Über 220 Pfandleihhäuser gibt es in Deutschland. Zwei davon werden sogar von Städten betrieben – in Mannheim und Stuttgart. Jedes Jahr bringen nach Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Pfandkreditgewerbes rund eine Million Deutsche wertvolle Gegenstände zur Pfandleihe, um einen schnellen Kredit ohne bürokratische Hürden zu bekommen. Zahlt der Kreditnehmer nicht zurück, gehen die Pfandgegenstände in die Versteigerung. Und dann lässt sich das eine oder andere Schnäppchen machen.

Wer versetzt was?

Jährlich werden über 630 Millionen Euro an Krediten ausbezahlt. „Die Kreditnehmer kommen aus allen Schichten der Gesellschaft“, sagt Wolfgang Schedl, Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Pfandkreditgewerbes. „Es ist zum Beispiel auch eine gute Option für Existenzgründer, Freiberufler oder Start-up-Unternehmer. Auch Handwerker können den Pfandkredit zur Überbrückung nutzen.“ Und in der Corona-Krise setzen auch Mittelständler vermehrt auf diese Möglichkeit. „Wenn zum Beispiel ein Gastronom keine laufenden Einnahmen hat, kann es sein, dass er auch nur schwer einen Kredit bei der Bank erhält“, sagt Schedl. Wenn dann die staatlichen Hilfen auf sich warten lassen, sei es eine mögliche Alternative, ein Pfandleihhaus aufzusuchen.

Ebenso Privatleute, die bei Banken schlechte Karten haben, einen Kredit zu bekommen. Zum Beispiel weil sie keine deutsche Staatsbürgerschaft oder wenig Sicherheiten haben. Im Pfandleihhaus gibt es keine Bonitätsprüfung – die Vorlage des Ausweises und gegebenenfalls eines Eigentumsnachweises für den zu verpfändenden Gegenstand genügen. „Das geht schneller und flexibler als bei einer Bank. Und man haftet eben nicht mit seinem Gesamtvermögen, sondern ausschließlich mit dem Pfand, und begründet daher keine persönliche Schuld“, erklärt Schedl. Deshalb dauert die Abwicklung eines Pfandkredits auch nur wenige Minuten.

Von Omas Schmuck bis zum Picasso

Grundsätzlich können Kunden alles beleihen lassen, was beweglich ist. Vor allem Schmuck und Uhren stehen hoch im Kurs. Aber auch Autos und Kunst können im Pfandleihhaus versetzt werden. „Löst der Kunde sein Pfand nicht mehr aus – wozu er nicht verpflichtet, aber jederzeit berechtigt ist –, so ist die Sache für den Kunden erledigt“, erklärt Schedl.

Für die Auslösung hat der Kunde in der Regel insgesamt drei Monate Zeit, plus einen Monat Schonfrist. „Grundsätzlich ist gegen Bezahlung der aufgelaufenen Zinsen und Gebühren auch eine Verlängerung des Pfandkreditvertrags möglich. Pfand, das nicht mehr ausgelöst wird, darf nur in einer öffentlichen Versteigerung durch einen Gerichtsvollzieher oder einen öffentlich bestellten Versteigerer veräußert werden.“

Versteigerung erwünscht?

Doch wer glaubt, der Pfandleiher sei nur darauf aus, dass die Kreditnehmer ihr Hab und Gut nicht mehr auslösen, der irrt. „Wird der Pfandgegenstand mit Verlust versteigert, trägt diesen der Pfandleiher“, sagt Schedl. „Wird ein Mehrerlös erzielt, hat der Kreditnehmer zwei Jahre Zeit, diesen beim Pfandleiher abzuholen.“ Verstreicht diese Frist, muss der Pfandleiher das Plus an die öffentliche Hand abführen. „Er hat also nichts von dem Mehrerlös.“

Der Kreditnehmer hat auch nichts davon. Denn in der Regel erhält er ohnehin nur 50 Prozent des tatsächlichen Wiederverkaufswerts seines Gegenstands als Darlehen. Löst er ihn nicht aus, macht er erheblichen Verlust. Daher gehen generell nur unter 10 Prozent der Pfandgegenstände in die Versteigerung, über 90 Prozent werden ausgelöst.

Genau hinsehen und persönliches Kostenlimit setzen

Doch unter den knapp 10 Prozent sind echte Raritäten, die bisweilen zu Schnäppchenpreisen unter den Hammer kommen. Nicht umsonst gehen beispielsweise Schmuckhändler oft auf solche Versteigerungen. Die finden meist im Pfandleihhaus selbst oder in einem angemieteten Raum statt. Die Termine werden vom entsprechenden Unternehmen angekündigt. Und: „Immer häufiger sind auch Luxusaccessoires wie Designer-Handtaschen, Marken-Gürtel oder Lederjacken dabei“, sagt Schedl. Diese bekommt man mitunter zu einem guten Preis.

