Köln. Vielerorts sind die Mieten stark gestiegen. In manchen Großstädten gelten Quadratmeter-Preise von 10 Euro kalt fast schon als Schnäppchen... Betroffenen mit wenig Geld hilft oft unser Sozialstaat – mit einer speziellen Leistung: dem Wohngeld.

„Das Wohngeld hat das Ziel, dass auch Menschen mit niedrigem Einkommen keine Grundsicherung in Anspruch nehmen müssen“, sagt Ralph Henger, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft. Derzeit erhalten Haushalte durchschnittlich 190 Euro im Monat. Ab dem 1. Januar 2023 wird sich dieser Betrag auf etwa 380 Euro fast verdoppeln, weil unser Sozialstaat das Wohngeld umfassend reformiert hat.

Auch Eigentümer können Wohngeld bekommen – als „Lastenzuschuss“

Wohngeld gibt es übrigens nicht nur für Mieter, sondern auch für Eigentümer. Das heißt dann „Lastenzuschuss“. Bei der Berechnung wird zum einen die monatliche Rate an die Bank (Zins und Tilgung) berücksichtigt, zum anderen die meisten laufenden Kosten wie etwa Heizung und Wasser (Bewirtschaftungskosten). Häuslebauer, die finanziell in der Klemme stecken, können also ebenfalls einen Antrag stellen.

Anspruch klären: Da helfen amtliche Wohngeldrechner

Bedingung fürs Wohngeld ist logischerweise ein relativ niedriges Einkommen. Außerdem geht es nach der Anzahl der Personen im Haushalt, der Höhe der Miete und dem Wohnort. Bei der Miete wird aber nicht jeder beliebige Betrag anerkannt, sondern es gibt Höchstbeträge, die je nach Wohnort unterschiedlich sind: im teuren München wird eine höhere Miete anerkannt als in der Uckermark. Gut zu wissen: Auch Familien, die Kinderzuschlag erhalten, können zusätzlich Wohngeld bekommen.

Einen ersten Anhaltspunkt dafür, ob man einen Anspruch aufs Wohngeld haben könnte, geben amtliche Tools im Internet (zum Beispiel der Wohngeldrechner vom Bundesbauministerium oder Vergleichbares von den einzelnen Bundesländern).

Ob und wie viel am Ende tatsächlich gezahlt wird, wird in jedem Einzelfall nach einem komplizierten Verfahren berechnet. „Ein Antrag lohnt sich insbesondere dann, wenn das Nettoeinkommen nicht wesentlich höher als der Grundsicherungsbedarf und die Miete relativ hoch ist“, so Henger.  

Die Wohngeld-Reform

Zum 1. Januar 2023 tritt das „Wohngeld-Plus-Gesetz“ in Kraft, das weitreichende Verbesserungen vorsieht. Zwei davon sind besonders wichtig:

  1. Neue Pauschalen für die Heizkosten: Neu ist eine sogenannte Heizkostenkomponente in Höhe von 2 Euro pro Quadratmeter. Dazu kommt eine CO2-Entlastungskomponente von 30 Cent. So erhält jeder Wohngeld-Haushalt pauschal 2,30 Euro pro Quadratmeter für die Heizkosten. Ein Singlehaushalt mit einem anzurechnenden Einkommen von 1.000 Euro und einer Bruttokaltmiete von 500 Euro erhält alleine dadurch 127 statt 79 Euro, also 48 Euro mehr.
  2. Erhöhte Einkommensgrenzen: Die Formel zur Berechnung des Wohngelds wird verändert. Dadurch bekommt man Wohngeld auch bei einem deutlich höheren Einkommen als bisher. Beispiel: Ein Single hat jetzt Anspruch auf Wohngeld bis zu einem Einkommen von 2.301 Euro brutto. Vorher durfte er lediglich 1.797 Euro verdienen, also über 500 Euro weniger.

Auszubildende mit eigener Wohnung können Wohngeld beantragen

Wohngeld hilft also allen mit einem relativ geringen Haushaltseinkommen, beispielsweise auch Teilzeitkräften, Alleinerziehenden oder Senioren mit mickriger Rente. Azubis mit eigener Wohnung können diese Sozialleistung ebenfalls bekommen. Studenten mit eigenem Haushalt dagegen haben normalerweise keinen Anspruch: Die Kosten ihrer Unterkunft sind bei der Bafög-Förderung beziehungsweise beim elterlichen Unterhalt einkalkuliert.

Wohngeld wird in der Regel generell nur für ein Jahr bewilligt, man muss also regelmäßig einen neuen Antrag stellen. „Das ist zwar lästig“, räumt der Experte ein, „aber dafür wird so sichergestellt, dass Wohngeld tatsächlich nur an Bedürftige gezahlt wird.“

Wohngeld oder Grundsicherung: Prüfung kann sich lohnen

Noch ein wichtiger Hinweis: Wer mit seinem Einkommen unterhalb des Existenzminimums liegt, sollte prüfen, ob ein Antrag auf ergänzende Grundsicherung nicht sinnvoller wäre als einer auf Wohngeld.

Aber: „Beim Wohngeld gibt es keine Sanktionen, wie man das von der Grundsicherung her kennt“, erklärt Henger. Zwar muss man auch beim Antrag auf Wohngeld seine gesamten laufenden Einnahmen offenlegen. Im Vergleich zur Grundsicherung ist die Anrechnung von Vermögen aber wesentlich weniger streng: Bei einem Single werden 60.000 Euro nicht angerechnet, für jedes zusätzliche Haushaltsmitglied kommen noch einmal 30.000 Euro hinzu. Man muss also nicht erst sein Erspartes für die Miete aufbrauchen, bevor es Wohngeld gibt. Auch das Einkommen von unterhaltspflichtigen Familienangehörigen spielt beim Wohngeld keine Rolle – anders als bei der Grundsicherung.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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