Bad Iburg. Wenn Katharina Niehoff einen Bewerber zu Gast hat, berichtet sie gern über die lange Tradition ihres Unternehmens und erwähnt, dass sie selbst bei Vornbäumen als Auszubildende zur Industriekauffrau begonnen hat. Dann folgte ein berufsbegleitendes Studium. Heute ist sie Personalleiterin.

Auch ihr Vater war jahrzehntelang in der Produktion im Betrieb. Die Mitarbeiter halten Vornbäumen die Treue. „Teilweise arbeitet schon die dritte Generation bei uns“, sagt Personalleiterin Niehoff. Die Vorteile eines Familienunternehmens, die Verbundenheit zwischen Geschäftsführung und Belegschaft, auch die Standorttreue – das alles wissen die Mitarbeiter zu schätzen.

Mit Hanfstricken für den Gerüstbau fing einst der Urgroßvater an

„Glaubwürdigkeit ist wichtig“, sagt Carsten Stefanowski, Geschäftsführer der Vornbäumen Stahlseile GmbH im Osnabrücker Land – ein typisches Familienunternehmen. Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber Mitarbeitern und Kundschaft wird hier gelebt.

„Teilweise arbeiten die Mitarbeiter schon in der dritten Generation bei uns“

Katharina Niehoff, Personalleiterin bei Vornbäumen

„Langfristige Zusammenarbeit mit unseren Kunden“, so der Geschäftsführer, „ist uns besonders wichtig. Das zahlt sich auch in der aktuellen Lange aus. Viele Lieferketten sind gestört. Auch die Rohstoffpreise sind drastisch gestiegen.“ Dennoch hat Vornbäumen volle Auftragsbücher. Tradition, Innovation, Vision – diese drei Schlagworte stehen für die Firmenphilosophie und geben den Kurs vor.

Das Unternehmen kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Stefanowskis Urgroßvater Wilhelm Vornbäumen und sein Bruder Johannes produzierten anfangs vor allem Hanfstricke für den Gerüstbau. Dann kam, mit der Industrialisierung, das Drahtseil auf.

Also stellte man in Bad Iburg Standardseile für die Schifffahrt oder den Bergbau her, seit den 1990er-Jahren sind es auch viele Spezialseile – eben von Drähten für die Medizintechnik bis zur Kran-Ausstattung. Nur 0,02 Millimeter dünn ist der filigranste Draht – mit ihm können Ärzte im Innern des Körpers arbeiten.

Und das dickste Seil misst 6 Zentimeter – es ist für Hafenkräne gedacht und trägt 250 Tonnen. „Daran können Sie eine Ölplattform anbinden“, sagt Stefanowski. Das Unternehmen produziert Seile für Kräne, die Schifffahrt und Windparks auf See. Auch Artikel für die Forstwirtschaft, Fitnessgeräte und Steinsägen sind im Programm und schwarze Seile für den Einsatz auf Theaterbühnen und in der Architektur. Natürlich gehören auch die Automobil- sowie die Fahrrad-Industrie zu den Abnehmern.

Förderseil für die Zugspitzbahn kurzfristig geliefert

Häfen in aller Welt kaufen im Osnabrücker Land genauso ein wie zum Beispiel Seilbahnbetreiber in den Alpen. Ein erfolgreiches Familienunternehmen also. Knapp 200 Mitarbeiter sind am Stammsitz Bad Iburg und in Allstedt in Sachsen-Anhalt beschäftigt. Sie ziehen Draht und veredeln ihn zu Seilen. Ständig tüfteln die Ingenieure bei Vornbäumen an neuen Anwendungen.

Zwei Drittel der Umsätze kommen aus dem Export. In Deutschland arbeitet Vornbäumen in einer kleinen Nische. Eine der Stärken von Vornbäumen ist der eigene Maschinenbau, der vor allem Sonderanfertigungen für Spezialprodukte herstellt. Erst kürzlich hat das Unternehmen eine neue Halle in Betrieb genommen - rund 2.600 Quadratmeter groß, um jederzeit schnell auf dringende Kundenanforderungen reagieren zu können.

Firmenchef Stefanowski nennt als Beispiel die Zugspitzbahn. Ein Förderseil musste an der Seilbahn getauscht werden. Vornbäumen konnte sehr schnell helfen. Auch darüber berichtet Personalleiterin Katharina Niehoff gern in Gesprächen mit Bewerbern.

Unternehmen in Familienhand

Familienunternehmen bilden die Basis der deutschen Wirtschaft. Rund 90 Prozent aller Unternehmen gehören dazu. Mehr als die Hälfte der in der Privatwirtschaft Beschäftigten arbeiten in eigentümergeführten Familienunternehmen. Auch Niedersachsens Metall- und Elektro-Industrie ist mittelständisch geprägt und zu großen Teilen inhaber- und familiengeführt: Statt „hire and fire“ pflegen die Betriebe enge Beziehungen zu ihren Mitarbeitern.

Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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