Zur Versteigerung kann jeder kommen und mitbieten. Vorher sollte man sich aber die Gegenstände genau anschauen – ein Umtauschrecht gibt es nämlich nicht. Läuft die Rolex aus dem Pfandleihhaus nicht, hat man Pech gehabt. In der Regel kann man die Gegenstände zwei Stunden vor Versteigerungsbeginn in Augenschein nehmen. „Einen Versteigerungskatalog gibt es nicht, schließlich kann ein Kreditnehmer noch am Tag der Versteigerung aufschlagen und das Pfand auslösen“, erklärt Schedl.

„Wie bei jeder Auktion sollte man sich unbedingt ein Limit beim Mitbieten setzen“, sagt Stefanie Laag, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Und zudem vorab durch Recherchen im Internet ermitteln, wie hoch der entsprechende Gegenstand derzeit gehandelt wird. Elektroartikel wie Laptops, Smartphones oder Kameras fallen schnell im Wert – hierfür lohnt es sich nicht, bis in hohe Summen mitzubieten. 

Echtheit vorab geprüft

Bei Schmuck sieht das schon anders aus. Um die Echtheit muss man sich als Bieter in der Regel keine Sorgen machen. Die wird schon vor Vergabe des Pfandkredits geprüft: Die Pfandleiher arbeiten mit ähnlichen Methoden wie Scheideanstalten und Juweliere. Schließlich muss der Pfandleiher die Echtheit auch für die eigene Absicherung prüfen. Vor Betrug ist aber auch der Pfandleiher nicht 100 Prozent sicher. Und eine Gewährleistung gibt es bei der Versteigerung nicht.

Gebote sind bindend – hat man den Zuschlag bekommen, muss man auch zahlen. „Daher sollte man sich beim Bieten nicht übernehmen“, sagt Laag. Sonst braucht man auf einmal selbst auf die Schnelle einen Kredit …

Was man sonst noch über Pfandkredite wissen sollte

Die Zinsen im Pfandleihhaus sind in der Deutschen Pfandleihverordnung festgeschrieben und liegen bei 1 Prozent pro Monat. Hinzu kommen Gebühren des Pfandleihers. Auch diese richten sich bis zu einem Betrag von 300 Euro nach der Pfandleihverordnung. Für höhere Summen werden die Gebühren jedoch frei vereinbart.

Wichtig zu wissen: Bringt jemand eine Uhr mit einem Wert von 5.000 Euro ins Pfandleihhaus, wird er keine 5.000 Euro Kredit dafür bekommen. In der Regel sind es 25 bis 50 Prozent des Verkehrswerts, es kann aber auch weniger sein. „Der Pfandleiher muss schließlich mit der Wahrscheinlichkeit leben, dass ein Pfandstück nicht mehr abgeholt wird und in die Versteigerung geht“, sagt Schedl. Dort kann die Uhr für deutlich weniger als 5.000 Euro weggehen, und zudem muss der Pfandleiher noch die Lagerkosten tragen. Ein Risiko, das die Differenz zwischen realem Verkehrswert und Beleihungswert erklärt. „Wie groß die Differenz ist, liegt im Ermessen des einzelnen Pfandleihers – und ist letztlich Verhandlungssache zwischen Pfandleiher und Kunde.“

Bei Schmuck muss der Pfandleiher etwa entscheiden, ob er die Entwicklung des Goldpreises optimistisch oder pessimistisch sieht. „Ist er optimistisch, wird die Differenz nicht so groß ausfallen“, so Schedl. Ist er pessimistisch, gibt es für die Golduhr eben weniger als 50 Prozent. Deshalb empfiehlt Verbraucherschützerin Stefanie Laag auch, immer mehrere Angebote von Pfandleihhäusern zu vergleichen, bevor man Gegenstände verpfändet. Online-Pfandhäuser sind übrigens häufig teurer.

Generell gilt: „Pfandkredite sind sehr teure Kredite“, so Laag. Aufs Jahr hochgerechnet kann sich ein Effektivzins von mehr als 40 Prozent ergeben. „Dafür bekommt man sie aber unbürokratisch, schnell und man haftet nicht persönlich. Da muss man abwägen, was einem diese Unkompliziertheit wert ist.“ Für kurzfristige Darlehen können Pfandkredite eine Option sein, für langfristige eher nicht – dafür seien sie zu teuer.

Pfandkreditnehmer sollten sich immer genau über die Bedingungen zum Pfandauslösen informieren. Den Pfandschein oder Pfandkreditvertrag, auf dem die Zinsen und alle anderen Bedingungen schriftlich festgehalten werden, sollte man gut aufbewahren.

Marie Schäfers
Autorin

Marie Schäfers hat ihren Studienabschluss in Geschichte und Journalistik an der Universität Gießen gemacht. Sie volontierte bei der „Westfälischen Rundschau“ in Dortmund und ist Leitende Redakteurin der Zeitung Sonntag-EXPRESS in Köln. Für aktiv beschäftigt sie sich als freie Autorin mit den Themen Verbraucher, Geld und Job.

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