Amtlich nüchtern heißt es im offiziellen Report von Bundesregierung und Bundestag: „Der Prozess der inneren Einheit Deutschlands ist noch nicht vollständig abgeschlossen.“ Schon klar, wissen wir alle. Doch es schmerzt, diese Feststellung im aktuellen Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit lesen zu müssen – 30 Jahre nach der Wiedervereinigung.
Wer den Fall der Mauer 1989, die ersten freien Wahlen in der DDR und die bald folgende Einführung der D-Mark mitverfolgen konnte, wer in der Nacht zum 3. Oktober 1990 am Brandenburger Tor in die Einheit reinfeierte – der hätte diesen Befund niemals für möglich gehalten. Anlass zur Resignation aber bietet er nicht.
Denn auch dies steht im Jahresbericht: Die Menschen in Deutschland waren Umfragen zufolge – kurz vor Corona – zufriedener als zu jedem anderen Zeitpunkt seit der Wiedervereinigung. Kein Wunder, den allermeisten geht es ja gut. Und Unterschiede bei Wohlstand und Wirtschaftsleistung gibt es nicht nur zwischen Ost und West. Vielmehr besteht in ganz Deutschland ein Gefälle zwischen boomenden und schwächelnden Regionen.
Bedenklich allerdings ist die im Osten höhere, aber auch im Westen messbare Demokratie-Skepsis. Das Gegengift heißt Bildung.
Zur „inneren Einheit Deutschlands“ können wir übrigens alle beitragen. Mit mehr empathischem Interesse füreinander. Und mit mehr Stolz auf das, was in 30 Jahren alles erreicht worden ist!