Wenn es jemand im Job allzu ruhig angeht, ist das weder dem Erfolg seines Arbeitgebers zuträglich noch wirkt sich ein solches Verhalten gut aufs Arbeitsklima aus. Doch eine Kündigung wegen Minderleistung will gut vorbereitet sein, weiß Hülya Senol, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln.

Ist es generell möglich, Mitarbeitern wegen mangelnder Leistung zu kündigen?

Ja. Hängt die Schlechtleistung mit dem fehlenden Willen des Mitarbeiters zusammen, kann eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden.

Wie oft kommen solche Kündigungen denn in der Praxis vor?

Arbeitsgerichte sind durchaus mit Schlechtleistungen beschäftigt, aber das kommt selten vor. Das hat damit zu tun, dass der Ausspruch einer Kündigung wegen Schlechtleistung beziehungsweise Low Performance sehr aufwendig ist. Sie muss gut vorbereitet sein. Der Arbeitgeber muss die Schlechtleistung beweisen können.

Dabei gibt es bestimmt gute Gründe, wenn etwa die Führungskraft jemandem wegen Low Performance Druck machen will

Natürlich. Ein Arbeitsverhältnis ist ja ein wirtschaftliches Austausch-Verhältnis. Es ist kein Versorgungsverhältnis. Das heißt, die Mitarbeiter können sich nicht darauf verlassen, dass der Arbeitgeber sie bis zur Rente versorgt, ohne dass sie dafür etwas erbringen müssten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer gehen davon aus, dass der Austausch von Arbeitskraft gegen Lohn in gewisser Weise gleichwertig ist. Das bildet die Geschäftsgrundlage der Zusammenarbeit.

Welche Voraussetzungen müssen für die Kündigung eines Mitarbeiters wegen Minderleistung erfüllt sein?

Es gibt sehr klare Regeln, wie Arbeitgeber bei einem Kündigungsschutzprozess vortragen müssen und welche Beweise sie erbringen müssen.

Wenn der Arbeitgeber objektiv dargelegt hat, dass der Low-Performer langfristig und deutlich die durchschnittliche Fehlerquote der anderen vergleichbaren Arbeitnehmer überschreitet, kommt der Arbeitnehmer zum Zuge.

Das nennt man abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber wirft den Ball quasi dem Arbeitnehmer zu. Der Arbeitnehmer muss dann begründen, warum er trotz der schlechten Leistungsbilanz seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft, dass er vielleicht gar nicht anders kann. Zum Beispiel wegen einer Behinderung oder eines schlechten Arbeitsklimas.

Die Rechtsprechung hat nämlich eine Faustformel entwickelt, wonach der Arbeitnehmer tun muss, was er soll, und zwar so gut, wie er kann. Natürlich ist es gut, wenn er seine Argumente entsprechend belegen kann, zum Beispiel durch einen Schwerbehindertenausweis.

Dann liegt der Ball wieder beim Arbeitgeber, der wiederum den Vortrag des Arbeitnehmers entkräften muss. Wenn ihm das nicht gelingt, hat er verloren.

Wie kann der Arbeitgeber beweisen, dass die durchschnittliche Leistungsquote des Betriebs nicht erreicht wurde?

Dafür gibt es unterschiedliche Methoden. Wenn ein Low-Performer ausgemacht wurde und der Entschluss gefasst wurde, ihm zu kündigen, sollte man ihm zunächst unmissverständliche Arbeitsanweisungen erteilen. Am besten in schriftlicher Form. Eine substanziierte Darlegung der Schlechtleistung funktioniert nur mit klaren Arbeitsanweisungen, allein schon zu Dokumentationszwecken.

Dazu sollte eine Frist gesetzt werden, bis wann eine bestimmte Arbeitsleistung erbracht werden muss. Nach Ablauf der Frist kann man dann zum Beispiel sagen, dass die Arbeit nur zur Hälfte erledigt war. Wichtig ist, dass es sich um eine schriftliche, klar formulierte Anweisung mit Fristsetzung handelt.

Welche Möglichkeiten gibt es noch, zu beweisen, dass der Arbeitnehmer ein Low-Performer ist?

Man kann den Arbeitnehmer auch dazu anhalten, die Dokumentation der erledigten Arbeit selbst zu erstellen. Man sagt: Du dokumentierst mir ganz genau, was du den ganzen Tag erledigt hast.

Wichtig sind messbare Arbeitsergebnisse. Vor einer Kündigung sollte aber in jedem Fall eine Abmahnung erfolgen. Denn dem Kündigungsrecht wohnt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz inne. Man muss als Arbeitgeber immer schauen, ob es andere, mildere Mittel gibt, um das gewünschte Ziel zu erreichen.

So eine Abmahnung  kann den Arbeitnehmer ja auch wachrütteln, sodass er sein Verhalten bessert. Arbeitgeber sehen vor Gericht immer gut aus, wenn sie sagen können, alle Ursachen erforscht und Hilfeleistungen wie etwa Schulungen angeboten zu haben. Die Kündigung sollte immer der letzte Schritt bleiben.

Aber ist es nicht schwierig, objektive Leistungskriterien für Minderleister zu erstellen?

In vielen Bereichen ist das schon möglich. Wenn etwa ein Mitarbeiter nicht so viele Akten bearbeitet wie ein Kollege.

Von Minderleistung ist offiziell die Rede, wenn der Arbeitnehmer maximal 67 Prozent der Normalleistung aller Arbeitnehmer erbringt. Dann muss er arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten.

Wie sehen die Chancen bei einem Prozess für Arbeitnehmer und Arbeitgeber denn aus?

Der Arbeitnehmer hat gute Chancen. Kündigungen wegen Schlechtleistung unterliegen einer sehr großen Hürde. Oft scheitert es an der Beweislast, weil die Arbeitgeber erfahrungsgemäß nicht hinreichend ihrer Dokumentationspflicht nachkommen.

Viele gehen einen Prozess emotional an, anstatt taktisch vorzugehen. Wobei man sagen muss: Größere Unternehmen mit mehr Möglichkeiten sind in der Regel besser vorbereitet als kleinere. Man sollte einen Low-Performer vor einem Prozess mindestens ein ganzes Jahr begleiten, mit Gesprächen, Schulungen und Ähnlichem.

Auch eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz sollte geprüft werden. Oft wirken die Gerichte bei einem arbeitsgerichtlichen Prozess wegen Schlechtleistung auf eine gütliche Einigung hin. Dann kann sich der Arbeitgeber unter Umständen auch mit einer Abfindung freikaufen.

Tobias Christ
Autor

Nach seinem Germanistik-Studium in Siegen und Köln arbeitete Tobias Christ als Redakteur und Pauschalist bei Tageszeitungen wie der „Siegener Zeitung“ oder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derzeit schreibt er als freier Journalist Beiträge für Print- oder Onlinemedien. Für aktiv recherchiert er vor allem Ratgeberartikel, etwa rund um die Themen Mobilität und Arbeitsrecht. Privat wandert der Kölner gern oder treibt sich auf Oldtimermessen herum.

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