Durch die große Halle von Caterpillar Motoren in Warnemünde führt ein breiter Mittelweg. Links und rechts davon reihen sich mächtige Schiffsmotoren aneinander. Jungfräulich, jeder in einem anderen Fertigungsstadium und von einem Montageteam umschwirrt. Die leistungsstarken Aggregate werden aus unzähligen großen und kleinen Bauteilen zusammengesetzt. Mobile Arbeitsbühnen helfen, an die Zylinderköpfe in rund fünf Meter Höhe zu gelangen.

Markant sind die gewaltigen Kurbelwannen, die Zylinderblöcke, die Turbolader-Gebläse. Äußerlich unterscheiden sich die Kraftpakete kaum. Bis auf die Anzahl der Zylinder, die je nach Modell zwischen 6 und 16 variiert.

Flüssiggas-Einsatz minimiert Schiffsabgase

Was auf dem ersten Blick nicht erkennbar ist: Die Schiffsantriebe von Caterpillar sind seit geraumer Zeit nicht mehr ausschließlich Dieselmotoren, die mit Schweröl oder schwefelärmerem Gasöl laufen. Vor einigen Jahren wurde das Portfolio um sogenannte Dual-Fuel-Motoren erweitert. Diese können sowohl Schiffsdiesel als auch Flüssiggas (LNG = Liquefied Natural Gas) nutzen. Gut für die Umwelt, denn LNG erzeugt deutlich weniger Emissionen.

„Im Aufbau ähneln sich Gas- und Dieselmotoren“, erklärt Frank Starke, Geschäftsführer von Caterpillar Motoren in Kiel. „Den Unterschied macht das Brennverfahren. Beim Diesel entzündet die im Zylinder komprimierte Luft den einspritzenden Kraftstoff. In welcher Menge dieser zugeführt wird, bestimmt über die Leistung des Aggregats. Bei Gasmotoren ist die Regulierung komplizierter.“

Neue Grenzwerte für Schiffsabgase

Starke bleibt im Warnemünder Werk vor einem riesigen Dual-Fuel-Motor vom Typ 16 V M46 DF stehen. „In diesen Motoren wird mit Pilotkraftstoff die vorgemischte Luft-Gas-Verbindung gezündet. Diesen Prozess zu beherrschen, ist die eigentliche Herausforderung bei Dual-Fuel-Motoren.“

Vor einigen Jahren setzte in der internationalen Schifffahrt ein Umdenken ein. Die Reedereien befassten sich intensiver damit, wie das bis dato verwendete Schweröl ersetzt werden kann – ausgelöst durch Ankündigungen der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO, die Emissionsgrenzwerte deutlich zu verschärfen.

LNG gilt als Brückentechnologie

Eine Option, um weiter mit Schweröl fahren zu können, ist der Einsatz von Scrubbern, die den Schwefel aus den Abgasen herausfiltern. Für bereits vorhandene Schiffe eine durchaus probate Lösung.

Bei Neubauten indes verfolgt man zunehmend den Ansatz, herkömmliche Treibstoffe abzulösen durch alternative Medien wie Biodiesel, LNG, Methanol oder Wasserstoff. Einige Unternehmen setzen alternativ auf Hybrid-Antrieb, bis hin zum vollelektrisch fahrenden Fährschiff oder Frachter.

Aktuell wird von der Schifffahrtsbranche jedoch der Einsatz von LNG favorisiert. Das flüssige Erdgas gilt als Brückentechnologie, um kurzfristig bei der Reduzierung von Schadstoffen voranzukommen.

Anfangs gab es Vorbehalte

Für Caterpillar sind Gasmotoren kein Neuland. Der Mutterkonzern in den USA besitzt langjährige Erfahrungen mit Gas als Treibstoff für Antriebsaggregate an Land, etwa für Energieanlagen.

Auf dem Wasser allerdings war LNG lange Zeit kein Thema. Geschäftsführer Starke sieht dafür vor allem „rein ökonomische Gründe“, denn für den Einsatz von Schweröl gab es kaum Einschränkungen.

Auch sei die maritime Branche der Gastechnologie gegenüber sehr konservativ eingestellt gewesen. „Viel zu kompliziert und zu teuer.“ Das änderte sich mit den künftig geltenden Emissionsgrenzwerten auf den Meeren. Zudem ist Gas heute kaum noch teurer als Schweröl, und es gibt kein Versorgungsproblem auf den wichtigsten Seerouten.

Entwicklungsarbeit begann bereits vor sechs Jahren

Caterpillar Motoren schaffte es in relativ kurzer Zeit, den ersten eigenen LNG-tauglichen Schiffsmotor auf den Markt zu bringen. Vor sechs Jahren gelang mit dem M 46 DF der Einstieg in dieses Segment. Das Dual-Fuel-Antriebsaggregat wird inzwischen als Reihenmotor mit sechs bis neun Zylindern und als V-Motor mit 12 bis 16 Zylindern angeboten.

Caterpillar Motoren begann schon früh mit der Entwicklung von umweltfreundlichen Schiffsantrieben

Zum Portfolio gehört zudem der M 34 DF mit wahlweise sechs, acht oder neun Zylindern. Die entsprechenden V-Modelle sind derzeit in der Entwicklung.


Jede Menge Know-how im Konzern

Daneben ist die kleinere Bauvariante M 27 DF geplant, die wie alle anderen Dual-Fuel-Motoren auf die Diesel-Vorgänger aufsetzt. Ein Vorteil, denn so konnten sich die Ingenieure auf die komplexe Regelung der Gasmotoren konzentrieren.

„Aber auch da mussten wir nicht bei null anfangen“, sagt Starke. „Wir konnten auf das Know-how im Konzern zugreifen.“ In der Large Power Systems Division (LPSD) von Caterpillar beschäftigen sich rund 500 Entwicklungsingenieure ausschließlich mit elektronischen Regelungssystemen.

Erheblicher Mehraufwand

Starke zeigt in der Halle auf einen halbfertigen Dual-Fuel-Motor. „Für den Einsatz in der Seeschifffahrt musste eigens ein Zertifizierungsregelwerk geschaffen werden“, sagt er. Caterpillar arbeitete dabei sehr eng mit den Klassifikationsgesellschaften zusammen.

Das Regelwerk erhöht den baulichen Aufwand. So sind auf den LNG-Schiffsmotoren beispielsweise alle gasführenden Leitungen doppelwandig auszuführen. Außerdem muss es eine ständige Sicherheitsüberwachung und eine Leckagen-Identifizierung geben.

Der Schiffsbetrieb stellt sehr hohe Anforderungen an die Motoren, in der ganzen Bandbreite von Leerlauf bis Volllast. Mit den Kunden werden die speziellen Nutzungsprofile abgestimmt.

Auf Wunsch rüstet das Unternehmen auch konventionelle Schiffsmotoren, die bisher mit Schweröl unterwegs waren, auf Dual Fuel um. Dies wurde auf einigen Tank- und Fährschiffen bereits erfolgreich praktiziert.

Akzeptanz für Gas deutlich gestiegen

Geschäftsführer Starke sieht den Umstieg auf Dual-Fuel-Motoren als „echte Revolution“. Die maritime Industrie vollziehe derzeit einen „unglaublichen Schwenk“.

Die Zahlen bestätigen das, vor allem bei Kreuzfahrt- und Spezialschiffen sowie Fähren ist die Akzeptanz für Dual Fuel hoch. So steht im Schnitt hinter jedem zweiten Kreuzliner-Neubau in den Auftragsbüchern der Werften aktuell der Vermerk „Mit LNG-Technik“.