München/Coburg/Nabburg Der Einstieg in die bayerische Metall- und Elektroindustrie (M+E) lohnt sich. Denn die Chancen für junge Menschen sind gut – trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dies zeigt die aktuelle Umfrage der bayerischen M+E-Arbeitgeberverbände bayme vbm unter ihren Mitgliedsunternehmen. Denn die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ist nach wie vor hoch, auch wenn viele sich in einer schwierigen konjunkturellen Situation befinden.

Für Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer von bayme vbm, zeigt sich darin das Selbstverständnis und die Solidarität der bayerischen Arbeitgeber auch in der Krise: „Die Betriebe nehmen ihre Verantwortung sehr ernst. Sie setzen auf Nachwuchssicherung und bieten den jungen Menschen gute Perspektiven.“

Rund 14.700 Ausbildungsverträge schlossen die Unternehmen im Freistaat für den Jahrgang 2020 ab. Das ist zwar ein Rückgang um 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Doch nach wie vor ist die Ausbildungslage besser als die Konjunktur. So gibt es branchenübergreifend immer noch mehr Ausbildungsplätze als Bewerber in Bayern: Auf jeden Suchenden kommen rechnerisch 1,5 offene Stellen. Blickt man auf die Situation in ganz Deutschland, steht der Freistaat gut da: Bundesweit liegt die Anzahl der Bewerber nahezu gleichauf mit der Anzahl der angebotenen Ausbildungsstellen (1,16 offene Stellen je Bewerber).

Kurzentschlossene können sich sogar jetzt noch für eine Ausbildung in 2020 bewerben

Wie dringend die M+E-Industrie nach wie vor Nachwuchskräfte benötigt, zeigt die hohe Übernahmequote: 87 Prozent der Azubis schlossen nach bestandener Prüfung einen Arbeitsvertrag mit ihrem Betrieb. Nur rund 3 Prozent der Azubis wurden aufgrund der schwierigen konjunkturellen Lage oder der Corona-Pandemie nicht übernommen.

Tatsächlich ist die wirtschaftliche Situation auch nur für drei von zehn Betrieben ein Grund, warum die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen ist. Dagegen beklagt jedes zweite Unternehmen (56 Prozent), dass es immer noch keine geeigneten Bewerber findet. Bei vier von zehn Firmen haben sich zu wenige Kandidaten für die Ausbildungsstellen beworben. Kurzentschlossene können sich daher sogar für das jetzt beginnende Ausbildungsjahr noch um eine Lehrstelle bemühen.

Obwohl sich die bayerischen M+E-Unternehmen erst Schritt für Schritt wieder erholen werden, planen sie laut Umfrage auch für das kommende Jahr 2021 mit etwa 14.700 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. „Die Stimmung ist vorsichtig optimistisch“, kommentiert Brossardt. „Jugendliche finden in der Metall- und Elektroindustrie verlässliche Arbeitgeber.“ Und sie verdienen gut: Im Schnitt bekommt ein Auszubildender über die gesamte Ausbildungszeit rund 1.111 Euro im Monat.

Mädchen haben gute Chancen in Metall- und Elektroberufen

Bei vielen Firmen steht vor allem das Thema Fachkräftesicherung für die Zukunft beim Angebot von Ausbildungsplätzen im Vordergrund. Denn allein aufgrund des demografischen Wandels, etwa weil die sogenannte Babyboomer-Generation in Rente geht, wird es schon in wenigen Jahren eine erhebliche Lücke bei Fachkräften geben. Und das selbst dann, wenn einige Firmen kurzfristig aufgrund der derzeitigen Rezession Arbeitsplätze abbauen müssen.

Das Bedürfnis nach qualifizierten Mitarbeitern spiegeln die Umfrageergebnisse wider. Mit fast 13 Prozent hat sich die Zahl der Betriebe verdoppelt, die 2020 über Bedarf ausbilden. Zudem sprechen Unternehmen und Verbände verstärkt junge Mädchen für einen Berufsstart in der M+E-Industrie an. Etwa 21 Prozent der Auszubildenden sind dort aktuell weiblich. „Hier sehen wir noch Potenzial“, so Brossardt. Auch Betriebe begrüßen einen höheren Anteil von Frauen. Etwa Markus Fesl, Geschäftsführer des Hallbergmooser Herstellers von Hochspannungssteckverbindungen GES: „Gemischte Teams arbeiten kreativer und harmonischer“, sagt er. Um dafür zu werben, hat er im Rahmen der Girls’ Day Akademie Schülerinnen Einblicke in sein Unternehmen gegeben.

Recruiting und Lehre wurden an Corona angepasst

Um an geeignete Bewerber auch in Zeiten von Corona zu kommen, hat mehr als die Hälfte der Unternehmen das Recruiting verändert. So fanden Bewerbungsgespräche etwa virtuell statt, Betriebe boten Berufseignungstests an oder sie beteiligten sich an virtuellen Berufsorientierungsmessen.

Die Ausbildung selber hat sich bei vielen Betrieben in den vergangenen Monaten in den virtuellen Raum verlagert: Unterricht fand digital statt, und ebenso wie andere Kollegen arbeiteten Auszubildende vom Homeoffice aus. Von Kurzarbeit sind nur 2 Prozent betroffen.

