Ein Waldspaziergang ist zu jeder Jahreszeit etwas Herrliches, und zwar nicht nur fürs Auge: Schon seit etwa 200 Jahren gelten Wälder in Deutschland auch als Erholungsraum. Inzwischen ist durch wissenschaftliche Studien belegt, welche positiven Wirkungen der Wald auf den menschlichen Körper und Geist hat. Welche Effekte der Aufenthalt im Wald genau hat, erklärt Stefan Türk, Forstwissenschaftler am Institut für Outdoor Sport und Umweltforschung der Deutschen Sporthochschule Köln. Gerade diese Effekte macht sich auch das sogenannte Waldbaden zunutze.

Waldbaden ist noch intensiver als ein Spaziergang und gehört in Japan – dort Shinrin Yoku genannt – sogar zum Gesundheitswesen. Dort wird es bereits seit den 1980er Jahren angewandt. Waldbaden wird in Form von geführten Touren praktiziert. Dabei wird bewusst die Aufmerksamkeit zum Beispiel auf Gerüche oder Geräusche im Wald gelenkt. 

Gesünder leben: Die positiven Effekte des Waldes auf den Menschen

Ob nun Waldbaden oder Waldspaziergang, was macht den Aufenthalt im Wald so gesund? „Zum Beispiel ist das Verhältnis von Sauerstoff zu Kohlenmonoxid in der Waldluft für den Menschen deutlich besser als in der Stadtluft“, wie Stefan Türk erklärt. Dadurch verbessert sich die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff. Des Weiteren wirken die Wälder wie große Feinstaubfilter. „Das entlastet die Atmung“, so Türk. Auf die Atmung wirken auch die olfaktorischen Reize des Waldes. Die ätherischen Öle und der Harzgeruch der Bäume sorgen dafür, dass man tiefer einatmet, was wiederum das Immunsystem stärkt.

Die in Wald und Forst herrschenden Lichtverhältnisse sind ebenfalls vorteilhaft: „Die Blätter der Bäume filtern über 50 Prozent der UV-Strahlen aus, die unter anderem auch den Sonnenbrand auslösen“, erläutert Türk. Andererseits benötigt der Mensch in gewissen Maßen das Sonnenlicht. So regelt es zum Beispiel den Schlaf-Wach-Rhythmus. Um Sonne zu tanken, bietet der Wald so eine schonendere Möglichkeit als etwa ein Bad in der prallen Sonne. Auch auf die Seele wirkt sich das Licht des Walds aus, denn das Wechselspiel von Licht und Schatten hat positive psychische Reize. Achtung: Epileptiker sollten vorsichtig sein, bei ihnen können diese Lichtspiele Anfälle auslösen.

Das im Wald herrschende temperaturausgleichende Klima ermöglicht es zudem, sich zu jeder Jahreszeit länger in der Natur aufzuhalten. Im Sommer ist es durch die schattenspendenden Bäume nicht so heiß und im Winter nicht so kalt, weil der Wald den auskühlenden Wind bremst: „Der Windchill-Effekt, also der Wärmeverlust, ist deutlich geringer“, sagt der Experte.

Studie aus dem Heimatland des Waldbadens: Spaziergang senkt den Pegel von Stresshormonen

Und eine japanische Studie zeigte schon 2011, dass der Spiegel des Stresshormons Kortisol im Speichel während eines Waldspaziergangs um mehr als 12 Prozent niedriger ist als bei einer Vergleichsgruppe.

Diese Effekte machen einen Aufenthalt im Wald für den Menschen so gesund. Schon bei einem einfachen Spaziergang profitiert man von der Ruhe und etwa den Geruchsstoffen der Bäume, sodass man ruhiger und gelassener wird, das Stresslevel nachlässt.

Waldbaden: Es dient auch hierzulande therapeutischen Zwecken

Auch in Deutschland wird Waldbaden zu therapeutischen Zwecken genutzt, etwa von der Dr.-Becker-Klinik Möhnesee im Sauerland, die es bei ihren Patienten unter anderem zur Behandlung von psychosomatischen Beschwerden einsetzt. Die Teilnehmer sind einige Stunden nach dem Waldbaden deutlich entspannter als zuvor. Durch das Waldbaden gehen aber auch Schlafstörungen zurück, Ängste sowie Aggressionen vermindern sich.

Die gut sechs Kilometer lange Gesundheitswanderung durch den Wald beinhaltet fünf therapeutische Haltepunkte, die etwa zur Wildbeobachtung oder für Entspannungsübungen genutzt werden.

Alternativen zum Wald

Wer keine Zeit hat, sich nun gleich in den Wald aufzumachen, kann solche gesundheitlichen Effekte, die der Wald auf den Menschen hat, auch auf andere Weise erreichen: So hält ein strammer Spaziergang durch den nächsten Park oder über die Felder fit, wie eine Untersuchung der Deutschen Sporthochschule Köln belegt. Wer sich mit einem Tempo von 4,5 bis 6 Kilometern pro Stunde täglich 30 Minuten lang bewegt, vergrößert so seine Lungenkapazität und stärkt das Herz-Kreislauf-System, die Blutfettwerte sinken. Insgesamt führt das Spazierengehen zu einem größeren Wohlbefinden. Ebenfalls wirkungsvoll sind drei Einheiten täglich à jeweils mindestens zehn Minuten.

Ein Gang an der frischen Luft oder körperliche Betätigung ganz allgemein senken auch das persönliche Stressempfinden. Musik zu hören, entspannt ebenfalls, oder eine Weile im Garten zu arbeiten – es gibt viele Möglichkeiten, sein Wohlbefinden zu steigern. Wer akut unter Druck steht, kann schon allein dadurch gelassener werden, dass er sich zum Beispiel für den Abend etwas Schönes vornimmt und daran denkt.

Sehr hilfreich können auch Achtsamkeitsübungen sein. Hierbei kommt es darauf an, sich ganz auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und dem nachzuspüren, was man gerade tut oder empfindet. Wenige Minuten zwischendurch können schon ausreichen, um sich besser zu fühlen. Alle diese Tipps haben auch Auswirkungen auf das Immunsystem: Wer sich regelmäßig bewegt und für ausreichende Entspannung zwischendurch sorgt, stärkt damit auch seine Abwehrkräfte.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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