es gilt Einstimmigkeit.
- Ziel ist es, auf diese Weise den globalen Handel zu fördern und so auf der ganzen Welt für einen höheren Wohlstand zu sorgen.