Neben der Fachkräftesicherung bringt die Ausbildung auch immer frisches Wissen in die Betriebe. Denn aufgrund des technologischen Wandels verändern sich die Berufsbilder und die Fertigkeiten, die die Auszubildenden lernen müssen. Die Ausbildungsordnungen werden laufend angepasst, etwa in den IT-Berufen (siehe Seite 10).

Damit zeigt sich, dass die Ausbildung immer dem aktuellen technischen Stand entspricht – und der Schritt in die Industrie Zukunft hat. Brossardt: „Die Perspektiven von jungen Menschen sind hier immer noch richtig gut!“

Auszubildende bei Kaeser Kompressoren ist gut gelandet im Technikberuf

„Die Lehrwerkstatt ist ein guter Platz für Mädchen, die Elektrotechnik mögen“, sagt Melissa Golz (17 Jahre), Auszubildende von Kaeser Kompressoren in Coburg.

Mit Zuversicht blicken zumindest diese angehenden Nachwuchskräfte in die Zukunft. Etwa Melissa Golz: Mechatronikerin sei ein klasse Beruf - auch für Mädels! Golz ist Auszubildende bei Kaeser Kompressoren im fränkischen Coburg. „Elektroarbeiten gehen mir leicht von der Hand“, sagt die junge Frau aus Sonneberg. Sie hat den Beruf gewählt, weil sie Spaß an Elektrotechnik hat.

Im Moment beschäftigt sie sich mit dem Verdrahten von diversen Schaltungen, das gefällt ihr am besten. „Die Herausforderung ist, die logischen Abläufe zu verstehen und nachvollziehen zu können“, so Golz. Doch beim Lernen gibt es Unterstützung, mit diversen Schulungen vom Betrieb.

Ein „Azubi-Camp“ half zudem beim Start und Vernetzen mit Kollegen. Golz ist guter Dinge. Sie weiß schon jetzt: Nach der Ausbildung will sie bei Kaeser bleiben und noch mehr Erfahrung im Beruf sammeln.

Unter den Azubis sind welche mit Quali und auch mit Abitur

„Für mich gibt es keine Frauen- und Männerberufe mehr, da ist kein Unterschied“, sagt Vanessa Jacob. Die 21-Jährige ist im vierten Lehrjahr ihrer Mechatronikerin-Ausbildung bei Kaeser Kompressoren.

Vanessa Jacob ist schon einen Schritt weiter. Die angehende Mechatronikerin ist 21, kommt jetzt ins vierte Lehrjahr, hat schon ihre Abschlussprojekte im Kopf. Abwechslung und handwerkliche Tätigkeiten, die mag sie an ihrem Job – und die Verbindung zwischen Elektrotechnik und Mechanik.

Drehen und schweißen, in der Ausbildung lerne man von allem was. Motoren, Schützschaltungen, Programmierung und Hausinstallation, auch das gehöre dazu, um nur etwas zu nennen.

Natürlich gibt’s da ein paar Dinge zu lernen. „Doch wenn man sich von Anfang an richtig reinhängt, ist das alles halb so schlimm“, sagt die Auszubildende. Das Unternehmen unterstütze alle gleichermaßen.

„Mechatroniker ist zudem kein besonders körperlich anstrengender Beruf“, so Jacob. Sie hatte in der bisherigen Ausbildung keinerlei Probleme: „Ich konnte genau dasselbe tun wie meine männlichen Kollegen“, sagt sie. „Für mich gibt es keine Frauen- und Männerberufe mehr, da ist kein Unterschied.“

Die Sonnebergerin geht mit Selbstvertrauen an ihren M+E-Beruf. Nach der Ausbildung will sie bei den Großanlagen arbeiten, in der Instandhaltung oder der Servicewerkstatt. Als Fachkraft stehen ihr viele Wege offen.

Werkzeugmacher von emz Hanauer schnitt in seinem Fach als bundesbester Azubi ab

„Werkzeugmechaniker ist ein sehr vielseitiger Beruf. Das war genau das Richtige für mich", sagt Lukas Zimmermann über seine Ausbildung bei emz Hanauer. Der 21-Jährige schnitt bei seiner Prüfung als Bundesbester in seinem Fach ab.

Was sie noch vor sich hat, hat Lukas Zimmermann schon hinter sich. Der Azubi von emz Hanauer in Nabburg ging nach der zehnten Klasse von der Schule ab und lernte einen praktischen Metallberuf. Der Plan ging auf: Der pfiffige Lehrling aus der Oberpfalz ist Deutschlands bester Werkzeugmechaniker. Er schnitt bundesweit als Bester ab.

Die Freude ist groß, auch im Unternehmen. Ausbilder Helmut Schönberger verrät sein Rezept: „Wir wollen das Beste aus jedem herausholen und fördern unsere Azubis entsprechend.“

Pro Jahr nimmt der Hersteller von Komponenten und Systemen für Hausgeräte, Haus- und Umwelttechnik sechs bis acht Azubis auf, Kandidaten mit Quali ebenso wie Abiturienten und auch Flüchtlinge. Am Ende haben fachlich alle den gleichen Stand.

„Ohne Lernen geht das nicht“, so Zimmermann. Er macht weiter, beginnt im Herbst eine berufsbegleitende Fortbildung als Techniker.

Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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