München. Erst Präsenz, dann Distanz: Das Hin und Her während Corona ist ein Stresstest für Bayerns Schulen. Doch das hat auch Gutes: Lernen wird dadurch digitaler. Eine Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) zeigt: In der digitalen Bildung ist der Freistaat weiter als noch vor ein paar Jahren. Nach wie vor ist aber viel zu tun.

„Informations- und Kommunikationsmedien erreichen noch nicht den Stellenwert, den sie in einer zunehmend digitalen Lebens- und Arbeitswelt haben müssten“, so die vbw. Die Möglichkeiten digitaler Medien müsste man im Unterricht noch besser ausschöpfen.

„Ein Beamer macht noch keinen digitalen Unterricht“

Dazu brauche es ausreichend Endgeräte für Schüler und Lehrende sowie flächendeckend schnelle und robuste Anschlüsse ans Internet. Auch die Qualifizierung der Lehrkräfte müsse man systematisch vorantreiben, damit sie Tablet, Videos und andere elektronische Mittel im Unterricht besser einsetzen können.

„Medienkompetenzen nehmen im Lehramtsstudium eine wichtigere Rolle ein“, sagt Professor Frank Fischer, Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Autor der Studie. Digitale Medien werden in den Klassen inzwischen stärker genutzt, so der Bildungsexperte. Doch er stellt gleichzeitig fest: „Im Vergleich zur Vorgängerstudie (2017) fand kein fundamentaler Wandel statt.“

Für die aktuelle, zweiteilige Studie (vor und während der Pandemie) wurden je rund 700 Lehrende und Schüler sowie 300 Grundschuleltern befragt. Mit der digitalen Ausstattung der Schulen ist demnach die Hälfte der Lehrenden nach wie vor nicht zufrieden. Viele wünschen sich für ihre Arbeit mehr technische und medienpädagogische Unterstützung.

In etwa der Hälfte der Unterrichtszeit werden an Grund- und weiterführenden Schulen digitale Medien verwendet, vor allem zum Präsentieren. Das bedeutet, die Schüler konsumieren passiv, schauen und hören nur zu. Künftig brauche es mehr Formate mit (inter)aktiver Beteiligung, so die Studie. „Ein Beamer allein macht noch keinen digitalen Unterricht“, mahnt Fischer.

Pandemie hat soziale Benachteiligungen verschärft

Zudem haben sich laut Studie soziale Benachteiligungen in der Pandemie verschärft. Denn digital lernen kann nur, wer auch die Mittel dazu hat. So haben Kinder aus weniger wohlhabenden Familien häufig kein WLAN zu Hause und auch keine Geräte, um digitale Bildungsangebote wahrzunehmen. Dies gelte es auszugleichen, so die vbw. Auch fehlt ihnen oft Unterstützung zu Hause. Insgesamt wandten Grundschuleltern, zu drei Vierteln die Mütter, im Schnitt dafür täglich drei Stunden auf.

Verbände fordern einen Masterplan mit konkreten Schritten

Auch wenn noch Luft nach oben ist, sei Bayern auf dem richtigen Weg, so die Verbände. Sie wollen einen „Masterplan Digitaler Unterricht 2022“, der den Ausbau digitaler Bildung verfolgt.

Drei Fragen sind hierbei zentral:

  • Wann stimmt die Anbindung der Schulen ans Internet?
  • Wann sind alle Lehrkräfte mit Hard- und Software ausgestattet?
  • Wann steht ein datenschutzkonformes, vom Kultusministerium empfohlenes Kommunikationsmittel zur Verfügung, das von allen Schulen genutzt werden kann, um Videokonferenzen und Live-Unterricht im digitalen Klassenzimmer anzubieten?

Die Studie „Digitale Bildung an bayerischen Schulen“ steht zum Download bereit unter vbw-bayern.de/digitale-schule

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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