Das Fernweh der Deutschen toppt gerade alle Vor-Coronawerte: 48 Prozent der Bundesbürger haben nach eigenen Angaben dieses Jahr die nötige Zeit, genug Geld und vor allem reichlich Reiselust, um sich einen richtig schönen Urlaub zu gönnen.

„Einen so hohen Wert haben wir seit Beginn unserer Umfrage im Jahr 2009 noch nicht erlebt“, sagt Tourismusforscher Martin Lohmann von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen in Kiel, die jährlich das Reiseverhalten der Deutschen analysiert. Das war pandemiebedingt kräftig ins Stocken geraten.

Wohnmobile sind kaum noch zu bekommen

Da gibt es also einiges nachzuholen. Erholung geht ja immer - aber auf neue Weise: „Die Menschen wollen flexibel sein, spät buchen und im Urlaub mobil bleiben“, sagt Karolina Wojtal, Reiserechtsexpertin beim Europäischen Verbraucherzentrum in Kehl.

Für die Reisebranche ist das eine Herausforderung.

81.420 Wohnmobile wurden 2021 neu zugelassen – rund 27.000 mehr als 2019 Quelle: Caravaning Industrie Verband

Wohnmobile etwa sind äußerst begehrt, die Vermieter werden mit Anfragen überschüttet. „Für den Sommer waren wir schon im Januar zu 80 Prozent ausgebucht“, sagt Thomas Kretschmer vom Verbund unabhängiger Wohnmobilvermieter. Auch das Buchungsverhalten hat sich verändert. Im November, an sich ein typischer Frühbuchermonat für Pauschalreisen in Reisebüros und auf Online-Portalen, fielen die Buchungen 2021 um die Hälfte geringer aus als im gleichen Zeitraum 2019, so die Beobachtung des Deutschen Reiseverbands. Er rechnet erst für das zweite Quartal mit einem Anziehen der Buchungen.

„Diese Unsicherheit ist nachvollziehbar“, so Wojtal. Wer jetzt eine Pauschalreise buche, könne eventuell nicht mehr so einfach auf das Recht der kostenlosen Stornierung bei unvorhersehbaren Ereignissen pochen.

Es ist fraglich und richterlich nicht geklärt, ob das Corona-Geschehen noch „unvorhersehbar“ ist. Es kommt auf den Einzelfall an. Einige Veranstalter bieten deshalb Flextarife mit zeitlich gestaffelten Stornierungsgebühren an. Das Problem: „Viele Stornos gibt es erfahrungsgemäß in der Woche vor Reisebeginn, oft erlauben die Tarife aber die kostenfreie Stornierung oder Umbuchung nur bis zu 14 Tage vor Reisestart“, so die Expertin.

„Nach drei Jahren Pandemie wissen alle, wie schnell sich die Situation etwa durch Reisewarnungen ändern kann.“

Beim Urlaubsziel hingegen setzen die Deutschen laut Tourismusforscher Lohmann auf Bekanntes. Die Topziele liegen im Inland, an den Küsten oder in den Bergen. Sie sind gut mit dem Fahrzeug erreichbar, je nach Pandemie-Situation ist man flexibel. Populäre Auslandsziele für den Sommer bleiben die klassischen Urlaubsländer am Mittelmeer.

Reiserücktritt oder Reiseabbruch: Dagegen kann man sich versichern

Egal, wo es hingeht – in Pandemiezeiten ist eine Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherung sinnvoll. Sie gibt es oft im Paket. Man kann eine solche Absicherung im Reisebüro oder bei einer Versicherung abschließen - auch noch nach der eigentlichen Reisebuchung.

Die Reiserücktrittspolice übernimmt die Stornierungskosten bei einem versicherten Grund wie Krankheit oder Unfall. Die Reiseabbruchpolice steht für Kosten ein, die etwa durch die Unterbringung in einem Quarantänehotel entstehen. Wojtals Tipp: „Prüfen Sie auf jeden Fall, ob die Policen auch in einer Pandemiesituation mit Reisewarnung gelten.“

Anja van Marwick-Ebner
aktiv-Redakteurin

Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.

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