Probleme meistern, darin ist die Berger-Gruppe geübt: Seit 1926 produziert das Familienunternehmen in Grünstadt an der Weinstraße Farben und Lacke für die ganze Welt. Doch nun muss es der Mittelständler – wie viele andere Produzenten – gleich mit einer ganzen Reihe schwieriger Entwicklungen aufnehmen: Rekordpreise am Rohstoffmarkt, ein starker Dollar, gestörte Lieferketten, Produktionsausfälle beispielsweise bei Pigmenten und Epoxidharzen sowie mangelnde Transportkapazitäten. Wie man das schafft, erzählt Markus Adam, einer der beiden Inhaber.

Ende der Inflation nicht in Sicht

Normalerweise liefert das Unternehmen seinen Kunden maßgeschneiderte Produkte in Produktionsmengen von bis zu 15.000 Kilo. Nun aber werden die Ausgangsmaterialien immer teurer und kommen – wenn überhaupt – verspätet an: „Man muss im Team sehr gut zusammenarbeiten, sich gegenseitig unterstützen und einen kühlen Kopf bewahren“, weiß Adam. Schon die Pandemie war eine große Herausforderung, aktuell trifft die radikale Hafensperrung in Schanghai das Produzierende Gewerbe schwer. Mit dem Russland-Ukraine-Konflikt hat sich die Lage noch einmal verschärft. Adam: „Es gibt massive Störungen und Einschränkungen, zum Beispiel in der Logistik, der Rohstoffverfügbarkeit, dem Finanzverkehr, dem Güterverkehr, der Energie.“

Rezepturanpassung im Eiltempo

„Es motiviert, wenn wir Herausforderungen gemeinsam meistern.“

Markus Adam, Geschäftsinhaber Berger Lacke

Insgesamt entwickeln und fertigen die 100 Mitarbeiter aus rund 800 Rohstoffen mehr als 10.000 Rezepturen für Profianwendungen, zum Beispiel für Pumpen, Rohre, Maschinen-, Geräte- oder Fahrzeugbau, Parkettböden, Fenster, Fassaden und Türen. Jede Farbrezeptur besteht aus einer Mischung von 10 bis 60 Stoffen. Erforscht man neue Rezepturen, dauert das zwei bis drei Jahre, in Ausnahmefällen auch bis zu zehn Jahre – manchmal muss man die Produkte neu zulassen. Berger führt die Anpassungen jetzt im Eiltempo durch.

Ein Viertel der Belegschaft arbeitet in der Entwicklung und Qualitätssicherung: „Der hohe Anteil zeigt unseren Fokus auf Innovation, Technologie und Weiterentwicklung“, so Adam. „Unsere Technology-Center helfen uns ungemein, denn sie ermöglichen sehr schnell solide Aussagen über neue Mischungen.“ Beschleunigend wirkt auch eine flexible Teamgestaltung: Hat zum Beispiel „Entwicklerteam 1“ ein Problem und braucht helfende Hände, lässt „Team 2“ schon einmal bis auf eine Notbesetzung alles stehen und liegen und arbeitet mit. „So beschleunigen wir die Dinge punktuell nach Priorität“, lobt der Chef. Immer aber gilt: „Wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen, bis wir sicher sind, dass die Qualität passt. Wir verkaufen lieber kein Produkt als ein schlechtes!“

„Es gibt keine vernünftige Alternative zum Optimismus“

Zu diesen vielen Problemen gesellt sich noch eine strenge Chemikaliengesetzgebung für Nachhaltigkeit der EU-Kommission. Adam: „Viele Mitarbeiter, die früher entwickelt haben, beschäftigen sich jetzt überwiegend mit Vorschriften im Inland, in der EU und global. Es ist eine große Belastung, die Geld kostet, die Preise antreibt und Innovationszeit nimmt.“ Reicht es ihm als Unternehmer nicht langsam? Adam lächelt und meint: „Wir sehen dies letzten Endes sportlich und pragmatisch. Es motiviert und bringt uns Freude, wenn wir all diese Herausforderungen gemeinsam meistern. Solche Krisen sind immer auch Chancen, und sie schweißen unser Team noch stärker zusammen.“ Dies unterstreicht Adam mit einem Satz des Philosophen Karl Popper: „Es gibt keine vernünftige Alternative zum Optimismus.“

Unterstützt von Wir.Hier.

Sabine Latorre
Leiterin aktiv-Redaktion Rhein-Main

Dr. Sabine Latorre ist spezialisiert auf Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Nebenbei schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.

Alle Beiträge der Autorin